Der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Krisenvorsorge, Herbert Saurugg, warnt vor grossen Stromausfällen in Europa. Diese könnten Stunden oder Tage andauern.
Saurugg wies in einem Gespräch mit dem deutschen Nachrichtenmagazin «Focus» auf einen Vorfall Anfang Januar 2021 hin, als das Umspannwerk Ernestinovo in Kroation überlastet war und beinahe in weiten Teilen Europas die Lichter ausgegangen wären.
Damals wurde eine Kettenreaktion als Ursache ausgemacht: Nach einer Überlastung schaltete das Werk aus Sicherheitsgründen ab – ebenso wie andere Umspannwerke, die zunächst eingesprungen waren. Pumpspeicherkraftwerke hatten dann aber schnell Strom zum Ausgleich geliefert.
Fälle wie Ernestinovo könnten häufiger vorkommen, befürchtet der Krisenexperte. Die Stromhändler schickten in Europa immer mehr Strom hin- und her. «Ich erwarte, dass solche Grossstörungen auf jeden Fall zunehmen werden.»
Solange sich nur Zwischenstationen abschalten, können die Sicherheitsmechanismen in Europa greifen. Schwieriger werde es, wenn Kraftwerke betroffen sind. Saurugg sieht wegen des Gasmangels, der Trockenheit und geringen Reserven «massive Engpässe» im Winter.
Der Stromverbrauch in Westeuropa könnte schon deshalb ansteigen, weil viele von Gas- auf Elektroheizungen umgestiegen seien. Wenn in einer Region der Verbrauch grösser werde und die Stromerzeugungskapazitäten gering seien, könne es problematisch werden, warnt Saurugg.
«Wenn man sagt, das muss man kompensieren, muss man das über Stromrationierungen machen, also grössere Regionen für einige Stunden abschalten». Der Krisenvorsorge-Experte geht davon aus, dass es im Winter in Europa grössere regionale Flächenabschaltungen geben wird.
Widerspruch kommt allerdings vom deutschen Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Ein Zusammenbruch des Stromnetzes sei unwahrscheinlich.
Deutschland habe eine der niedrigsten Quoten für lokale Stromausfälle weltweit, sagte eine Ministeriumssprecherin gegenüber dem «Focus». Das ganze System in Deutschland sei so geplant, dass immer eine Leitung ausfallen kann und Strom trotzdem transportiert wird.
Vergangene Woche hatte der Chef der deutschen Bundesnetzagentur, Klaus Müller, davor gewarnt, dass Gas knapp werden kann, trotz der steigenden Füllstände der Gasspeicher. In der ZDF-Sendung «Maybritt Illner» sagte er:
Noch immer wird in Deutschland Gas auch verstromt, im Juli sogar mehr als in den Monaten zuvor. Müller hatte deshalb zum Strom- und Gassparen aufgefordert.
Wichtig ist, dass man einen Notfallplan hat. Wenn es ihn dann nicht braucht, auch gut.