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BMW-Aufholjagd in China: Das sagen Experten zu den neuen Elektroautos

BMW iX3 (2025 vorgestellt).
Revolutionär? Der iX3 ist das erste Modell, das auf der technologischen Plattform der «Neuen Klasse» basiert. Weitere Fahrzeuge sollen folgen.Bild: BMW

BMWs Aufholjagd in China: Das sagen Experten zur Elektroauto-Offensive

Der deutsche Autokonzern BMW startet mit der «Neuen Klasse» eine technologische Offensive. Doch kann das in China reichen? Ein Schweizer Mobilitätsexperte und der deutsche Autopapst ordnen ein.
05.09.2025, 21:3306.09.2025, 07:44
Christopher Clausen / t-online
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t-online

Mit der «Neuen Klasse», einer technischen Plattform für kommende E-Modelle, will BMW den Einstieg in eine neue Ära der Elektromobilität schaffen – und dabei vor allem im grössten Automarkt der Welt verlorenen Boden gutmachen. Konzernchef Oliver Zipse zeigt sich überzeugt: «Ich bin überzeugt davon, dass wir mit der Neuen Klasse in China wieder wachsen werden.»

China gilt für BMW seit Jahren als Schlüsselmarkt – ist aber zuletzt schwieriger geworden, nicht zuletzt wegen der wachsenden Konkurrenz durch heimische Marken.

Noch vor dem offiziellen Start der Internationalen Automobil-Ausstellung IAA Mobility stellt BMW das erste Modell der neuen Plattform vor: den vollelektrischen iX3. Weitere Fahrzeuge sollen in den kommenden Monaten folgen.

BMW-Modelle für China werden «chinesisch wie nie»

BMW setzt bei der Entwicklung der China-Modelle stärker als bisher auf lokale Partner. Die für China bestimmten Varianten der neuen Modelle seien «so chinesisch wie noch nie», versprach Zipse. «Sie enthalten jede Menge Innovationen, die wir gemeinsam mit lokalen Tech-Partnern in China für China entwickelt haben.

Genau darauf legen die chinesischen Kunden grossen Wert.» Dem Politikportal «Politico» sagte er ausserdem: «Dieses Autokonzept bereitet uns darauf vor, im globalen Ausleseprozess der Autoindustrie ein sehr ernst zu nehmender Wettbewerber zu sein.»

BMW werde in diesem Jahr über 2,5 Millionen Fahrzeuge verkaufen, sagte Zipse. «Wir liegen per August über den Vorjahreszahlen.» In den ersten acht Monaten des Jahres sei BMW gewachsen, insbesondere in Europa.

Experten sehen Potenzial – aber auch Herausforderungen

Andreas Herrmann, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität St. Gallen und Direktor des Instituts für Mobilität, hält den Kurs für grundsätzlich richtig. Zu T-Online sagte er:

«Ich sehe sehr gute Chancen. Die deutschen Hersteller haben in den letzten Jahren gelernt und die Besonderheiten des chinesischen Marktes verstanden.»

Neben BMW gehe auch Audi neue Wege bei der Fahrzeugentwicklung für China. Das sei notwendig, da sich der chinesische Markt fundamental vom europäischen unterscheide.

Zur Person
Prof. Dr. Andreas Herrmann ist Direktor des Instituts für Mobilität an der Universität St. Gallen (HSG) und Professor für Betriebswirtschaftslehre. Er forscht seit Jahren zu Automobiltrends, Konsumverhalten und der Transformation der Mobilität. Herrmann berät Unternehmen der Automobilbranche und tritt regelmässig als Redner und Experte auf Branchentagungen auf.
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Ein entscheidender Hebel sei das Design. Die deutschen Marken hätten laut Herrmann mit dem Vorurteil zu kämpfen, für viele junge Chinesinnen und Chinesen die «Produkte ihrer Eltern» zu sein. Eine neue Designsprache könne helfen, die Markenidentität wieder klarer zu positionieren. «Die deutschen Marken brauchen eine Revitalisierung», so Herrmann.

Auch technologisch sehen sich die deutschen Hersteller einem wachsenden Wettbewerbsdruck ausgesetzt – etwa bei Akkutechnologie und Software. Doch Herrmann sieht auch hier eine Chance: «Es ist jetzt entscheidend, dass das beeindruckende Erbe der deutschen Hersteller eine substanzielle Erneuerung erfährt. Dann kommen die Erfolge auch wieder.» Chinesischen Herstellern gelinge auch nicht alles.

Was es dazu brauche? Aus Sicht des Mobilitätsforschers eine klare strategische Neuausrichtung: «Mehr Tempo bei der Entwicklung, rasche Updates und Facelifts, mehr Mut beim Design, Fokus auf Software und das autonome Fahren – kurzum: Der Wandel von einer car company zu einer tech company ist unausweichlich.»

