Kritische Äusserungen über den amtierenden US-Präsidenten Donald Trump können tatsächlich dazu führen, dass man nicht ins Land einreisen darf. Es gibt aber auch diverse andere Gründe, warum die Durchsuchung der eigenen Geräte an der US-Grenze schmerzliche bis verheerende Folgen haben kann. Dieser Artikel versucht, die wichtigsten Fragen dazu zu beantworten.
Die internationalen US-Flughäfen und die US-Grenzübergänge (vor allem zu Mexiko und Kanada) sind seit vielen Jahren ein Ort, an dem Ausländerinnen und Ausländer quasi rechtlos sind. Und auch für die eigenen Staatsangehörigen sind die Bürgerrechte eingeschränkt.
Verantwortlich für die weitreichenden Kontrollen von USA-Reisenden ist die Customs and Border Protection (CBP), eine der grössten Strafverfolgungsbehörden der Welt. Ihre Beamten können übrigens auch noch nach dem erfolgreichen Passieren der eigentlichen Grenzkontrolle im Landesinnern «zuschlagen».
Der amerikanische Zoll und Grenzschutz nutzt seinen grossen gesetzlichen Spielraum, um Reisende willkürlich zu befragen und während längerer Zeit festzuhalten. Die Beamtinnen und Beamten dürfen alle mitgeführten elektronischen Geräte durchsuchen. Lokal gespeicherte Daten werden bei Bedarf kopiert, etwa um verschlüsselte Festplatten zu knacken, und sie dürfen in nicht näher spezifizierten Verdachtsfällen für Ermittlungen an andere US-Behörden weitergegeben werden.
Die US-Regierung hat über 100 Millionen in ein Bundesprogramm zur Überwachung der Social-Media-Aktivitäten von Immigranten und ausländischen Besuchern investiert und diesem Programm nach massiven Protesten einen verharmlosenden Namen gegeben.
Das Ganze lief schon unter Trumps Vorgängern. Doch unter dem aktuellen US-Präsidenten, der offen auf Rechtspopulismus und Fremdenhass setzt, sind die schikanösen Grenzkontrollen riskanter denn je. Dies musste etwa ein französischer Wissenschaftler herausfinden, dem Trump-kritische Äusserungen in einem Chat zum Verhängnis wurden. Die Einreise wurde ihm verweigert.
Der US-Bürgerrechtler Nathan Wessler von der American Civil Liberties Union (ACLU) sprach gegenüber «Wired» von «ausserordentlich beunruhigenden Beispielen». Von Vergeltungsmassnahmen aufgrund missliebiger Äusserungen und politischer Meinungen.
Der hier schreibende watson-Redaktor hat sich schon 2017 – während Donald Trumps erster Amtszeit als US-Präsident – mit dem Problem befasst. Denn auch damals häuften sich die Meldungen über willkürliche und übergriffige Kontrollen an den US-Grenzen.
Und schon damals warnten wir:
Fachleute für Datenschutz und Datensicherheit raten allen USA-Reisenden, vorab eine persönliche Risikobewertung vorzunehmen. Dazu gehört:
Bereits vor dem Reiseantritt sollte man sich auch überlegen, wie man im schlimmsten Fall reagiert: Folgt man der Aufforderung des mehr oder weniger freundlichen Beamten, das Handy mitsamt allen darauf gespeicherten Informationen durchsuchen zu dürfen?
Wer davon ausgeht, bei der Einreise in die USA Probleme zu bekommen, sollte vorab am besten einen US-Anwalt kontaktieren und genauestens instruieren.
Das «Wired»-Magazin rät Reisenden:
PS: Paranoide sollten sich vorab überlegen, ob die US-Behörden über Umwege an belastende Informationen gelangt sein könnten, die im schlimmsten Fall eine Ermittlung auslösen. Zum Beispiel könnte ein Freund bei einer früheren Geräte-Durchsuchung an einem US-Flughafen ungewollt kompromittierende Daten über einen selbst preisgegeben haben. Und dies könnte dann bei der eigenen Einreise einen «Treffer» ergeben.
