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So wurde der TikTok-Chef im US-Kongress gegrillt

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Shou Zi Chew ist ein 40-jähriger Geschäftsmann aus Singapur und seit 2021 Chief Executive Officer von TikTok. Mit mehr als einer Milliarde Nutzer weltweit ist es die einzige auch im Westen erfolgreiche Social-Media-Plattform, die nicht aus den USA stammt.Bild: keystone

Hier wird der TikTok-Chef öffentlich gegrillt – und zieht die Zuckerberg-Karte

Ein Verbot der populären Smartphone-App rückt in den USA näher. TikTok-Chef Shou Zi Chew versuchte an einer offiziellen Anhörung Bedenken über chinesische Spionage und Einflussnahme zu zerstreuen.
24.03.2023, 07:1024.03.2023, 09:56
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TikTok-Chef Shou Zi Chew ist bei einer Befragung im US-Kongress auf tief sitzendes Misstrauen und Ablehnung gestossen. Bei der rund fünfstündigen Anhörung betonten die Demokraten von Präsident Joe Biden und die Republikaner in seltener Eintracht, dass bisherige Schritte zur Abschottung von US-Daten der Kurzvideo-App vom aus China stammenden Mutterkonzern Bytendace ihnen nicht ausreichten.

«Wir vertrauen nicht darauf, dass TikTok jemals amerikanische Werte übernehmen wird – Werte für Freiheit, Menschenrechte und Innovation. TikTok hat wiederholt den Weg zu mehr Kontrolle, mehr Überwachung und mehr Manipulation eingeschlagen.»
Die republikanische US-Kongressabgeordnete Cathy McMorris Rodgers während der TikTok-Anhörung

Wer kontrolliert TikTok?

Ein zentrales Thema am Donnerstag waren die Eigentumsverhältnisse.

«TikTok muss ein amerikanisches Unternehmen mit amerikanischen Werten werden und die Verbindungen zur chinesischen Kommunistischen Partei kappen», sagte etwa der demokratische Abgeordnete Darren Soto.

Auch die Republikanerin Marianette Miller-Meeks betonte, die Technologie anderer Social-Media-Plattformen wie Facebook, Instagram oder Twitter werde «in den USA, nach US-Richtlinien, unter US-Gesetzen zum Datenschutz entwickelt».

Shou Zi Chew verwies seinerseits auf Probleme von US-Plattformen beim Datenschutz wie den Facebook-Skandal um Cambridge Analytica.

Video: twitter/Jack Appleby

Tiktok betont, man sei keine Tochter eines chinesischen Konzerns, da Bytedance zu 60 Prozent im Besitz westlicher Investoren sei und der offizielle Firmensitz auf den Cayman-Inseln in der Karibik liege. Kritiker kontern, dass die chinesischen Gründer bei einem Anteil von 20 Prozent die Kontrolle dank höherer Stimmrechte hielten und Bytedance eine grosse Zentrale in Peking habe. Laut Medienberichten fordert die US-Regierung einen Ausstieg chinesischer Anteilseigner.

Wie will TikTok verhindern, dass China Zugriff auf US-Daten hat?

TikTok zeigte sich enttäuscht über den Verlauf der Anhörung, bei der Shou Zi Chew oft von Abgeordneten unterbrochen wurde und nicht zu deren Vorwürfen Stellung nehmen konnte. Der Tag sei von «politischer Effekthascherei dominiert» worden, sagte eine Sprecherin. Dabei seien «die wirklichen Lösungen» nicht angesprochen worden.

Hier windet sich der TikToK-Chef muss einräumen, dass Mitarbeiter in China Zugriff auf US-User-Daten haben:

Video: twitter/Proud Elephant

Der TikTok-Chef hatte versuchte, die Abgeordneten mit einem Plan mit dem Namen «Projekt Texas» zu überzeugen. Dabei sollen die persönlichen Daten von US-amerikanischen Usern auf Servern in den USA gespeichert und der Zugang dazu eingeschränkt und kontrolliert werden. Dazu gehört auch, dass jede Aktualisierung der App vom US-Softwarekonzern Oracle geprüft wird, bevor sie an die Nutzer geht.

Der ranghöchste Demokrat im Handelsausschuss, Frank Pallone, entgegnete, der Datensilo-Plan sei «einfach nicht akzeptabel». Er glaube, «dass die kommunistische Regierung in Peking alles, was sie tun, kontrollieren und beeinflussen wird», sagte er dem TikTok-Chef vor laufender Kamera.

Hier versuchte der TikToK-Chef das Ausspionieren von Journalisten zu verharmlosen

Video: twitter/Deutsch365

Shou Zi Chew bestritt die Vorwürfe, ging Konfrontationen aber auch oft aus dem Weg, indem er anbot, Informationen später nachzuliefern. Die Frage, wieso die chinesische Regierung ankündigte, einen Zwangsverkauf von TikTok verhindern zu wollen, wenn Bytedance kein chinesisches Unternehmen sei, beantwortete er nicht.

Wie will TikTok Beeinflussung der User verhindern?

In der App kann man von einem kurzen Video zum nächsten scrollen. Ein entscheidender Faktor für den Erfolg ist der Software-Algorithmus, der Clips für jeden Nutzer individuell auswählt und ständig an ihre Vorlieben anpasst.

Dabei wird unter anderem berücksichtigt, ob man ein Video bis zum Schluss angeschaut oder sofort weitergeblättert hat. Am Ende hat die Software eine gute Vorstellung von den Interessen der Nutzer. Eine der Sorgen im Westen ist, dass dieser Datenschatz missbraucht werden könnte.

