TikTok sorgt zurzeit für viel Aufregung. Vor allem unter Politikern und Politikerinnen. Die amerikanische Regierung wirft den Machern aus China Spionage und Überwachung vor und droht, die App komplett aus den USA zu verbannen. Auch die EU und Grossbritannien haben ein TikTok-Verbot für die Verwaltung angeordnet. Und wie sieht es in der Schweiz aus? Wir beantworten dir die wichtigsten Fragen und schaffen Klarheit im TikTok-Chaos:
TikTok ist ein soziales Netzwerk wie Facebook oder Instagram. User können kurze Videos erstellen und anschliessend hochladen. Die Spannbreite der Videos geht übers Tanzen bis zum Kochen bis Politik. Auf TikTok kann über (fast) alles berichtet werden. Nebst eigenen Videos hochladen, kann man die kurzen Clips liken, kommentieren und mit anderen teilen.
TikTok ist in den Händen des chinesischen Unternehmens Bytedance. Die App wurde im Jahr 2016 gegründet, zuvor hiess sie noch Musica.ly. Mittlerweile zählt TikTok zu den am häufigsten heruntergeladenen Apps. Monatlich verbucht sie eine Milliarde aktive User und ist damit das sechstgrösste soziale Netzwerk der Welt. Die höchsten Userzahlen verzeichnen die USA, Indonesien und Brasilien.
So viel Spass TikTok den vor allem jungen Usern macht, so viel Kopfzerbrechen bereitet die App den westlichen Politikern. Und dies hat einen einfachen Grund: TikToks Mutterkonzern Bytedance soll unter Kontrolle der Kommunistischen Partei Chinas stehen.
Kritiker halten TikTok für ein trojanisches Pferd. Dabei soll das chinesische Regime ausländische Bürger überwachen können und den App-Algorithmus nach Chinas Lust und Laune manipulieren. Auch wirft man der App vor, Daten an China zu übermitteln.
Wie auch andere Apps hat TikTok Zugriff auf unglaublich viele Daten: vom Geburtstag bis zu IP-Adressen. Im Sommer musste TikTok-Chef Shou Zi Chew einräumen, dass einige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Bytedance Zugriff auf amerikanische User-Daten hatten, welche von TikTok stammten. Aber damit nicht genug.
Die Journalistin Emily Baker-White enthüllte für das US-Onlinemagazin Buzzfeed, dass gewisse Bytedance-Angestellte «Zugriff auf alles» haben. Später fand sie heraus, dass Bytedance-Mitarbeiter auf Baker-Whites eigene TikTok-Nutzungsdaten zugegriffen hatten, offenbar um ihren Aufenthaltsort zu bestimmen. Laut TikTok und Bytedance sei dies zwar ein Verstoss gegen die Unternehmensregeln, aber kein systematisches Abhören. Nach diesem Vorfall mussten mehrere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen das Unternehmen verlassen.
Zudem befürchten Politiker und Politikerinnen, dass TikTok Propaganda und Falschinformationen verbreiten könnte. Dass die sozialen Medien zur Wahlmanipulation genutzt werden können, sah man an der russischen Präsidentschaftswahl 2016. Damals kauften russische Akteure Werbe-Slots auf Facebook und verbreiteten kontroverse Botschaften, um die Bevölkerung zu spalten.
Die Regierung von Joe Biden will den chinesischen Eigentümern von TikTok ein Ultimatum stellen: Entweder verkauft Bytedance seine Anteile an der App – oder TikTok wird in den Vereinigten Staaten komplett verboten. Das berichtet das «Wall Street Journal».
Am Montag wurde TikTok auf allen Regierungshandys verboten. Ähnliche Verbote gelten auch für Abgeordnete und Mitarbeitende des Repräsentantenhauses. Auch mehrere Bundesstaaten sowie das US-Militär haben in der Vergangenheit ähnliche Regelungen erlassen.
BREAKING: The UK will ban the use of TikTok on government phones with immediate effect, Cabinet Office Minister Oliver Dowden says, calling it a "precautionary move" over security fears https://t.co/dDRJa0uM4z pic.twitter.com/Km9q2HcL4v
— Bloomberg UK (@BloombergUK) March 16, 2023
Auch Kanada und die EU ziehen mit dem Verbot mit. So hat das Präsidium des EU-Parlaments TikTok auf den Diensthandys verboten. Bis nächsten Montag müssen alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und Abgeordneten die App von ihrem Diensthandy löschen. Bis Mittwoch mussten das schon alle Mitarbeitenden der EU-Kommission tun.
Indien hat die App bereits im Sommer 2020 im ganzen Land verboten. Aus ähnlichen Gründen, wie sie nun in den USA diskutiert werden.
Denn auch in Europa wurden schon Nutzerinformationen an China übermittelt: Eigentlich werden alle Daten, die von europäischen Nutzerinnen und Nutzern auf TikTok gespeichert werden, nach Unternehmensangaben auf Servern in Singapur und den USA gespeichert. Keine Daten sollten in China zugänglich sein. Doch im November kam es zu einem Knall: Die europäische Privacy-Chefin schrieb in einem Blogpost, bestimmte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Unternehmensgruppe hätten auch in China Zugriff auf europäische Nutzdaten. Jedoch nur im Rahmen ihrer Aufgaben und im Einklang mit dem europäischen Datenschutzrecht.
Bytedance verhandelt zurzeit mit dem Committee on Foreign Investment in the US (CFIUS). TikTok bemüht sich um einen Kompromiss: Einerseits will man Amerika davon überzeugen, dass Bytedance im Besitz von TikTok in den USA bleiben darf, andererseits ist man bereit, einer Drittpartei wie der US-Softwarefirma Oracle Einblicke in die Funktionsweise der App bzw. den Algorithmus zu geben. Bytedance hat ausserdem vorgeschlagen, die Daten von amerikanischen Nutzern ausschliesslich in einem separaten Datenzentrum in Texas zu speichern, welches ebenfalls von Oracle verwaltet wird.
Ausserdem hat TikTok vorgeschlagen, eine eigene Unterfirma namens TikTok U. S. Data Security (USDS) zu gründen. Um die Bedenken der Amerikaner und Amerikanerinnen mit Blick auf die Sicherheit der Nutzerdaten auszuräumen. Da dürften dann auch keine chinesischen Staatsbürger arbeiten. Diese neue Einheit würde letztlich an CFIUS Bericht erstatten und nicht an Bytedance.
Am 23. März wird der CEO von Bytedance dem US-Kongress gegenübertreten. Dabei will er versuchen, die Abgeordneten auf seine Seite zu ziehen. Nicht nur für Bytedance steht der Zugang zum riesigen amerikanischen Markt auf dem Spiel, sondern auch für andere chinesische Apps wie Shein oder Temu. Diese sind besonders beliebt in den USA.
Von einem TikTok-Verbot wurde in der Schweiz bisher noch nicht gesprochen. Auch nicht darüber, ob schweizerische Regierungsangestellte TikTok auf ihrem Handy löschen müssen, sagte die Bundeskanzlei auf Anfrage von Schweizer Medien. Mehr Informationen sind bisher nicht bekannt gegeben worden.
Das ist natürlich jedem individuell überlassen. Man sollte sich aber Folgendes vor Augen führen:
TikTok ist nicht nur wegen der Inhalte problematisch, die man dort veröffentlicht. Sondern auch wegen der Metadaten, die die Chinesen über die App beziehen können. Zum Beispiel den eigenen Standort oder Kontakte zu anderen Usern. Ausserdem ist TikTok perfekt geeignet, um die öffentliche Meinung zu manipulieren.