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Frau Meier steht im Schatten, Frau Kidman steht im Licht

Bild: Simone Meier
Mein Cannes-Tagebuch (1)

Frau Meier steht im Schatten, Frau Kidman steht im Licht

14.05.2014, 16:5723.06.2014, 09:56
Simone Meier
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Cannes hat nun also endlich begonnen, bei prächtigem Wetter und einen ganzen Tag lang mit nur einem einzigen Superstar, nämlich Nicole Kidman. Manche finden sie ja eine der schönsten Frauen der Welt (ich und mein Liebesleben, wie schön, wenn man sich nicht nur in kulinarischen, sondern auch in ästhetischen Dingen einig ist), andere halten sie für eine der überschätztesten Schauspielerinnen überhaupt (ich will nicht sagen, der Rest der Welt, aber oft läuft es darauf hinaus).

Ich finde: Man müsste ihr mal ein Mail schreiben und ihr anbieten, sie bei der Rollenauswahl zu beraten. Meinetwegen auch gern gratis. Womit ich jetzt aber noch gar nichts über «Grace of Monaco» gesagt hab, den Eröffnungsfilm, den sich die ganze monegassische Fürstensippschaft integral NICHT in Cannes ansehen will. Was Nicole Kidman enorm traurig macht («I am sad.»). Der «Guardian» jedenfalls hat geschrieben, der Film sei eine «atemberaubende Katastrophe».

Am Mittwochmittag jedenfalls war Nicole Kidman sehr schön und ich habe es geschafft, den Auftrag meiner Redaktion zuhause in Zürich zu erfüllen und ein Foto von ihr zu machen. Durch eine dreckige Glasscheibe hindurch. Was man gar nicht sieht: Wieviel Schmuck die auch tagsüber trägt! Schätzungsweise ein Kilo Diamanten. Was man aber trotzdem sieht: Die Frau ist viel grösser als jeder Mann, und die Minderwertigkeitskomplexe von Tom Cruise früher müssen riesig gewesen sein. Auch ihr aktueller Mann ist ja kleiner als sie, ungefähr so, wie Fürst Rainier von Monaco kleiner war als Grace Kelly. Nicole Kidman sagt über ihre Ehe: «Ich bin mit einem Prinzen verheiratet.» Ich glaube, sie ist eine Nette, so privat.

Nicole Kidman, ganz in Weiss, überragt jeden Mann.
Nicole Kidman, ganz in Weiss, überragt jeden Mann.Bild: Simone Meier

Die Redaktion in Zürich hat mir auch befohlen, sogenannte «Selfies» zu machen, also narzisstisch total prekäre Selbstbilder. Ich hab einen Nachmittag damit verbracht und jetzt ist es mir auch schon wieder verleidet, bis ich mit so einem Selfie nämlich zufrieden bin, braucht es entweder Glück, eine hübsche Palme im Hintergrund, die von mir ablenkt, oder dermassen viele Apps für die schönheitschirurgische Optimierung, dass es mir echt zu blöd ist. Ich bin doch kein Star! 

Frau Meier steht im Schatten, Frau Kidman steht im Licht, das hat schon seine Richtigkeit. Aber die Augen, auf die Sie klicken mussten, um zu diesem Artikel zu gelangen, die gehören im Fall mir und nicht Nicole Kidman. Und ich habe dafür auch nur die Make-Up-App «CreamCam» und die Künstler-App «BlackWhiteStudio» und ungefähr eine Stunde Bastelarbeit gebraucht. Aber wenn Sie jetzt nicht alle nach viel mehr Selfies schreien, dann würde ich die kleine Narzissmus-Fabrik allmählich still legen.

Haben Sie gewusst, dass die Bevölkerung von Cannes über fünfmal kleiner ist als die von Zürich? Also ein reguläres Kaff? Aber ich bin Cannes deswegen nicht böse, denn in den wenigsten Käffern der Welt sieht ein leer gegessener Teller so aus wie hier:

Bild
Bild: Simone Meier

Dass ich die Austern vielleicht besser nicht hätte essen sollen, weil es sich beim Monat Mai ja nicht um einen Monat mit einem «R» im Namen und also einer grundsätzlich austerngemässen Temperatur handelt, das ist mir erst heute Morgen in den Sinn gekommen. Aber da war's definitiv zu spät. Und passiert ist mir nichts, es ist kein Noro-Virus über die Austern in mich hineingekrochen oder so.

Apropos Cannes und Zürich: Der Direktor des Filmfestivals hat sich am Dienstagabend ja aus Schweizer Sicht sofort diskreditiert! Das Schweizer Fernsehen bat ihn um Worte des Beileids zum Tod von H.R. Giger. Und Thierry Frémaux antwortete darauf, er könne dazu nichts sagen, er kenne diesen Herrn Giger nicht. Wie weh das tut! Mein Lieblingszitat des ersten Festivaltags kommt dafür von Mathieu Amalric (der mal ein Bond-Bösewicht war): «Französische Schauspieler fühlen sich dazu verpflichtet, intelligent zu wirken.»

Und jetzt bin ich gespannt. Zum Beispiel darauf, wie intelligent Monsieur Amalric selbst so wirkt. Und wie sich der Vollmond auf das Festival auswirkt. Der ist nämlich heute. Gestern war er erst zu 98,7 Prozent voll. Auch dafür gibts eine App...

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