Am Donnerstag um 14 Uhr wird der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj per Videoschaltung eine Rede an die Vereinigte Bundesversammlung halten. Prorussische Hacker nahmen dies zum Anlass, um Websites der Bundesverwaltung, der Kantone und städtischer Behörden zu attackieren. Auch staatsnahe Betriebe wie die SBB und die Post waren betroffen.
In einer Stellungnahme lobten die Cyberkriminellen nun die SVP, deren Parlamentsmitglieder der Ansprache Selenskyjs fernbleiben werden.
Die Hacker brachten die Websites zum Absturz, indem sie die Systeme mit zahllosen, gleichzeitig verschickten Anfragen überlasteten. Daten wurden dabei aber keine gestohlen.
Auf dem Nachrichtendienst Telegram erklärte die Hackergruppe, die sich «NoName» nennt, ihren Angriff: Selenskyj wolle das Schweizer Parlament in einer Video-Ansprache um Geld anbetteln. Es sei bemerkenswert, dass sich «angemessene Schweizer» gegen das «wilde Verhalten» des ukrainischen «Noch-Präsidenten» stellten.
Die Cyberkriminellen verwiesen auf den Chef der Schweizerischen Volkspartei. Sie meinten den SVP-Fraktionspräsidenten Thomas Aeschi, der auf Twitter schrieb: «Die Ukraine versucht, direkt Einfluss auf den parlamentarischen Entscheid betreffend Waffen- und Munitionslieferungen zu nehmen. Unsere Neutralität wird verletzt!»
Aeschi erklärte auf Anfrage, dass die SVP keinerlei Kontakte zu den Hackern unterhalte. Die lobende Erwähnung der Volkspartei in der Stellungnahme von «NoName» wollte er nicht kommentieren.
Der Fraktionschef betonte, dass die Schwächung der Schweizer Neutralität nur einer der Gründe sei, warum die SVP-Parlamentarier der Rede Selenskyjs fernblieben. «Ebenfalls zu bedenken gilt es, dass die Gewaltentrennung verletzt wird», sagte Aeschi. Ein ausländischer Staatspräsident solle mit dem Bundesrat sprechen und sich nicht ans Parlament wenden. «Das ist nicht stufengerecht, das ist das falsche Format.»
Christoph Blocher betonte derweil auf «Tele Blocher», dass der britische Premierminister Winston Churchill nach dem Zweiten Weltkrieg bei seinem Besuch in der Schweiz in Bern und in Zürich gesprochen habe, aber nicht vor dem Bundesparlament aufgetreten sei. Das habe einer guten Ordnung entsprochen. Die SVP habe auch der Rede von Michail Gorbatschow im Jahr 2000 im Nationalratssaal nicht beigewohnt – weil das eben ein Stilbruch sei.
Einzelne Parlamentarier der SVP werden sich Selenskyjs Rede am Donnerstag vielleicht doch anhören. «Ich habe mich noch nicht entschieden», sagte der Schaffhauser Ständerat Hannes Germann. Der Entscheid der Fraktion, dass sich die Partei von Selenskyj Ansprache fernhalte, sei nicht bindend – jedes Mitglied des Parlaments entscheide nach eigenem Wissen und Gewissen.
Die SVP scheiterte Anfang Monat klar mit einem Ordnungsantrag, wonach der Auftritt Selenskyjs im Nationalratssaal abgesagt werden solle: Das Begehren fiel mit 128 gegen 58 Stimmen durch. SP-Co-Präsident Cédric Wermuth warf der Volkspartei vor, sie betreibe «Cancel-Culture im Auftrag Moskaus.»
Die Attacken der prorussischen Hacker sorgen in der Volkspartei nun für Diskussionen. SVP-Nationalrat Lukas Reimann erklärte: Sollte sich herausstellen, dass staatliche russische Stellen beteiligt seien an diesen Aktivitäten, sei das als «militärischer Angriff auf die Schweiz» zu werten. «Dann muss die Eidgenossenschaft sich wehren und Gegenmassnahmen ergreifen.»
Dass der russische Staat involviert ist in die Cyberattacken, wird kaum nachzuweisen sein. Cédric Wermuth betonte, der Bund solle nun mit folgenden Mitteln reagieren:
Die Bundesanwaltschaft hat wegen der Cyberattacken ein Strafverfahren eröffnet. Die Gruppe «NoName» endete ihre Stellungnahme zu den Angriffen in der Schweiz mit dem Ausruf: «Der Sieg wird unser sein!» Abgebildet war daneben die russische Flagge.
(aargauerzeitung.ch)
Aber dass Russland uns über das Netz angreift und terrorisiert, sehen die Lappen dann nicht.
Da sollten doch bei allen stolzen Schweizern in der Partei die Alarmglocken läuten??