Es war ein Cyber-Überfall: 2007 legten russische Hacker wochenlang Server im NATO-Staat Estland lahm. Websites von Ministerien, von Banken, Mobilfunkanbietern, Parteien wurden gezielt zum Zusammenbruch gebracht. Estland machte die benachbarten Russen für die Angriffe verantwortlich, und die sogenannte Putin-Jugend, die Jugendorganisation des Kreml, bekannte sich später zur Attacke.
Das sei aber kein Cyber-Angriff gewesen, sondern Cyber-Verteidigung, sagte ein Putin-Jugend-Obmann später der britischen «Financial Times». Ein Protest gegen die Umplatzierung der Statue eines Rotarmisten in der estnischen Hauptstadt Tallinn.
Wie auch immer, die NATO schlug zurück. 2008 wurde in Tallinn das NATO Cooperative Cyber Defence Centre of Excellence (CCDCoE) gegründet. Es ist das Kompetenzzentrum der NATO im Kampf gegen Cyberangriffe.
Wie Recherchen der «Nordwestschweiz» zeigen, könnte die Schweiz bald Vollmitglied des CCDCoE werden. Bisher arbeitete sie ohne institutionelle Anbindung mit dem Center zusammen.
EDA-Sprecher Pierre Eltschinger bestätigt auf Anfrage: «Die Schweiz ist gegenwärtig daran, eine vertiefte Zusammenarbeit mit dem Kompetenzzentrum zu prüfen. Nicht zuletzt deshalb, weil die Schweiz vom Kompetenzzentrum in Tallinn aufgrund der gelegten Schwerpunkte «Training und Doktrin», «Policy» und «Technik» für die Umsetzung der geltenden Cyber-Strategie profitieren kann.»
Auf Nachfrage präzisiert das EDA:
Das Center unterscheidet zwischen «sponsoring nations», das sind derzeit 15 NATO-Staaten, unter ihnen die USA, Grossbritannien oder Deutschland. Und «contributing participants», also «mitwirkende Teilnehmer». Das sind bislang Finnland und Österreich.
Weil die Schweiz bislang nicht Mitglied des Zentrums ist, leistet sie gemäss EDA «keinen regelmässigen finanziellen Beitrag».
Federführend beim Tallinn-Projekt ist das EDA von Didier Burkhalter (FDP), der als starker Befürworter der Cyber-Zusammenarbeit mit der NATO gilt. Aber vor Ort in Estland arbeiten auch Vertreter des Verteidigungsdepartements VBS von Guy Parmelin (SVP) mit. EDA-Sprecher Eltschinger: «Das CCDCoE führt jährlich eine technische Übung durch, die weltweit als Locked Shields bekannt ist. Locked Shields ermöglicht es den NATO-Mitgliedern, NATO-Partnerländern und diversen privaten Organisationen, ihre eigenen Fähigkeiten zur Erkennung, zum Schutz und zur Abwehr zu testen.»
Locked Shields gilt als weltweit grösste Live-Cyberabwehrübung. Laut EDA nahm das VBS bisher zweimal an der Übung teil: 2012 und 2016. «Die Teilnahme erlaubte es dem VBS, seine Prozesse zum Schutz vor Cyber-Angriffen zu prüfen und zu verbessern. Auch die Durchhaltefähigkeit und die Bereitschaft der einzelnen beteiligten Organisationseinheiten wurden während dieser Übung auf die Probe gestellt.» 2017 beabsichtige das VBS, erneut dabei zu sein.
Die Schweiz hat unter anderem auch den Redaktionsprozess des sogenannten «Tallinn Manuals» unterstützt. Das ist ein Handbuch mit 95 Regeln über die Anwendung von Völkerrecht im Cyberwar. Da geht es etwa um die Frage, ab wann ein Cyberangriff als Cyberkrieg zu werten ist, also als militärischer Angriff eines Staates auf einen anderen.
Bei einer vertieften Zusammenarbeit hätte die Schweiz laut Eltschinger die Möglichkeit, «konkrete Forschungsthemen vorzuschlagen und bei bestehenden und neuen Forschungsprojekten mitzuwirken». Zur Prüfung einer verstärkten Zusammenarbeit wurde gemäss dem EDA-Sprecher «in einem ersten Schritt im Rahmen eines Pilotprojektes eine Hochschulpraktikantin für sechs Monate an das Zentrum geschickt». Sie arbeitete an einem Forschungsprojekt zum Thema «Schutz kritischer Infrastrukturen» mit.
2017 werde «dieses Pilotprojekt weitergeführt und mit einem zweiten Praktikum ergänzt». Die zwei Praktika dienten dann unter anderem als Grundlage, um über die Frage einer verstärkten Zusammenarbeit der Schweiz mit dem Zentrum zu entscheiden, hält Eltschinger fest.
Neben Burkhalter gilt auch Parmelin als Verfechter einer engeren Anbindung der Schweiz an das Tallinn-Center. Wann die Anbindung Thema im Bundesrat wird, ist laut EDA offen.
(aargauerzeitung.ch)
Jedes Land, das der NATO angehört, ist doch nur ein Spielball der Amis.
Das Programm nennt sich "Partnerschaft für den Frieden" (vgl. wiki, https://goo.gl/jQMkEW) - auch bekannt als der NATO-Kindergarten.