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10 Jahre nach Kauf durch Facebook: WhatsApp ist immer noch WhatsApp

WhatsApp auf Smartphone (Symbolbild).
Wäre WhatsApp ohne Übernahme durch Facebook im Wettbewerb mit den Tech-Giganten untergegangen?Bild: imago-images.de

Vor 10 Jahren kaufte Zuckerberg WhatsApp für 19 Milliarden Dollar – hat es sich gelohnt?

Was wäre, wenn die WhatsApp-Gründer vor zehn Jahren der Versuchung eines 19 Milliarden Dollar schweren Kaufangebots von Facebook widerstanden hätten? Eine Spurensuche.
20.02.2024, 18:4721.02.2024, 06:45
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Als Facebook vor zehn Jahren zum Kauf von WhatsApp ansetzte, waren die Sorgen gross. Doch der Chatdienst blieb werbefrei und leicht zu bedienen. Die Chance für ein alternatives Geschäftsmodell im Netz war aber vertan.

Hinter dem WhatsApp-Logo, das auf mehr als zwei Milliarden Smartphones zu finden ist, steckt auch eine der spannenderen Was-Wäre-Wenn-Fragen der Tech-Branche. Was wäre, wenn die Gründer und Geldgeber des Chatdienstes vor zehn Jahren der Versuchung eines 19 Milliarden Dollar schweren Kaufangebots von Facebook widerstanden hätten?

Wäre der Dienst im Wettbewerb mit den Tech-Giganten untergegangen? Oder hätte sich das Geschäftsmodell mit einem Dollar Abo-Gebühr pro Jahr als Gegenentwurf zu kostenlosen Diensten etabliert, bei denen man mit personalisierter Werbung überhäuft wird?

Sofort nachdem der Deal am 19. Februar 2014 bekannt gegeben wurde, kamen Sorgen von Nutzern auf, der Dienst könnte sich unter der Regie von Facebook grundlegend verändern. Muss das ausgegebene Geld nicht schliesslich irgendwie zurückverdient werden? Und bis die Übernahme im Oktober 2014 abgeschlossen wurde, schwoll der Kaufpreis auf knapp 22 Milliarden Dollar an - ein grosser Teil wurde in Facebook-Aktien bezahlt, die im Kurs gestiegen waren.

WhatsApp bleibt WhatsApp

Zehn Jahre später ist WhatsApp immer noch unverkennbar WhatsApp. Es gibt keine Werbung, die App ist statt an ein Profil an die Telefonnummer gebunden. Und alle Nachrichten sind mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung geschützt, was dafür sorgt, dass sie nur auf den Geräten der beteiligten Nutzer im Klartext sichtbar sind, aber nicht für den Dienst.

Mitte 2023 hatte WhatsApp 2,79 Milliarden Nutzer. Als Facebook zum Kauf von WhatsApp ansetzte, waren es erst rund 450 Millionen User. Und es wurden tatsächlich noch mehr klassische SMS als Chat-Nachrichten verschickt. Heute ist es unvorstellbar, pro einzelne Nachricht Geld zu bezahlen - damals fanden sich Mobilfunk-Anbieter gerade damit ab, dass sie diese einst lukrative Geldquelle verlieren werden.

Warum WhatsApp populär wurde

WhatsApp erwies sich als die richtige SMS-Alternative zur richtigen Zeit. Die einfache Bedienung schreckte auch Smartphone-Neulinge nicht ab. Und der Dienst schlug eine Brücke zwischen iPhones und den Telefonen mit Googles Android-System. Apples Chatdienst iMessage ist nur auf Geräten des Konzerns verfügbar - und der Bedarf an einer plattformübergreifenden Lösung war da.

WhatsApp war erst 2009 an den Start gegangen. Die beiden Mitgründer Jan Koum und Brian Acton hatten beim damaligen Internet-Schwergewicht Yahoo gearbeitet und wollten sich danach an einem eigenen Start-up versuchen.

