Digital
Wissen

Fake News erkennen: Warum Bildung nicht vor Manipulation schützt

President Donald Trump waves as he arrives on Air Force One at Palm Beach International Airport in West Palm Beach, Fla., Friday, Feb. 7, 2025. (AP Photo/Ben Curtis)
US-Präsident Donald Trump verbreitete im Wahlkampf des Öfteren Fake News. So erzählte er, dass haitische Immigranten Katzen und Hunde gegessen haben sollen.Bild: keystone

Fake News erkennen: Warum Bildung nicht vor Manipulation schützt

Forschende des Max-Planck-Instituts haben untersucht, wer wie anfällig für Online-Fehlinformationen ist. Die Klischees zu Bildung und Alter bestätigen sich nicht.
10.02.2025, 20:02
Mehr «Digital»

Weltweit beziehen fünf Milliarden Menschen ihre Nachrichten über Soziale Medien. Fake News verbreiten sich darin rasant und haben einen erheblichen negativen Einfluss auf die politische Meinungsbildung – und damit vor allem auch auf Wahlen in demokratischen Ländern. Das WEF beurteilt Falsch- und Desinformation in ihrem Global Risk Report 2025 deshalb als grösstes kurzfristiges Risiko für die Welt.

Das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung hat deshalb nun in einer Metaanalyse Rohdaten von 31 zwischen 2006 und 2023 durchgeführten Experimenten ausgewertet, die das Thema Fake News untersucht hatten. Das Ziel: Herausfinden, wieso manche Menschen leichter auf Falschmeldungen hereinfallen als andere.

Global Risks report short and long term risks world economic forum 2025, wef

https://www.weforum.org/publications/global-risks-report-2025/digest/
Der Global Risk Report 2025 des World Economic Forums sieht bei der Bewertung von kurzfristigen Risiken Falsch- und Desinformation an erster Stelle.Bild: WEF

Die Metaanalyse untersuchte, welche Faktoren die individuelle Beurteilung von Fehlinformationen besonders beeinflussen.

Von wegen Digital Native

Die weitverbreitete Annahme, dass gut gebildete Personen Fehlinformationen besser von echten Informationen unterscheiden können, bestätigte die Metaanalyse nicht. So sei in der Analyse kein signifikanter Unterschied zwischen Personen mit verschiedenen Bildungsniveaus aufgetreten.

Ein weiteres überraschendes Ergebnis der Studie betrifft den Einfluss des Alters. Das Klischee, das ältere Personen eher auf Fake News reinfallen, konnte die Analyse nicht bestätigen. Ganz im Gegenteil: Laut Studie seien Personen zwischen 48 und 88 Jahren fähiger beim Erkennen von Fehlinformationen als jüngere Menschen.

Die Metaanalyse unterscheidet sich damit von anderen Studien, in denen festgestellt wurde, dass ältere Menschen häufiger Fehlinformationen verbreiten als jüngere.

Das Problem mit der Bubble

Einen erheblichen Einfluss auf die Beurteilung von Fehlinformationen hat laut der Metaanalyse jedoch die persönliche politische Zugehörigkeit. So stellte die Analyse der US-amerikanischen Studiendaten fest, dass Republikaner dazu tendierten, gefälschte Schlagzeilen häufiger als wahr zu beurteilen, während Demokraten deutlich skeptischer waren und Fake News häufiger als solche identifizieren konnten.

Icons for various social media apps, including Facebook, Instagram, X, Threads, and TikTok, are being displayed on a smartphone in this photo illustration taken in Brussels, Belgium, on January 22, 20 ...
Speziell auf Sozialen Medien tummeln sich Fake News.Bild: NurPhoto

Beide Gruppen, Republikaner wie auch Demokraten, seien laut Studie aber von der sogenannten «parteiischen Verzerrung» betroffen. Das beschreibt das Phänomen, dass man Falschinformationen, die die eigene politische Meinung bestätigen, eher als wahr beurteile als andere Falschnachrichten.

Zudem erzielten Menschen mit ausgeprägteren analytischen Fähigkeiten – also diejenigen, die Informationen besser logisch bewerten, Muster erkennen und Probleme auf systematische Weise lösen können – insgesamt bessere Ergebnisse und zeigten laut der Metaanalyse eine grössere Skepsis bei Falschnachrichten.

