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Studie sieht News-Deprivation als Gefahr für Schweizer Demokratie

Social Media Apps auf Smartphone: X, WhatsApp, Instagram, TikTok,Threads,Telegram, YouTube. (Symbolbild)
Im Vergleich zur übrigen Bevölkerung verfügen Leute, die keine Nachrichtenmedien nutzen, über deutlich weniger Wissen zu gesellschaftlich wichtigen Themen.Bild: imago-images.de

Darum wird «News-Deprivation» zur Gefahr für die Schweizer Demokratie

Immer weniger Menschen in der Schweiz nutzen journalistische Medien, um sich zu informieren. Das könnte gravierende Folgen haben.
27.10.2025, 10:1527.10.2025, 12:02

Fast die Hälfte der Bevölkerung in der Schweiz zählt 2025 zu den sogenannten «News-Deprivierten», also Personen, die keine oder kaum Nachrichten nutzen – und wenn, dann hauptsächlich über Social Media.

Der Anteil nahm seit dem Vorjahr um 0,7 Prozentpunkte zu, wie aus dem «Jahrbuch Qualität der Medien» der Universität Zürich hervorgeht. Demnach zählen 46,4 Prozent der Schweizer Bevölkerung zu den News-Deprivierten.

Der Anteil der Menschen, die sich nicht über journalistische Medien informieren, hat sich seit 2009 beinahe verdoppelt. Forschende der Universität Zürich sehen darin ein grundlegendes Problem für die Demokratie.

Wo ist das Problem?

Das Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich (Fög) hat basierend auf einer repräsentativen Befragung die Folgen des gesellschaftlichen Phänomens untersucht.

Im Vergleich zur restlichen Bevölkerung weisen diese News-Deprivierten laut der Studie ein deutlich geringeres Wissen über demokratierelevante Themen auf. Zudem vertrauen sie Politik und Medien weniger, beteiligen sich seltener am politischen Prozess und fühlen sich der Gesellschaft weniger verbunden.

Auch Menschen, die sich ausschliesslich über Social Media informieren, schneiden schlechter ab als die anderen Gruppen.

«Regelmässiger, aktiver Konsum journalistischer Inhalte über verschiedene Kanäle ist entscheidend für die Informiertheit der Bevölkerung.»
Mark Eisenegger, Direktor des Fög

Die Schweiz ist eine direkte Demokratie, in der die stimmberechtigte Bevölkerung regelmässig über wichtige Sachthemen entscheidet. Schlecht oder gar nicht informierte Bürgerinnen und Bürger dürften sich kaum beteiligen oder ihre Entscheidungen aufgrund von falschen oder mangelnden Informationen treffen.

Welche Rolle spielen KI-Chatbots?

Weiter untersuchte das Fög im Rahmen der am Montag veröffentlichten Studie, auf welche Datengrundlage KI-Chatbots zurückgreifen. Sie kam zum Schluss: Mindestens zwei Drittel der ausgewiesenen Quellen stammten von journalistischen Medien.

«Damit profitieren KI-Anbieter in hohem Mass von journalistischen Inhalten – ohne dass Medienhäuser eine Entschädigung dafür erhalten.»
Prof. Dr. Mark Eisenegger

Bei Fragen, sogenannten Prompts, zu aktuellen Ereignissen ist Journalismus der wichtigste Quellentyp.

  • Bei ChatGPT stammten über 73 Prozent der ausgewiesenen Quellen von journalistischen Medien, bei Perplexity seien es 66,5 Prozent, wobei internationale Medien den grössten Anteil ausmachten.
  • Bei Fragen mit Bezug zur Schweiz seien hiesige journalistische Medien die zentrale Quelle: fast 37 Prozent (ChatGPT) bzw. über 47 Prozent (Perplexity) der Quellen stammten von Schweizer Medien.

Was ist zu tun?

Eine höhere Nutzung von (journalistischen) Nachrichten geht laut Studie mit politischem Interesse und einer klaren politischen Positionierung einher. Bildungseinrichtungen und Politik sollten daher gezielter in politische Bildung und Medienkompetenz investieren.

Gleichzeitig bleibe der Schutz des Journalismus gegenüber kommerziellen KI-Nutzungen zentral, weil KI-Systeme in grossem Umfang journalistische Inhalte verarbeiten, ohne dass die Medienhäuser profitieren.

«Ein besserer Schutz des geistigen Eigentums und eine faire Vergütung des Journalismus sind daher berechtigte Anliegen, zumal die aktuelle «Opt-out»-Praxis – das Blockieren von Medieninhalten für KI-Chatbots – keinen ausreichenden Schutz vor unberechtigtem Zugriff bietet.»

Quellen

(dsc)

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40 Kommentare
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Deep sea
27.10.2025 12:13registriert Juli 2015
Unter anderem deswegen bin ich immer sehr kritisch, wenn es um Spar-/Abbaumassnahmen von SRG geht. Ja, ich nutzte es selten, aber solange wir noch eine weitgehend neutrale Berichterstattung vom Staat erhalten sollten wir froh sein. Dies gilt es mMn. zu schützen für die Demokratie.
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Die Quittung
27.10.2025 10:51registriert Juli 2024
Ich könnte das nicht, ich habe das Bedürfnis informiert zu sein und lese dafür auch verschiedene Quellen, um mir ein komplettes Bild zu machen. Aber momentan ist die Welt so was von deprimierend, ich nehme es niemandem übel, der auf News verzichtet...
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Dr. Rodney McKay
27.10.2025 12:46registriert September 2024
Ich könnte mir gut vorstellen, dass es noch weitere Gründe gibt.
Mir kommen hier spontan zwei weitere mögliche Gründe in den Sinn: Teilweise eine eher einseitige Berichterstattung und schlechter Journalismus. (In anderen Ländern deutlich ausgeprägter als hier)

Zusätzlich bin ich noch immer der Meinung, dass das Thema Politik/Demokratie/Wahlen etc. in der Schule mehr Raum erhalten sollten.

Ich sehe es bei uns in der Firma... Von den vier 20- bis 30-Jährigen hat keiner eine wirkliche Ahnung in Bezug auf Wahlthemen...
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