Die CBP kann bei mitgeführten Geräten grundsätzlich zwei verschiedene Durchsuchungen durchführen:
In den offiziellen Erklärungen auf der CBP-Website steht zwar nicht ausdrücklich, dass Flugpassagiere und andere Reisende ihre Passwörter herausgeben müssen, damit die Kontrolleure auf die Geräte und die entschlüsselten Daten darauf zugreifen können. Wer sich weigert, muss allerdings mit grösserem Ärger rechnen:
Wie «Wired» schreibt, haben US-Gerichtsurteile den Zugriff von CBP-Beamten auf Geräte in verschiedenen US-Bundesstaaten eingeschränkt. Es bestehe jedoch kaum eine Garantie dafür, dass dies in der Praxis eingehalten werde, wenn Grenzbeamte den Computer oder das Handy unbeaufsichtigt in Gewahrsam haben.
Das «Wired»-Magazin hat mehrere Fachleute zu den Themen Datenschutz und Datensicherheit befragt und kam schon 2017 zur beunruhigenden Erkenntnis, dass selbst die besten Abwehrmassnahmen vielleicht nichts nützen. Dies «angesichts der unvorhersehbaren – und vielerorts undokumentierten – Praktiken des CBP».
Während die CBP nach eigenen Angaben nur etwa 47'000 Geräte der 420 Millionen Menschen durchsuchte, die 2024 die US-Grenze überquerten, erklärten Experten, mit denen der «Guardian» sprach, dass solche Kontrollen unter Trump unvorhersehbar seien.
Selbst «die harmlosesten Reisegründe» könnten dazu führen, dass Nicht-Staatsbürger solchen Gerätedurchsuchungen unterzogen werden, sagt Sophia Cope, Juristin der Electronic Frontier Foundation (EFF), einer gemeinnützigen Organisation für digitale Rechte.
In einem EFF-Ratgeber zum Thema steht:
Der logische Schluss daraus:
Einige Sicherheitsexperten empfehlen gemäss «Wired», Zweitnamen zu erstellen, also quasi Tarnidentitäten, die man den Kontrolleuren anbieten könne, während man ein sensibleres Konto geheim halte. Dies sei allerdings wiederum ein ziemlich riskantes Unterfangen:
An den US-Grenzen gelten offizielle Richtlinien, die den Kontrolleuren die Durchsuchung von Online-Cloud-Diensten grundsätzlich verbieten.
Auf der CBP-Website heisst es dazu:
Weiter wird versprochen, dass CBP-Beamte vor dem Beginn einer einfachen oder erweiterten Durchsuchung eines Geräts sicherstellen würden, dass alle Daten- und Netzwerkverbindungen deaktiviert sind.
Wer kein separates Reisegerät in Betrieb nehmen könne, sollte sich von Apps und Cloud-Diensten wie Google Drive oder Microsoft One Drive abmelden, empfiehlt die EFF. Denn sonst könnten allzu neugierige Grenzbeamte versucht sein, auf Dokumente oder Daten zuzugreifen, die eigentlich nur extern gespeichert sind.
Zuletzt hat die niederländische Regierung eine neue Warnung an ihre Bürgerinnen und Bürger herausgegeben, die eine Reise in die USA planen. Und diese Warnung richtet sich speziell an schwule, lesbische und transsexuelle Menschen sowie alle, die einer geschlechtlichen oder sexuellen Minderheit angehören.
In der vergangenen Woche hatte Deutschland seine Reisehinweise für die USA aktualisiert, nachdem drei deutsche Staatsbürger trotz Einhaltung der offiziellen Verfahren an der Grenze festgenommen worden waren. Nun wird gewarnt, dass die CBT auch deutschen Staatsbürgern die Einreise verweigern könne, die ein Visum oder eine ESTA-Genehmigung erhalten haben.
Auch Grossbritannien warnt inzwischen Reisende, dass sie die amerikanischen Einreisebedingungen zwingend einhalten müssten, sonst drohe Inhaftierung.
Seit Trumps Rückkehr ins Weisse Haus akzeptieren die US-Behörden nur noch die Geschlechtsangabe männlich oder weiblich. Dies kann Folgen für Antragsteller haben, die eine ESTA-Einreisegenehmigung für Kurzaufenthalte oder ein Visum beantragen.
Update: Portugal hat seine Reisehinweise für die USA aktualisiert, um den verschärften Einreisebedingungen «und Änderungen bei der Geschlechtsanerkennung Rechnung zu tragen». Das portugiesische Außenministerium bestätigte die Änderungen in einer Erklärung gegenüber dem Nachrichtenmagazin «Newsweek».
Bundesbern hat bislang auf eine Anpassung der Reisehinweise für die Vereinigten Staaten verzichtet.
Oder zumindest wie man sich den “Empfang“ in einem autoritären Staat vorstellt.