Video: twitter/ABC News

Bei der Anhörung fragte etwa der Republikaner John Curtis, ob mit den Daten ein Algorithmus entwickelt werden könne, «der mich überzeugen könnte, die Meinung zu einem politischen Thema zu ändern». Shou Zi Chew fing mit einer ausweichenden Antwort darauf an, wurde aber unterbrochen.

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Chew sagte während der live übertragenen Anhörung des Energie- und Handelsausschusses des US-Repräsentantenhauses über die Datenschutz- und Datensicherheitspraktiken der Plattform und deren Auswirkungen auf Kinder aus.Bild: keystone

Was hat der TikTok-Chef für einen Hintergrund?

Chew, 40, stammt aus Singapur, wo er mit seiner Frau Vivian Kao und ihren beiden Kindern lebt. Er schloss sein Studium 2006 am University College London ab und arbeitete zwei Jahre bei Goldman Sachs, bevor er in die USA zog, um einen Master-Abschluss an der Harvard Business School zu machen. Chew absolvierte ein zweijähriges Praktikum bei Facebook.

Nach seinem MBA wurde er Partner bei der einflussreichen Risikokapitalgesellschaft DST Global, wo er fünf Jahre lang arbeitete und dabei half, Investitionen in das chinesische Unternehmen zu erleichtern, das zu ByteDance wurde.

Anschliessend war er fünf Jahre lang Manager bei Xiaomi, einem chinesischen Smartphone-Unternehmen, bevor er 2021 zum TikTok-CEO ernannt wurde

Die US-Öffentlichkeit wisse relativ wenig über Chew im Vergleich zu Social-Media-Giganten aus dem Silicon Valley wie Mark Zuckerberg von Facebook, zitiert die Nachrichtenagentur AP News die Expertin Brooke Erin Duffy, die als ausserordentliche Professorin für Kommunikation an der Cornell University Social-Media-Plattformen untersucht:

«Chew war bis jetzt im öffentlichen Diskurs im Hintergrund, also hat er nicht den gleichen Ruf, den wir mit dem Silicon-Valley-Set verbinden würden, insbesondere mit Zuckerberg.»

China weist Vorwürfe zurück

Als Reaktion hat China Vorwürfe zurückgewiesen, private Unternehmen zur Herausgabe von Daten aus dem Ausland zu zwingen.

Es sei nie von einer Firma oder von Personen verlangt worden, Daten oder Geheimdienstinformationen aus anderen Ländern zu sammeln oder weiterzugeben, sagte eine Sprecherin des Pekinger Aussenministeriums am Freitag. Dies werde sich auch in Zukunft nicht ändern.

«Die US-Regierung hat keine Beweise dafür vorgelegt, dass Tiktok die nationale Sicherheit der USA bedroht», so die Sprecherin weiter. Stattdessen seien «wiederholt Schuldvermutungen geäussert und das Unternehmen in unangemessener Weise unterdrückt» worden. Die USA sollten die Prinzipien der Marktwirtschaft und des Wettbewerbs respektieren.

Utah will Zugang Minderjähriger zu Social-Media-Plattformen beschränken
Der US-Bundesstaat Utah will den Zugang Minderjähriger zu sozialen Netzwerken stark einschränken. Der Gouverneur des Bundesstaates, Spencer Cox, unterzeichnete am Donnerstag (Ortszeit) ein entsprechendes Gesetz. Es sieht unter anderem vor, dass Social-Media-Unternehmen das Alter eines Einwohners von Utah überprüfen müssen, bevor dieser ein Konto eröffnen kann.

Ausserdem verlangt das Gesetz die Zustimmung eines Elternteils oder Erziehungsberechtigten, wenn Jugendliche einen Account eröffnen möchten. «Dies ist der erste Gesetzentwurf dieser Art in den Vereinigten Staaten. Utah ist bei diesem Vorhaben führend», sagte Cox.

Das Gesetz soll im kommenden Jahr in Kraft treten. Es sieht unter bestimmten Bedingungen ausserdem eine Sperrzeit für die Nutzung sozialer Medien zwischen 22.30 Uhr bis 6.30 Uhr vor. Auch bestimmte Werbung soll eingeschränkt werden. Es ist sehr wahrscheinlich, dass betroffene Unternehmen vor Gericht gegen die Regelung vorgehen werden. Gouverneur Cox hat das Gesetz unter anderem damit begründet, dass die Nutzung sozialer Plattformen bei Jugendlichen zu psychischen Problemen führen könne.

(sda)

Quellen

(dsc/sda/dpa)

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56 Kommentare
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Mr. Feinripp
24.03.2023 07:58registriert März 2022
Twitter, Facebook etc. "werden unter US-Datenschutzrichtlinien entwickelt".
Muhahaha.... Selten so gelacht.
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Kommissar Rizzo
24.03.2023 07:55registriert Mai 2021
Wegen mir können TikTok & Co. (ja, auch die anderen) wieder verschwinden. Insbesondere die genannte scheint ja wirklich die Vorstufe zur totalen Verblödung zu sein.
Aber «in den USA, nach US-Richtlinien, unter US-Gesetzen zum Datenschutz entwickelt» ist doch ein Witz. Es geht einfach nur darum, wer die Informationen möglichst exklusiv abgreifen darf. Sonst müssten da nicht Backdoors eingebaut sein.
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Fernrohr
24.03.2023 07:48registriert Januar 2019
Wer in China schon gegoogelt hat, weiss was Restriktionen sind. Die chinesichen Auflagen sind so strikt und zudem durch die Great Firewall dicht gemacht, dass keiner sicher sein kann nur schon durch den Versuch etwas zu finden, verhaftet werden könnte. Richtig, dass der Spiess umgedreht wird. Und soll mir keiner kommen, mit "Mimimi, die Amerikaner machen dies und das"!
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