Darum wird «News-Deprivation» zur Gefahr für die Schweizer Demokratie
Fast die Hälfte der Bevölkerung in der Schweiz zählt 2025 zu den sogenannten «News-Deprivierten», also Personen, die keine oder kaum Nachrichten nutzen – und wenn, dann hauptsächlich über Social Media.
Der Anteil nahm seit dem Vorjahr um 0,7 Prozentpunkte zu, wie aus dem «Jahrbuch Qualität der Medien» der Universität Zürich hervorgeht. Demnach zählen 46,4 Prozent der Schweizer Bevölkerung zu den News-Deprivierten.
Der Anteil der Menschen, die sich nicht über journalistische Medien informieren, hat sich seit 2009 beinahe verdoppelt. Forschende der Universität Zürich sehen darin ein grundlegendes Problem für die Demokratie.
Wo ist das Problem?
Das Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich (Fög) hat basierend auf einer repräsentativen Befragung die Folgen des gesellschaftlichen Phänomens untersucht.
Im Vergleich zur restlichen Bevölkerung weisen diese News-Deprivierten laut der Studie ein deutlich geringeres Wissen über demokratierelevante Themen auf. Zudem vertrauen sie Politik und Medien weniger, beteiligen sich seltener am politischen Prozess und fühlen sich der Gesellschaft weniger verbunden.
Auch Menschen, die sich ausschliesslich über Social Media informieren, schneiden schlechter ab als die anderen Gruppen.
Die Schweiz ist eine direkte Demokratie, in der die stimmberechtigte Bevölkerung regelmässig über wichtige Sachthemen entscheidet. Schlecht oder gar nicht informierte Bürgerinnen und Bürger dürften sich kaum beteiligen oder ihre Entscheidungen aufgrund von falschen oder mangelnden Informationen treffen.
Welche Rolle spielen KI-Chatbots?
Weiter untersuchte das Fög im Rahmen der am Montag veröffentlichten Studie, auf welche Datengrundlage KI-Chatbots zurückgreifen. Sie kam zum Schluss: Mindestens zwei Drittel der ausgewiesenen Quellen stammten von journalistischen Medien.
Bei Fragen, sogenannten Prompts, zu aktuellen Ereignissen ist Journalismus der wichtigste Quellentyp.
- Bei ChatGPT stammten über 73 Prozent der ausgewiesenen Quellen von journalistischen Medien, bei Perplexity seien es 66,5 Prozent, wobei internationale Medien den grössten Anteil ausmachten.
- Bei Fragen mit Bezug zur Schweiz seien hiesige journalistische Medien die zentrale Quelle: fast 37 Prozent (ChatGPT) bzw. über 47 Prozent (Perplexity) der Quellen stammten von Schweizer Medien.
Was ist zu tun?
Eine höhere Nutzung von (journalistischen) Nachrichten geht laut Studie mit politischem Interesse und einer klaren politischen Positionierung einher. Bildungseinrichtungen und Politik sollten daher gezielter in politische Bildung und Medienkompetenz investieren.
Gleichzeitig bleibe der Schutz des Journalismus gegenüber kommerziellen KI-Nutzungen zentral, weil KI-Systeme in grossem Umfang journalistische Inhalte verarbeiten, ohne dass die Medienhäuser profitieren.
Quellen
- news.uzh.ch: News-Deprivation nimmt weiter zu – mit Folgen für die Demokratie
- Mit Material von Keystone-SDA
(dsc)
