Prorussische Milizionäre in der ostukrainischen Stadt Slawjansk haben am Sonntag die gefangenen Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bei einer Medienkonferenz vorgeführt.
Acht Männer, die alle offenbar unverletzt waren, wurden durch die Aufständischen in einen Saal eines besetzten Gebäudes geführt, in dem rund 60 Journalisten versammelt waren. Die Beobachter waren am Freitag zusammen mit fünf ukrainischen Soldaten gefangen genommen worden.
«Wir sind Gäste von Ponomarjow. Wir sind keine Kriegsgefangenen», sagt Axel Schneider, Chef der festgesetzen OSZE-Militärbeobachter, laut «Spiegel Online». Alle seien in guter Verfassung. Zunächst seien alle in einem Keller untergebracht worden, nun halten sie sich in einem Raum mit Tageslicht auf.
Nach der Festsetzung der OSZE-Beobachter haben die prorussischen Separatisten nach eigenen Angaben auch mehrere «Agenten» der Regierung in Kiew in ihre Gewalt gebracht. Die Aktivisten präsentierten am Sonntag im russischen Staatsfernsehen drei geknebelte Männer. Die Männer hätten angeblich einen moskautreuen Funktionär entführen wollten, hiess es.
Die vermeintlichen Offiziere der Antiterroreinheit «Alfa» seien bei ihrer Kommandoaktion aufgeflogen, sagte einer der Protestführer in Slawjansk. Die Männer sollen gegen inhaftierte Gesinnungsgenossen ausgetauscht werden.
Die Separatisten halten weiter mehrere OSZE-Beobachter in der Gewalt. Eine Delegation der OSZE will am Sonntag mit prorussischen Aktivisten in der Ostukraine über ihre Freilassung verhandeln. Die Separatisten sind zu Gesprächen mit den OSZE-Vertretern bereit, stellen aber Bedingungen.
Für die Aktivisten in Slawjansk habe derzeit ein Austausch der Gruppe mit inhaftierten Gesinnungsgenossen Vorrang, sagte der selbst ernannte Bürgermeister Wjatscheslaw Ponomarjow am Samstag.
Den «Festgenommenen» gehe es gut. Ein Mann leide unter Diabetes, werde aber versorgt, sagte Ponomarjow. Er erhob erneut Vorwürfe gegen die Gruppe. «Sie haben gesagt, sie wollten sich Sehenswürdigkeiten anschauen, dabei hatten sie Kartenmaterial dabei – wie eben Spione.»
In Slawjansk präsentierte Separatistenführer Puschilin die Ausweise und Erkennungsmarken der festgesetzten Militärbeobachter. «In der Delegation waren auch ukrainische Offiziere – wir beabsichtigten, sie gegen Pawel Gubarew und andere Gefangene einzutauschen», sagte er. Der moskautreue Politiker Gubarew sitzt derzeit wegen «Separatismus» in Kiew in Untersuchungshaft.
Auf der Suche nach einer Lösung telefonierten die Aussenminister Sergej Lawrow und John Kerry miteinander. Russlands Chefdiplomat Lawrow habe seinen US-Kollegen aufgefordert, bei der ukrainischen Regierung für eine Freilassung inhaftierter prorussischer Protestführer zu werben. Das teilte das Aussenamt in Moskau mit.
Im Rahmen der diplomatischen Bemühungen telefonierte Lawrow auch mit Didier Burkhalter in dessen Funktion als Chef der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, hiess es in Moskau. Dabei habe der Schweizer Bundespräsident zugesagt, dass OSZE-Vertreter Gubarew im Gefängnis in Kiew besuchen würden.
Festgehalten werden in Slawjansk drei Bundeswehroffiziere und ein deutscher Dolmetscher sowie je ein militärischer Beobachter aus Tschechien, Schweden, Dänemark und Polen. Begleitet wurden sie von mehreren ukrainischen Soldaten, die ebenfalls in der Gewalt der Separatisten sind.
US-Präsident Barack Obama hat erneut Russland für die Krise im Osten der Ukraine verantwortlich gemacht. Er fordert deshalb eine angemessene und gemeinsame Antwort von Europa und den USA. Russland müsse die «Destabilisierung» der Ukraine sofort einstellen, forderte Obama am Sonntag während eines Staatsbesuchs in der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur.
Die Führung in Moskau habe «nicht einen Finger gerührt», um prorussische Separatisten im Zaum zu halten – vielmehr gebe es deutliche Anzeichen dafür, dass sie deren Aktivitäten ermutigt habe. Die USA und Europa bereiten derzeit weitere Sanktionen gegen Russland vor, die möglicherweise schon am Montag angekündigt werden.
Die Rede ist von Kontensperrungen und Reisebeschränkungen für einflussreiche Russen. Darüber hinausgehende Sanktionen gegen einzelne Branchen der russischen Wirtschaft würden davon abhängen, ob sich die USA und Europa auf eine gemeinsame Position einigen könnten, erklärte Obama weiter. (pbl/afp/sda)