Social-Media-Verbot für Kinder – so läuft es in Australien
Kurz vor dem Start des geplanten Social-Media-Verbots für Unter-16-Jährige in Australien wird das Vorhaben vor dem Obersten Gericht in Canberra angefochten.
Der libertäre Abgeordnete des Parlaments von New South Wales, John Ruddick, reichte über seine Organisation «Digital Freedom Project» Klage gegen das Gesetz ein, das am 10. Dezember in Kraft treten soll. Zwei 15-jährigen Jugendliche namens Macy und Noah treten als Kläger auf und fordern einen Stopp des kontroversen Vorhabens, wie aus einer Mitteilung der Organisation hervorgeht.
Die Gruppe argumentiert demnach, das Verbot sei ein «direkter Angriff auf das Recht junger Menschen auf freie politische Kommunikation» und «völlig übertrieben». Viele Jugendliche seien enttäuscht von der Regierung, die pauschal ein Verbot für unter 16-Jährige verhänge, statt in Programme zu investieren, die Kindern helfen, sich auf den Plattformen sicher zu bewegen.
Wie reagieren die Plattformbetreiber?
Tech-Unternehmen, die den Vorgaben des australischen Staates nicht entsprechen und keine wirksamen Kinderschutz-Massnahmen implementieren, drohen bei Zuwiderhandlung hohe Geldstrafen.
Snapchat will offenbar Hunderttausende junge User auffordern, ihr wahres Alter nachzuweisen, wie am Montag die Nachrichtenagenturen berichteten. Die Social-Media-App gehört dem US-Unternehmen Snap Inc., das wiederum von den beiden Gründern kontrolliert wird.
Hintergrund ist das am 10. Dezember in Kraft tretende Social-Media-Verbot für Kinder und Jugendliche in Australien. Unternehmen droht bei Verstoss gegen das Gesetz eine Strafe in Höhe von bis zu 49,5 Millionen australischen Dollar (knapp 26 Millionen Franken). Kritische Stimmen geben zu bedenken, dass solche Beträge viel zu tief angesetzt sind für Techkonzerne, die mit personalisierter Werbung Milliarden einnehmen.
Zudem ist bislang offen, wie die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben kontrolliert werden soll.
Snap Inc. hatte im vergangenen Monat einem australischen Senatsausschuss mitgeteilt, man gehe davon aus, dass etwa 440'000 australische Nutzerinnen und Nutzer zwischen 13 und 15 Jahren alt seien. Über Snapchat lassen sich private Fotos und Videos hin und her schicken und die User können öffentlichen Profilen folgen.
Vom Verbot betroffene User sollen vor dem Ausschluss von der Plattform die Möglichkeit erhalten, eigene Daten wie Chats, «Erinnerungen» oder hochgeladene Videos herunterzuladen. Ab dem Stichtag werden ihre Konten gesperrt – und bleiben es, bis sie 16 werden.
Mark Zuckerbergs US-Techkonzern Meta hat wegen des bevorstehenden Social-Media-Verbots bereits im vergangenen Monat angekündigt, ab dem 4. Dezember australische User unter 16 Jahren von seinen grossen Plattformen Facebook und Instagram zu entfernen.
Das von China kontrollierte TikTok und die ursprünglich aus Australien stammende Streaming-Plattform Kick wollen das Verbot angeblich befolgen, haben aber noch keine Massnahmen erläutert. Reddit, Twitch, X und YouTube (Google) äusserten sich bislang nicht dazu.
Anzumerken ist, dass populäre Spieleplattformen wie Roblox und Messenger-Apps wie WhatsApp nicht unter die neue Mindestalter-Regelung fallen.
Wie gross ist die politische Unterstützung für das Social-Media-Verbot?
Die Regierung in Canberra hatte das Gesetz vor einem Jahr verabschiedet – und Australien damit zum weltweiten Vorreiter gemacht. Fast alle grossen Parteien unterstützten den Vorstoss von Regierungschef Anthony Albanese. Die Plattformen bekamen zwölf Monate Zeit, um die neue Altersbeschränkung umzusetzen. Betroffen sind zahlreiche Anbieter wie TikTok, Reddit, Snapchat, YouTube, Facebook und Instagram.
Neben Australien plant auch Neuseeland die Einführung eines Social-Media-Verbots unter 16 Jahren.
Und die Schweiz?
Erst letzte Woche hat sich die eidgenössische Kinder- und Jugendkommission in einem Positionspapier gegen generelle Social-Media-Verbote für Kinder ausgesprochen. Die Begründung: Durch ein solches Verbot würde die Handlungsfähigkeit von Kindern wie auch von Eltern unnötig eingeschränkt, hiess es mit Bezug auf die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen (Uno).
Eine grosse Mehrheit der Schweizer Bevölkerung sieht das anders. Über 80 Prozent stehen einem Verbot von Social Media für unter 16-Jährige positiv gegenüber, wie eine repräsentative Befragung zeigte.
Zu den grössten Sorgen, was die negativen Auswirkungen von Instagram und Co. betrifft, zählt Cybermobbing. Aber auch Cybergrooming – also die gezielte Manipulation von Kindern zu sexuellen Zwecken.
Im Februar 2025 wurde publik, dass der Bundesrat entsprechende Massnahmen mit einem Bericht prüfen will, wie aus seiner Antwort auf einen Vorstoss aus dem Parlament hervorging. Das entsprechende Postulat der Grünen-Nationalrätin Maya Graf stiess parteiübergreifend auf grosse Zustimmung. Wobei anzumerken ist, dass es darin nicht um ein generelles Verbot geht.
Innerhalb der Europäischen Union (EU) laufen in mehreren EU-Mitgliedsstaaten auf politischem Parkett Bemühungen, Social-Media-Plattformen wie TikTok, Instagram und YouTube für Kinder zu verbieten.
Frankreich, Griechenland und Dänemark setzten sich beim Treffen der EU-Digitalminister im Juni dafür ein, die Plattformen erst ab 15 Jahren zu erlauben.
Quellen
- Mit Material der Nachrichtenagenturen sda/dpa
(dsc)
