Durch einen Schlitz im Kleid blitzt das Bein einer jungen Frau. In gekonnter Pose setzt sie ihre elegante Abendrobe in Szene. An ihrer Seite steht ein Mann im Anzug und legt seinen Arm um sie.
Es könnte ein normales Pärchen sein, das einen gemeinsamen Abend in der Oper verbringt. Doch es handelt sich um eine bekannte Pornodarstellerin und einen ukrainischen Veteranen, der nur mit einem Arm von der Front heimkehrte.
Der Grund ihres Zusammentreffens: Geld sammeln für Soldatinnen und Soldaten, um ihnen ein Leben nach dem Krieg zu ermöglichen. Denn viele leiden nicht nur unter der mentalen Last, sondern verlieren auch noch etwa Arme oder Beine im Kampf gegen die russischen Invasoren.
«Am Anfang waren alle ein bisschen schüchtern – sowohl ich als auch die Männer. Ich bin keine Psychologin, deshalb war ich besorgt, ob ich richtig mit ihnen reden würde, ob ich sie mit meinen Worten verletzen würde. Ich war nicht sofort bereit, sie über den Krieg zu befragen», zitiert der «Tagesspiegel» Julija Senjuk. Sie gehöre zu den 100 besten Pornodarstellerinnen der bekannten Website Pornhub.
Sie setzt sich für die ukrainischen Soldatinnen und Soldaten ein und sammelt auf ungewöhnliche Weise Spenden.
«Wir haben uns kaum wiedererkannt, als wir uns umzogen, das war sehr überraschend und lustig!», sagt der 31-jährige Oleksiy Tchub laut der Zeitung. Er habe in der Nähe von Bachmut gekämpft und kehrte schwer verwundet zurück. Mit elf weiteren Kameraden stimmte er dem Fotoshooting mit der bekannten Pornodarstellerin zu.
Am Ende soll ein Wandkalender mit Fotos von Julija Senjuk und kriegsversehrten ukrainischen Soldaten entstehen. Die Einnahmen kommen einem Rehabilitationszentrum zugute. Doch nicht alle finden die Idee (auf Anhieb) gut.
Das Projekt stellt Senjuk mit ihren Freunden, einem Fotografen und einer Visagistin, auf die Beine. Doch es erhält ordentlich Gegenwind. Eine Pornodarstellerin und ukrainische Veteranen? Eine Vorstellung, mit der sich Kritikerinnen und Kritiker wohl nicht richtig anfreunden können. Viele halten es für unanständig und unpassend, heisst es.
So auch einer der stellvertretenden Direktor:innen des Kiewer Opernhauses, die Location des Fotoshootings. Auch der Chef habe gezögert, stimmte aber dann zu. Allerdings erlaubte er die Dreharbeiten lediglich im Foyer.
Laut Bericht soll auch eine der Frauen anfangs wenig von dem Projekt ihres Mannes begeistert gewesen sein. Doch am Ende stimmte auch sie zu und verteidigt offenbar heute die Pornodarstellerin gegen verbale Angriffe auf Social Media.
Bekanntlich gilt: Sex sells. Doch Geld sei nicht Senjuks Hauptziel, sondern vielmehr die Aufmerksamkeit auf die Menschen zu richten, die vom Krieg zurückkehren – ohne Arme oder Beine.
Dazu besuche sie auch selbst das Endoprothesenzentrum. Das einzige Zentrum für komplexe Endoprothetik, Osteointegration und Bionik in der Ukraine, heisst es. Dort erhalten die Soldat:innen keine gewöhnlichen mechanischen Prothesen, sondern bioelektrische. Vorteil: Mit ihnen kann eine Person nahezu ohne Einschränkungen leben, selbst die Feinmotorik funktioniert.
Auch Veteran Oleksij Tchub lichtet sich im schicken Anzug mit der jungen Frau ab. Sein Arm musste vollständig bis zur Schulter amputiert werden. «Seltsamerweise war das für mich kein grosses Problem. Dann also ohne Arm, sagte ich mir», zitiert ihn der «Tagesspiegel». Der Verlust seines Armes schränke Oleksij heute nicht ein: Er schwimmt, geht angeln, und er nimmt auch an Sportwettkämpfen für Veteranen teil.
Doch dieses Glück kann sich nicht jede:r leisten. Zum Hintergrund: Laut des Berichts kostet ein bioelektrisches Bein zwischen 25'000 und 80'000 Euro, eine Hand zwischen 50'000 und 150'000 Euro. Der Staat stelle höchstens 45'000 Euro pro verwundeter Person zur Verfügung.
Die erwünschte Aufmerksamkeit hat Senjuk mit ihrem Wandkalender geschafft. Zusätzlich will sie wohl auch in Kooperation mit einem Sexshop eine Million Griwna (25'000 Euro) sammeln.
Senjuk erzählt, sie sei mittlerweile gut mit den Männern befreundet. Am Anfang wusste sie nicht, mit ihnen umzugehen, doch am Ende hilft wohl eine Prise Humor. «Die Soldaten scherzen über ihre fehlenden Gliedmassen. Ein beinloser Soldat kann von seinen Mitstreitern eingeladen werden, mit ihnen Fussball zu spielen, und ein armloser Soldat wird oft gefragt, wo er seinen Arm gelassen hat», sagt sie.
(watson.de/dsc)
Ich finde das überhaupt nicht.
Unanständig ist wenn man Wasser predigt und Wein trinkt.
Unanständig sind einige Politiker und alle Heuchler.
Diese Fotos sind alles andere als unanständig und erfüllen einen guten Zweck.
Respekt.