Und dennoch, Personen mit höheren analytischen Fähigkeiten zeigten eine höhere Anfälligkeit für das Phänomen der parteiischen Verzerrung. Laut Studienautoren sei dies als «motivierte Reflexion» bekannt: Ein kognitiver Prozess, bei dem analytisches Denken in Konflikt mit der eigenen Urteilsfähigkeit tritt, um tief verwurzelte Überzeugungen, Werte oder politische Zugehörigkeiten zu bewahren und zu schützen.

Die Macht der Vertrautheit und Wiederholung

Der stärkste Einflussfaktor war jedoch die sogenannte Vertrautheit: Die Teilnehmenden hielten Nachrichten, die sie schon einmal gesehen hatten, eher für wahr – unabhängig von deren Korrektheit.

Dies verdeutlicht laut Autoren die Gefahr einer wiederholten Exposition gegenüber Falschnachrichten. Wenn Falschinformationen häufig auf verschiedenen Kanälen verbreitet werden, steigt ihre Glaubwürdigkeit, selbst wenn sie bereits widerlegt wurden. Besonders problematisch ist dieser Effekt in sozialen Medien, wo Algorithmen dazu neigen, Inhalte zu bevorzugen, mit denen Nutzer zuvor bereits interagiert haben.

Besonders in Anbetracht des wachsenden Rechtspopulismus seien laut den Autoren deshalb die Erkenntnisse der Metaanalyse von immenser Wichtigkeit. Die Ergebnisse sollen helfen zu identifizieren, wie Fehlinformationen in verschiedenen demografischen Gruppen am besten bekämpft werden können.

Was kann man gegen Fake News tun?

Mitautor Ralf Kurvers vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung betont, dass besonders in der Schule Massnahmen nötig seien: «Die Ergebnisse unterstreichen die dringende Notwendigkeit, Medienkompetenz und kritisches Denken frühzeitig in die Schulcurricula zu integrieren. Jüngere Erwachsene, die als ‹Digital Natives› gelten, waren weniger in der Lage, zwischen wahren und falschen Nachrichten zu unterscheiden.»

Darüber hinaus müssen Interventionen gegen Fehlinformationen die Effekte von Vertrautheit und politischer Voreingenommenheit berücksichtigen – insbesondere in sozialen Medien, wo diese Mechanismen verstärkt wirken. Die Studienautoren schlagen deshalb vor, dass effektive Strategien auf gemeinsame Werte setzen und einen respektvollen Dialog über politische Grenzen hinweg fördern sollten.

Die Metaanalyse ist Teil einer umfassenderen Initiative des Forschungsbereichs Adaptive Rationalität am Max-Planck-Institut, die untersucht, wie digitale Umgebungen politisches Verhalten und Einstellungen beeinflussen. Ein Forschungsteam des Instituts hat eine Toolbox vorgestellt, die Menschen dabei helfen soll, Fehlinformationen besser zu erkennen und zu bekämpfen. (ear)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Die besten schlechtesten Fälschungen aus aller Welt
1 / 54
Die besten schlechtesten Fälschungen aus aller Welt
Hoffen wir mal für Mr. Mahmoud, dass das keine Anzeige gab.
Auf Facebook teilenAuf X teilen
«Deep Fakes» – zwischen Gefahr und Chance
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
11 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
[CH-Bürger]
11.02.2025 00:18registriert August 2018
umso wichtiger sind unabhängige Berichterstattungen, saubere Recherchen und wissenschaftliche Beiträge!
Sowas KANN nur auf einem staatlichen Kanal erfolgen - alle Privatsender sind entweder politisch motiviert oder monetär angetrieben/abhängig (oder beides)!!

-> für eine starke staatliche und unabhängige Medien-Institution! 🤞🏻🍀
415
Melden
Zum Kommentar
11
    Forscher entdecken Mikroplastik im Gehirn – diese Menschen sind besonders betroffen
    Im Blut, in der Lunge, Plazenta, Muttermilch - und nun auch im Gehirn: Mikroplastik ist überall. Eine neue Studie bringt die winzigen Partikel sogar mit Demenz in Verbindung. Gefahr oder Fehlalarm? Ein Experte ordnet ein.

    «Alarmierend», «schockierend», «Füllt sich mein Gehirn mit Plastik?»: So oder ähnlich lauteten die Reaktionen auf eine kürzlich in «Nature Medicine» veröffentlichte Studie. Selten hat eine wissenschaftliche Arbeit für so viel Aufsehen gesorgt. Von den mehr als 260'000 im gleichen Zeitraum publizierten Studien erhielten nur wenige mehr Aufmerksamkeit.

    Zur Story