Wegen Sexpuppen-Skandal: EU befragt chinesischen Onlinehändler Shein
Der Verkauf von Kinder-Sexpuppen und illegalen Waffen hat die EU-Kommission veranlasst, zusätzliche Auskünfte vom Onlinehändler Shein einzuholen.
Man habe wegen Hinweisen auf den Verkauf illegaler Produkte eine Anfrage an das Unternehmen geschickt, erklärte das Exekutivorgan der Europäischen Union (EU) am Mittwoch.
Demnach vermutet die EU-Kommission, dass Sheins Geschäftsmodell ein «systemisches Risiko» für Konsumentinnen und Konsumenten in der gesamten Europäischen Union darstellen könnte.
Was ist passiert?
Die französische Justiz ermittelt gegen den in China gegründeten Onlinehändler mit Sitz in Singapur wegen der Verbreitung von Darstellungen Minderjähriger mit pornografischem Charakter.
Auslöser war das Angebot kinderpornographischer Sexpuppen. Eine gerichtliche Entscheidung über eine mögliche Sperrung Sheins in Frankreich wurde am Mittwoch auf Anfang Dezember verschoben.
Darum ist «Kinderpornografie» ein irreführender Begriff
Bei «Pornografie» denken viele an einvernehmliche, sexuelle Darstellungen von Erwachsenen. Bei Kindern kann es aber nie Einvernehmlichkeit geben – es handelt sich immer um Missbrauch.
Aus dem englischen Sprachraum stammt die Abkürzung CSAM (Child Sexual Abuse Material), was mit «Darstellungen des sexuellen Missbrauchs von Kindern» übersetzt werden kann. Dieser Begriff umfasst alle visuellen Darstellungen, in denen eine minderjährige Person an sexuellen Handlungen beteiligt ist, «einschliesslich, aber nicht beschränkt auf Fotos, Videos und computergenerierte Bilder», wie es etwa Google treffend beschreibt.
Internationale Organisationen, darunter viele NGOs, aber auch die Polizeibehörde Interpol, empfehlen inzwischen, «CSAM» oder «Material über sexuellen Kindesmissbrauch» zu verwenden.
Wenn Medien, Politik, sowie Polizei und Justiz übereinstimmend diese Begriffe verwenden, statt Kinderpornografie, wird damit deutlich, dass es sich nicht um sexuelle Präferenzen handelt, sondern um Gewaltverbrechen. Wer solche Taten aufnimmt, mit Dritten teilt oder im Internet weiterverbreitet, macht sich ebenfalls strafbar.
Shein hatte Anfang November begleitet von heftigen Protesten einen ersten dauerhaften Laden in einem Pariser Traditionskaufhaus eröffnet. Die Proteste hatten sich an dem Sexpuppen-Skandal entzündet, richteten sich aber auch grundsätzlich gegen das Unternehmen.
Was wird abgeklärt?
Die EU-Kommission erklärte nun, sie habe bei Shein detaillierte Informationen und interne Dokumente angefragt, wie die Plattform künftig Minderjährige schützen und den Verkauf illegaler Produkte verhindern will.
Zudem untersuche die Behörde die Effektivität der von Shein ergriffenen Massnahmen. Die Anfrage wurde im Rahmen des EU-Gesetzes für digitale Dienste (DSA) gestellt. Eine Informationsanfrage der Kommission kann zu Ermittlungen und sogar Strafzahlungen führen.
Das EU-Parlament wollte am Mittwoch über eine Resolution abstimmen, in der sie die Kommission auffordert, das Sperren von Handelsplattformen zu erleichtern.
Kritiker werfen Shein vor, den europäischen Markt mit Billigkleidung zu überschwemmen, die unter ökologisch und sozial fragwürdigen Bedingungen hergestellt und geliefert wird.
Gegründet wurde Shein 2008 in der ostchinesischen Stadt Nanjing – und zwar vom Unternehmer Chris Xu (41). Inzwischen hat der Konzern seine offizielle Firmenzentrale nach Singapur verlegt, er operiert aber weiterhin mit einer sehr grossen Lieferkette innerhalb Chinas, vor allem rund um die Hafenstadt Guangzhou.
(sda/awp/afp)