Frank Schwope, Lehrbeauftragter für Automobilwirtschaft an der Fachhochschule des Mittelstands Berlin, merkt an, mit den neuen Fahrzeugen sei das Unternehmen in China konkurrenzfähig. «Aber die Zeiten aus der Verbrennerära, als BMW in China starke Margen generiert hat, werden nicht zurückkommen», betont der Experte. «Wir werden in China weiterhin die tödliche Spirale aus mehr Technologie für weniger Geld sehen. Die Margen bleiben unter Druck.»

Was sagt der deutsche Autopapst?

Auch Ferdinand Dudenhöffer, Leiter des CAR-Instituts in Bochum, sieht die Neue Klasse als wichtigen Schritt in die Zukunft. Technisch besonders relevant seien die vier zentralen Steuergeräte, mit denen BMW zentrale Funktionen des Fahrzeugs steuert – von den Ingenieuren auch als «Superhirne» bezeichnet. Diese Technik lege das Fundament für zentrale Innovationen wie autonomes Fahren oder ein intelligentes Cockpit.

Ferdinand Dudenhöffer, Automobilexperte. 2017
Ferdinand Dudenhöffer wird auch als «Autopapst» bezeichnet.Bild: imago-images.de

Dudenhöffer zufolge wird die eigentliche Bewährungsprobe für die neue Plattform in China stattfinden. «Wenn BMW da die Trendumkehr schafft, ist das ein gewaltiger Sprung.» Entscheidend sei aber auch die Preisstrategie: «Wenn der Preis stimmt, kann es BMW schaffen, den Negativtrend in China umzudrehen.»

Auch die Neuvorstellung des elektrischen Mercedes GLC mit bis zu 700 Kilometern Reichweite und der ID. Polo von Volkswagen seien wichtige Schritte, um deutsche Produkte nicht nur in China wieder attraktiver zu machen. «Die Deutschen haben etwas zu zeigen in München – und darauf können wir stolz sein», so der Experte.

2028 soll das erste BMW-Serienfahrzeug mit Brennstoffzelle kommen
Wasserstoffautos gelten als leise Hoffnung für eine nachhaltige Mobilität. Ob sie jedoch den Elektroautos ernsthaft Konkurrenz machen können, ist bislang offen. Die Technologie steckt noch in den Kinderschuhen, und auch die Kosten sind hoch. Und trotzdem: Neben dem südkoreanischen Rivalen Hyundai hält auch BMW an der Zukunftstechnologie Wasserstoff fest.

2028 will BMW das erste Serienauto mit Brennstoffzelle auf die Strasse bringen. Die Entwicklungsarbeiten dafür laufen aktuell im Werk Steyr (Oberösterreich), wo die dritte Generation der BMW-Brennstoffzelle vorbereitet wird. Parallel dazu entstehen in München und Steyr Prototypen, die zeigen, wie kompakt und effizient der Antrieb künftig sein wird.

Die neue Brennstoffzellentechnologie entsteht in Zusammenarbeit mit Toyota. Sie soll leistungsfähiger sein, kompakter und ein Viertel kleiner als die aktuelle Generation. Dadurch lässt sie sich flexibler in Pkw- und Nutzfahrzeug-Architekturen einbauen. Die derzeitige Pilotflotte des iX5 Hydrogen nutzt noch die zweite Generation des Systems.

Mit dem Serienstart 2028 will BMW sein Angebot an emissionsfreien Antrieben ausbauen und die Brennstoffzellentechnologie in Europa voranbringen. Während andere Hersteller an hohen Kosten und der knappen Wasserstoffversorgung scheiterten, bleiben die Bayern optimistisch. Bislang zumindest.

Ein Problem bleibt jedoch bestehen: Der heute genutzte Wasserstoff stammt meist aus fossilen Quellen wie Erdgas oder Kohle. Das mindert die Umweltvorteile erheblich und wirft immer wieder Fragen auf: Wie grün ist Wasserstoff wirklich, solange er nicht regenerativ hergestellt wird? Und wie praxisnah ist die Technologie?

In drei Jahren soll es sich zeigen.

Quellen

  • Schriftliche Interviews mit Prof. Andreas Herrmann und Prof. Ferdinand Dudenhöffer
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und Reuters
  • t-online.de: BMW bringt Antriebs-Sensation

(t-online/dsc)

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14 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Phippo87
06.09.2025 05:32registriert November 2020
BMW redet 2025 immer noch von Brennstoffzellen? 🤦‍♂️ Die Technologie ist längst tot – viel zu teuer, ineffizient und ohne Ladenetz. Jede Investition darin ist rausgeschmissenes Geld 💸. Die Zukunft ist klar bei Batterie-E-Autos 🔋⚡️ – wer jetzt noch an Wasserstoff im Pkw glaubt, lebt gedanklich in den 90ern 📼.
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