Hacker leaken fast 1 Terabyte an Daten von IT-Firma Xplain – Bund reagiert
Die Ransomware-Bande Play hat ihre Drohung wahr gemacht und mutmasslich alle Daten, die sie bei der Berner IT-Dienstleisterin Xplain AG erbeutete, im Darknet zugänglich gemacht. Der sogenannte «Full Dump» soll insgesamt 907 Gigabyte (GB) beinhalten. Dies geht aus einem neuen Posting auf der Leak-Site der kriminellen Vereinigung hervor.
Was der «Full Dump» beinhaltet, ist nicht öffentlich bekannt.
Bereits am 8. Juni hatte das Nationale Zentrum für Cybersicherheit (NCSC) kommuniziert, dass auch operative Daten des Bundes von dem Angriff betroffen sein könnten.
Zahlreiche staatliche Organisationen arbeiteten in den letzten Jahren mit Xplain zusammen. Die Berner Firma entwickelt Fachapplikationen und bietet technischen Support.
Xplain hat watson am Mittwoch eine schriftliche Stellungnahme zu den jüngsten Ereignissen geschickt:
Vorbereitend auf weitere Veröffentlichungen von gestohlenen Daten wurden die weiteren Untersuchungen in Zusammenarbeit mit den ermittelnden Behörden, dem NCSC und den betroffenen Kunden vorangetrieben.
Mit der Veröffentlichung des vermutlich gesamten gestohlenen Datenbestands vom 14. Juni 2023 werden alle Beteiligten diese Arbeiten mit hoher Intensität weiterverfolgen. Die Information von allenfalls vom Datendiebstahl betroffenen Personen erfolgt direkt durch die jeweiligen Datenherren.»
Wer ist betroffen?
Zuvor hatten unbekannte Cyberkriminelle wenige GB an gestohlenen Daten veröffentlicht, um das betroffene Unternehmen unter Druck zu setzen. Offensichtlich hat dies nicht geklappt und weil das Opfer kein Lösegeld bezahlen wollte, haben die Täter nun alle Daten veröffentlicht.
Von dem Angriff im Mai sind zahlreiche Schweizer Behörden betroffen, die in Geschäftsbeziehung mit der gehackten IT-Firma standen oder immer noch stehen. Dem Vernehmen nach enthalten die gestohlenen Daten geschäftliche Korrespondenz zwischen der Xplain AG und ihren Kundinnen.
Gemäss den Recherchen von watson sind diverse Institutionen der Bundesverwaltung tangiert:
- Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL)
- Staatssekretariat für Migration SEM, früher Bundesamt für Migration
- Bundesamt für Justiz (BJ)
- Bundespolizei Fedpol
- Oberzolldirektion, Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit
- Generalsekretariat GS-EJPD
- Das frühere Grenzwachkorps (GWK), heute Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit BAZG
- Informatik Service Center ISC-EJPD
Betroffen ist auch das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS).
Hinzu kommen zahlreiche kantonale Behörden, aber auch andere bekannte nationale Organisationen wie die Rega, die Bahnpolizei, Securitrans (heute Transsicura). Und auch die Stadtpolizei Zürich zählt zu den Xplain-Kunden.
Die Kantonspolizei Bern bestätigt:
Wie reagiert der Bund?
Das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) hat am Mittwoch in einer Mitteilung bestätigt, dass operative Daten der Bundesverwaltung entwendet wurden.
Erste Massnahmen seien getroffen worden, um ein Sicherheitsrisiko für die Bundesverwaltung zu minimieren. Die betroffenen Stellen seien informiert worden.
Es handle sich mutmasslich um den gesamten entwendeten Datensatz, so das EFD. Im Moment werde das publizierte Datenmaterial gesichert und analysiert.
Angeblich keine sensitiven Daten
Auch die Liechtensteiner Landespolizei ist vom Hackerangriff betroffen, wie sie am Dienstag mitteilte. Bei den gestohlenen Daten handle es sich aber nur um Projektinformationen.
Falldaten seien schlimmstenfalls in Einzelfällen betroffen, zitierte die Nachrichtenagentur Keystone-SDA aus einer Mitteilung der Landespolizei. Falldaten und Personendaten seien nicht auf Xplain-Servern gespeichert worden.
In einer früheren Stellungnahme von Xplain hiess es, man habe «keine Personen- und Fall-Daten aus Kundensystemen» auf den eigenen Servern gespeichert.
Die Ransomware-Bande Play zeichnete zuvor auch für Hackerangriffe auf die Walliser Gemeinde Saxon VS (Mai 2023), die Medienhäuser CH Media und NZZ (April), Energie Pool Schweiz (Feb.) und H-Hotels (Dez. 2022) verantwortlich. Dies sind jedoch nur die öffentlich bekannten Opfer. IT-Sicherheitsfachleute gehen von einer hohen Dunkelziffer aus.
Quellen
- efd.admin.ch: Hackerangriff auf die Firma Xplain: Erste Erkenntnisse aus Datenanalysen zeigen Handlungsbedarf (Mitteilung vom 14. Juni)