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Schweiz

5G-Netz: Ausbau stockt, Sunrise und Swisscom sind wütend

Der 5G-Ausbau stockt – weil sich ein Bericht des Bundes verspätet

Die Kantone bremsen beim Netzausbau, bis der Bund die gesundheitlichen Risiken geklärt hat. Der Bericht verspätet sich allerdings – zum Ärger der Telekombranche.
07.06.2019, 05:25
Roger Braun / ch media
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Glaubt man den Plakaten der Telekombranche, wird 5G bald im ganzen Land verfügbar sein. Die Swisscom will bis Ende Jahr 90 Prozent der Bevölkerung mit dem ultraschnellen Mobilfunkstandard versorgen. Die Sunrise verspricht das schnelle Funknetz zum gleichen Zeitpunkt in «allen Regionen» der Schweiz.

Demonstranten protestieren gegen den Ausbau des 5G-Netzes, bei der nationalen Kundgebung "Stop 5G", am Freitag, 10. Mai 2019 in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
Die neue Technologie führt zu Bedenken: Demonstration in Bern.Bild: KEYSTONE

Wie realistisch das ist, steht auf einem anderen Blatt. Denn der Widerstand gegen den Ausbau des 5G-Netzes wächst. Bei besorgten Bürgern mischen sich gesundheitliche Bedenken mit diffusen Zukunftsängsten. Neben lokalen Widerstandsgruppen organisieren sich die Gegner zunehmend auch auf nationaler Ebene. Vor einem Monat fand in Bern eine Demonstration gegen 5G statt.

Keine vereinfachten Verfahren

Vor allem aber macht der Telekombranche die Politik zu schaffen. Die Kantone Genf und Jura haben ein Moratorium für neue Funkantennen erlassen; auch Aufrüstungen haben sie unterbunden.

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Weitere Kantone haben das Tempo gedrosselt: Sie lassen Baubewilligungen liegen, und selbst für kleine Änderungen an Antennen verlangen sie eine Baubewilligung, die wiederum angefochten werden kann. Einige Kantone tun das ganz offiziell wie Freiburg, wo die Regierung jüngst angekündigt hat, auf vereinfachte Verfahren zu verzichten, in anderen Kantonen hat sich die Praxis der Ämter verändert.

Sie alle warten auf den umfassenden Bericht einer Arbeitsgruppe des Bundes, die von der ehemaligen Bundesrätin Doris Leuthard eingesetzt wurde. Bis Ende Juni sollte diese eine Einschätzung über Chancen und Risiken von 5G abgeben.

Das Problem ist: Wie mehrere Quellen bestätigen, wird sich dieser Bericht verspäten. Und damit werden auch die Moratorien sowie die Bummeltaktik der Kantone weitergehen. Denn der Bewilligungsstopp in Genf und Jura ist an die Veröffentlichung des Berichts geknüpft. Und dieser wird dem Vernehmen nach erst im September erscheinen.

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Engpass in Genf befürchtet

«Diese Verzögerung ist sehr bedauerlich», sagt der Direktor des Telekomverbands Asut, Peter Grütter. Er warnt davor, dass die bestehenden Antennen zunehmend an Grenzen stossen. Vielerorts seien diese bereits heute zu 90 Prozent ausgelastet. «Wir können über die bestehende Infrastruktur nicht immer mehr Daten senden», sagt er.

Insbesondere der Blick nach Genf bereitet ihm Sorge. «Wenn das Moratorium noch lange weiterläuft, könnte es in der Stadt Genf bald zu einem Kommunikationsengpass kommen», warnt er.

An die Adresse des Bundes sagt er: «Es wäre wichtig, dass die Arbeitsgruppe mit ihrem Bericht möglichst bald für die nötige Klärung der Lage sorgt.»

Rechtlich ist Vorgehen zweifelhaft

Von den Telekomanbietern hört man Ähnliches. «Wir bedauern die Verspätung des Berichts», sagt Swisscom-Mediensprecherin Sabrina Hubacher. Sunrise-Sprecher Rolf Ziebold sagt: «Sollte sich der Bericht tatsächlich verspäten, fehlt weiterhin eine wichtige Grundlage für eine sachliche Diskussion in Politik und Öffentlichkeit.» Trotz anhaltender Unsicherheit: Sowohl Swisscom und Sunrise halten an ihren Ausbauplänen vorerst fest.

Immer drängender stellt sich indes die Frage nach Klagen. Denn die Kantone befinden sich juristisch auf dünnem Eis. Der Bund hat ihnen unmissverständlich mitgeteilt: Nicht die Kantone, sondern der Bund ist für den Strahlenschutz zuständig. Der Erlass kantonaler Moratorien sei damit kompetenzwidrig und dürfte einer gerichtlichen Prüfung nicht standhalten.

Bisher haben allerdings weder Sunrise noch Swisscom den juristischen Weg beschritten. Dies dürfte auch daran liegen, dass sie es sich mit den Behörden und der Öffentlichkeit nicht verscherzen wollen.

Netzausbau: Weiterer Bremsklotz
Am 1.Juni trat eine Verordnung in Kraft, welche für adaptive Antennen der neusten Bauart höhere Grenzwerte zulassen würde. Diese Antennen bestrahlen nicht mehr den ganzen Sektor, sondern senden die Daten gezielt zum entsprechende Mobiltelefon. Die Antennen sollen deshalb temporär stärker strahlen dürfen. Das Problem ist: Die Kantone wissen nicht, wie sie die Strahlenbelastung dieser neuen Antennenart genau messen sollen. Sie warten auf die Vollzugshilfe des Bundes, die pendent ist. Sehr zum Ärger der Telekombranche. (rob)
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63 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Pablo Picante
07.06.2019 06:56registriert Februar 2019
Ahhh warum schon wieder dieses Bild...von dem Plakat kriegt man ja Kopfschmerzen
Der 5G-Ausbau stockt – weil sich ein Bericht des Bundes verspätet
Ahhh warum schon wieder dieses Bild...von dem Plakat kriegt man ja Kopfschmerzen
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TheDoctor
07.06.2019 08:22registriert November 2018
Lasst doch die Aluhutfraktion nicht immer gewähren... Besorgte Bürger, die in irgend einer Kristallkugel 🔮 gesehen haben, dass auch diese neue Technologie total ungesund ist und nur die Menschen manipulieren soll... Träumt weiter. Zugleich werden Klimaaktivisten verspottet. Deren Sorgen kommen nicht aus Kristallkugeln, sondern sind der grosse wissenschaftliche Konsens.
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lucky86
07.06.2019 07:02registriert Februar 2019
Rechtsicherheit wird mit Füssen getreten! Der Bund hat für viele Mio. Frequenzen versteigert welche die Verpflichtung enthält bis zum Datum x mind. % der Bevölkerung mit 5G Dienste zu versorgen, nun kommen einige Verschörungstheoretiker hervorgekrochen und einige lokal Politiker springen auf den Zug auf um sich bei den (Angst)Wählern zu profilieren. Man hätte VORHER politisch aktiv werden können! Es ist ja seit Jahren bekannt dass irgendwann 5G kommt und Frequenzen versteigert werden. Als Swisscom/Sunrise würde ich sofort den Rechtsweg beschreiten!
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