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Die neue SBB-App kommt. Ob sie gut kommt, entscheidest du!
Am Dienstag präsentieren die SBB ihre neue App, den Nachfolger für das in die Jahre gekommene SBB Mobile.
Die Verantwortlichen stehen unter Druck: Die aktuelle App, die für iOS (iPhone), Android und Windows verfügbar ist, zählt zu den meistgenutzten Apps der Schweiz. Sie wurde über sechs Millionen Mal heruntergeladen (siehe Infobox). Doch bezüglich Art und Dauer der Nutzung gibt's viel Luft nach oben. Nicht zuletzt wegen des Kostendrucks will die Unternehmensleitung den Ticketkauf per App forcieren.
Nun ist das ambitiöse IT-Projekt offenbar so weit fortgeschritten, dass man den Gang an die Öffentlichkeit wagt, wie aus der am Dienstag verschickten Einladung an die Medien hervorgeht.
Spannende Vorgeschichte
Unter dem Codenamen «vNext» arbeiten SBB-Fachleute und externe Software-Spezialisten seit vielen Monaten an der neuen Anwendung. Betriebsintern läuft seit August eine Testphase für Mitarbeiter.
Vom grössten Update seit der Lancierung 2008 wissen wir schon länger. Im Mai wurden in einem Blog-Beitrag massive Änderungen angekündigt und es hiess, SBB Mobile werde von Grund auf neu entwickelt:
- Das Hauptaugenmerk gilt demnach der «Einfachheit der Bedienung» und dem «Spass bei der Nutzung».
- Dies will man durch ein schlankes Design und eine selbsterklärende Benutzerführung erreichen. Sprich: Es sollen viel mehr (ältere) ÖV-Nutzer motiviert werden, Tickets mit der SBB-App zu kaufen. Bislang ist die Zugangsschranke relativ hoch, weil sich die Kunden auf der SBB-Website mitsamt Kreditdaten registrieren müssen.
- Nebst Fahrplan-Auskünften und dem Ticketkauf soll die neue App ein «digitaler Reisebegleiter» sein. Sie soll «Erleichterungen und Echtzeit-Kundeninformationen» für die Reisenden bieten, zuhause und unterwegs. Indem zum Beispiel bei Verspätungen automatisch die passenden Anschlusszüge angezeigt werden.
- Geplant sind auch Zusatzinformationen zum Start- und Zielbahnhof, wie etwa Shopping-Möglichkeiten und Umgebungspläne.
- Voraussetzung ist natürlich, dass die Kunden mit der Auswertung von sensiblen Daten (Standort etc.) einverstanden sind.
- Die SBB-App soll wohl auch für Werbekunden attraktiver gemacht werden. In der aktuellen App-Version lassen sich die Einblendungen noch deaktivieren. Mal schauen, ob sich dies ändert...
- Stichwort Individualisierung: Die neue App und das Erscheinungsbild soll man nach eigenem Gusto anpassen können.
Killerfeature: Ticketkauf
Es sind auch bereits Informationen zu fehlenden, aber überfälligen Features via Twitter an die Öffentlichkeit gelangt:
Die SBB wollen ihr App mit Zwei-Klick-Kauf bis CHF 40 ausstatten. Vermisste ich schon lang. #asutkol15
— Simon Schlauri (@simonschlauri) 18. November 2015
Was den Ticketkauf betrifft, müssen die SBB gegen alte Gewohnheiten der Kunden ankämpfen. Die App wird zwar häufig für Fahrplan-Auskünfte verwendet, doch kaufen viele Kunden ihre Billette nach wie vor nicht mit dem Smartphone, sondern am Automaten.
Mit der aktuellen App sind jene Nutzer im Vorteil, die den Fingerabdruck-Scanner ihres Smartphones für die Bestätigung von Ticketkäufen einsetzen können. Dies ist etwa mit neueren iPhones möglich.
Schnellere Billettkontrollen
Es wird spannend zu sehen sein, wie die neue SBB-App mit der in die Kritik geratenen Kundenkarte SwissPass harmoniert. Seit der Lancierung am 1. August reissen die negativen Meldungen nicht ab. Derweil versichern die Verantwortlichen, es handle sich um Kinderkrankheiten, die man in den Griff bekomme.
Ein SBB-Sprecher sagte im Mai, die Vision sei ein elektronisches und fälschungssicheres Abbild des SwissPass mit dem Halbtax-Abo oder Generalabonnement (GA) auf dem Smartphone. Es soll also in Zukunft genügen, bei Kontrollen im Zug nur die SBB-App vorzuweisen.
Uber-Integration und halbleere Züge
Der SBB-Chef hat in den Sommermonaten ebenfalls Hinweise auf neue App-Funktionen gegeben. So sagte Andreas Meyer an einem Podiumsgespräch mit der Zeitung «Bund», dass variable Ticketpreise aus technischen Gründen «derzeit nicht möglich» seien. Stattdessen wolle man die Passagierströme beeinflussen, indem die Kunden via SBB-App über das Platzangebot in Zügen informiert werden:
quelle: «bund»
Man werde auch dafür sorgen, dass die Fahrgäste schon bald via SBB-App ein Taxi bestellen könnten. «Die Kunden erwarten heute einen Tür-zu-Tür-Service.» Eine Zusammenarbeit könne man sich nicht nur mit Uber vorstellen, sondern mit allen herkömmlichen Taxifirmen.
Dass solche Zusatzfunktionen bereits in die Beta-Version integriert sind, darf bezweifelt werden. Die SBB haben sich ja bewusst für eine öffentliche Testphase entschieden, um Feedback einzuholen.
quelle: sbb-blog
Für die meisten Kunden dürften viele Features aber ohnehin nebensächlich sein. Zentral ist eine einfach zu bedienende App, die auch bei schlechter Internet-Verbindung funktioniert. Und diesbezüglich besteht auf jeden Fall noch einiges an Handlungsbedarf, wie der folgende Tweet eines Vollhorsts Journalisten zeigt:
Wenn man sich vor dem Billettautomat wie ein Vollhorst vorkommt und von der SBB-App veräppelt wird... https://t.co/Pmmth80jbg #PetPeeve
— Matthias Schüssler (@MrClicko) 11. November 2015