Apple öffnet iPhone-Bezahlsystem in Europa – Schweiz bleibt aussen vor
Apple öffnet den Zugang zum einfachen kontaktlosen Bezahlen mit dem iPhone für Dritt-Anbieter. Damit kommt der US-Konzern Forderungen der EU-Kommission nach und entgeht so teuren Konsequenzen.
Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was ist passiert?
Der Techkonzern Apple entgeht im Streit mit der Europäischen Kommission einer hohen Geldstrafe. Die Wettbewerbshüter der Europäischen Union (EU) akzeptieren Zugeständnisse des US-Unternehmens und legen damit einen seit Jahren andauernden Disput um das Bezahlsystem Apple Pay bei, wie aus einer Mitteilung der EU-Kommission vom Donnerstag hervorgeht.
Der iPhone-Konzern sichert – wie von Brüssel gefordert – anderen Entwicklern von mobilen Portemonnaies und Zahlungsdiensten kostenlosen Zugang zum NFC-Chip seiner Geräte fürs kontaktlose Bezahlen zu. Über diese Chips kann ein Smartphone Daten mit Bezahlgeräten, etwa in Supermärkten, austauschen.
Warum ist das wichtig?
Zahlen mit dem Handy wird in Europa laut der EU-Kommissarin deutlich beliebter. «Die Nutzung von mobilen Portemonnaies in Geschäften hat sich in den vergangenen vier Jahren verdreifacht», so die zuständige EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager.
Die Kommission hatte Apple vorgeworfen, die Konkurrenz im Bereich mobiler Portemonnaies zielgerichtet zu behindern, indem es seine marktbeherrschende Stellung missbrauchte. Wenn etwa Banken ihre Karten zum kontaktlosen Bezahlen auf dem iPhone nutzbar machen wollen, ging das bisher – abgesehen von der deutlich umständlicheren Bedienung einer Bezahl-App – am einfachsten über Apple Pay und das ins Betriebssystem iOS integrierte mobile Portemonnaie «Wallet».
Finanzinstitute kritisierten schon lange, dass sie nicht an Apple vorbei auf den NFC-Funkchip zugreifen können, über den man das iPhone an der Ladenkasse statt einer Bankkarte einsetzen kann. Dass Apple Pay als einziger Weg dafür gedacht war, begründete Apple unter anderem mit Sicherheitsüberlegungen.
Was ist mit der Schweiz?
Schweizer iPhone-Nutzerinnen und -Nutzer profitieren nicht von der Liberalisierung.
Die Öffnung des Bezahlsystems gilt für den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), wie eine Sprecherin von Apple der Nachrichtenagentur Keystone-SDA auf Anfrage sagte. Daher ist die Schweiz nicht betroffen. Der EWR umfasst zusätzlich zu den 27 Mitgliedstaaten der EU auch Norwegen, Island und Liechtenstein.
Was ändert sich konkret?
Die EU-Kommission schreibt:
- Drittanbietern von digitalen Geldbörsen werde der kostenlose Zugang zur NFC-Schnittstelle von iOS-Geräten ermöglicht, ohne dass sie Apple Pay oder Apple Wallet verwenden müssen.
- Apple werde den NFC-Zugang im sogenannten «Host Card Emulation»-Modus (HCE) freischalten. Dies ermögliche die sichere Speicherung von Zahlungsdaten und die Durchführung von Transaktionen über NFC, ohne dass dafür auf ein geräteinternes Sicherheitselement zugegriffen werden müsse.
- iPhone-Nutzerinnen und -Nutzer erhielten nun die Möglichkeit, eine HCE-Zahlungs-App als Standard-App für Zahlungen in Geschäften festzulegen.
- Das Bezahlen mit dem iPhone, aber ohne Apple Pay, wird viel benutzerfreundlicher, weil die Anbieter wichtige Funktionen nutzen können, die ins Betriebssystem iOS integriert sind, wie «Field Detect» (öffnet die Standard-Zahlungs-App des Users, wenn ein gesperrtes iPhone an ein NFC-Lesegerät gehalten wird), «Doppelklick» (startet die Standard-Zahlungs-App, wenn ein Doppelklick auf die Seiten- oder Home-Taste des Telefons erfolgt) und Authentifizierungs-Tools wie Touch ID, Face ID und Geräte-Passcode.
Wie geht es weiter?
Die von Apple angebotenen Zusagen sollen zehn Jahre in Kraft bleiben. Ihre Umsetzung werde von einem von Apple benannten Treuhänder überwacht, der der Kommission über den gesamten Zeitraum hinweg Bericht erstatte, teilte die Brüsseler Behörde mit.
Wenn die EU-Kommission die Zugeständnisse von Apple als nicht ausreichend betrachtet hätte, hätte der Konzern vermutlich eine hohe Strafe zahlen müssen. Wenn ein Unternehmen sich nicht an die EU-Wettbewerbsregeln hält, kann die Kommission unter anderem eine Strafe von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes verhängen.
Was war der Auslöser?
Angefangen hatte die Auseinandersetzung vor mehr als vier Jahren. Nach Beschwerden von Konkurrenten hatte die EU-Kommission ein Verfahren gegen Apple eingeleitet. Rund zwei Jahre später kamen die EU-Wettbewerbshüter vorläufig zum Schluss, dass Apple seine Marktmacht in diesem Fall missbraucht. Im Januar dieses Jahres wurde dann bekannt, dass der US-Konzern eingelenkt und Zugeständnisse angeboten hatte.
Nachdem die Kommission Konkurrenten und anderen Beteiligten die Chance gegeben hatte, diese zu bewerten, passte Apple sein Angebot laut Kommission an einigen Stellen nochmals an. Damit seien die wettbewerbsrechtlichen Bedenken ausgeräumt worden.
Dass solche Streitigkeiten auch anders ausgehen können, zeigte sich im März. Die Kommission verhängte eine Strafe in Höhe von 1,8 Milliarden Euro gegen den US-Konzern, weil Apple aus Sicht der Kommission seine Marktmacht missbraucht hat, indem es App-Entwickler zu sehr einschränke.
Quellen
(dsc/sda/awp/dpa)