FILE - In this Jan. 20, 2014, file photo, Jan Koum, 38, co- founder of WhatsApp speaks in Munich. On Wednesday, Feb. 20, 2014, photo, Facebook announced it is buying mobile messaging service WhatsApp  ...
WhatsApp-Mitgründer Jan Koum im Jahr 2014. Heute sammelt er «seltene luftgekühlte Porsche-Autos». Bild: AP dpa

Facebook wurde auf den Dienst über die dazugekaufte VPN-App Onavo aufmerksam, die der Konzern nebenbei dazu nutzte, Trends in den Gewohnheiten der Nutzer zu erkennen. Das so beobachtete explosive Wachstum von WhatsApp dürfte eine Erklärung für den aufsehenerregenden Kaufpreis gewesen sein. Die US-Regierung wirft Facebook in einer Wettbewerbsklage vor, schlicht einen Wettbewerber vom Markt gekauft zu haben, bevor er dem Konzern gefährlich werden konnte. Sie brachte eine Abspaltung des Dienstes ins Gespräch. Der Prozess dazu steht noch aus.

WhatsApp verdient endlich Geld

Der Facebook-Konzern Meta glaubt unterdessen einen Weg gefunden zu haben, mit WhatsApp schliesslich Geld zu verdienen. Die Abo-Gebühr von einem Dollar liess Facebook nach der Übernahme schnell fallen. Für die Nutzer soll sich weiterhin nichts ändern, aber Unternehmen zahlen Geld dafür, dass sie über WhatsApp mit ihren Kunden kommunizieren.

Im vergangenen Quartal sprangen Metas App-Erlöse ausserhalb des Werbegeschäfts vor allem dank der Business-Plattform von WhatsApp um 82 Prozent hoch. Mit 334 Millionen Dollar machten sie allerdings gerade einmal 0,8 Prozent vom Gesamt-Umsatz des Konzerns aus.

Was wurde aus den WhatsApp-Gründern?

Die Gründer Koum und Acton blieben nach der Übernahme nur einige Jahre bei WhatsApp. Koum kündigte an, er werde sich nun eine Auszeit für Dinge ausserhalb der Technologie-Branche nehmen, «zum Beispiel seltene luftgekühlte Porsche-Autos sammeln» - und verschwand weitgehend von der Bildfläche. Acton investierte derweil in die Chat-App Signal, auf deren Verschlüsselungs-Technologie heute auch WhatsApp zurückgreift.

Signal lieferte jüngst zudem den Beweis, dass das ursprüngliche Geschäftsmodell von WhatsApp durchaus hätte aufgehen können. Der Chatdienst, der sich durch Spenden wie die von Acton finanziert, schätzte, dass er im kommenden Jahr rund 50 Millionen Dollar für Entwicklung und Betrieb brauchen werde. Schon mit nur einem Dollar pro Nutzer hätte WhatsApp ein vielfaches davon eingenommen.

(sda/dpa)

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59 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Jo Kaj
20.02.2024 21:25registriert Juli 2019
Ich gehe stark davon aus, dass die damit „erworbenen“ Metadaten, wer also mit wem und wann etc. schreibt/telefoniert, den Kaufpreis bei weitem begründen.

FB/Meta ist ja Meister in Profile von Personen erstellen und dann via Werbefirmen ideale Werbungen zu platzieren. Da ist WA eine regelrechte Goldgrube. Wieso wird im Artikel nicht darauf eingegangen?

Zudem gab es ja den Aufschrei, als sie die neuen Nutzungsbestimmungen veröffentlichten, die Metadaten nun App-übergreifend (FB/Insta) zu sammeln und zu verknüpfen.
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Sackstarch
20.02.2024 21:22registriert August 2023
ich hab mir kürzlich das kostenpflichtige Threema installiert. Leider ist Whattsapp immer noch sehr etabliert
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slash
20.02.2024 23:10registriert Januar 2014
Vor ca. 8 Jahren hatte ich das Glück, in bierseliger Zusammenkunft mit meinem Freundeskreis den gemeinsamen Entschluss zu fassen, von WhatsApp auf Threema zu wechseln.
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