Was zuerst mehrere lokale und unabhängige Quellen aus Tanzania unter Berufung auf Regierungsdokumente gegenüber dieser Zeitung angaben, bestätigte um ca. 22 Uhr (Schweizer Zeit) die Vize-Präsidentin Tanzanias: Der bisherige Präsident John Pombe Magufuli (61) ist tot.
In einer eiligst organisierten Ansprache auf dem staatlichen Nachrichtensender TBC erklärte Vize-Präsidentin Samia Suluhu Hassan, dass Magufuli am Mittwoch um 18 Uhr Ortszeit in einem Spital in der Hauptstadt Dar es Salaam verstorben sei. Als Todesursache wurde eine «Komplikation mit dem Herz» angegeben.
Bereits seit Tagen spekulierten die Presse und die Opposition, wo sich das sonst immer sehr präsente Staatsoberhaupt, Magufuli trug wegen seiner Art und seines Umgangs den Übernamen «Bulldozer», denn aufhalte. Seit Ende Februar war nichts vom Präsidenten zu sehen und Regierungssprecher lieferten nur sehr ausweichende Erklärungen ab.
Zwar mag das Land nun Gewissheit über den Verbleib seines Präsidenten haben, über die wirkliche Todesursache herrscht jedoch Uneinigkeit. Bereits vor einigen Tagen gaben verschiedene Oppositionspolitiker an, dass ihnen Hinweise vorliegen würden, dass Magufuli schwer an Corona erkrankt sei und in Kenya behandelt werde. Dies wurde wenig später auch von mehreren kenyanische Medien berichtet, die angaben, dass sich Magufuli in einem Privatspital in Nairobi in Behandlung befinde.
Gleiches bestätigt nun auch eine kenianische Journalistin, die in Tanzania arbeitet, gegenüber CH Media. Es würden verschiedenste Hinweise vorliegen, die andeuten, dass Magufuli an einem schweren Coronavirus-Verlauf verstorben sei. Die Regierung bestätigte diese Berichte bis anhin jedoch nicht.
Zudem dürften Medien in Tanzania darüber nur sehr vorsichtig und regierungsnahe berichten, da unter dem bisherigen Präsidenten nationale sowie ausländische Journalisten oder Angestellte von Hilfsorganisationen, die sich regierungskritisch äusserten, verfolgt, verhaftet und bestraft wurden.
Sollte Magufulis Tod tatsächlich auf das Coronavirus zurückzuführen sein, wirft dies einen neuen Blick auf die Corona-Lage im Land. Die Regierung versuchte seit Beginn der Pandemie die Gefahr herunterzuspielen und erklärte im Juni nach einem dreitägigen Staatsgebet, dass das Land nun coronafrei sei. Die Menschen sollten beten und der lokalen Medizin vertrauen, sagte Magufuli. Auch Impfstoffe aus dem Westen seien komplett nutzlos, Masken würden nichts bringen und Lockdown-Massnahmen seien ebenfalls nicht notwendig.
Davon profitiert vor allem der Tourismus: Die Grenzen wurden geöffnet und auf der Ferieninsel Zanzibar – ein weitgehend autonomes Territorium Tanzanias – wurden massenweise Charterflüge angeboten. Auch aus der Schweiz kommend. Doch dass das Virus weiterhin grassierte, zeigte sich in den Infektionszahlen der Reiserückkehrer. Diese waren so hoch, dass Grossbritannien die Einreise von Personen verbot, die in Tanzania waren und die Gesundheitsbehörde Omans erklärte, dass 18 Prozent der ankommenden Reisenden aus Tanzania mit Corona infiziert seien.
Trotzdem gibt es Landesweit in Tanzania weder Quarantäneregeln, Beschränkungsmassnahmen oder überhaupt Corona-Tests. Die Zahl der Infizierungen ist seit dem 28. April 2020 gleich hoch: 509. An diesem Tag im letzten Jahr liess Magufuli die Corona-Tests im staatlichen Labor einstellen, nachdem von 652 getesteten Verdachtsfällen 76 Prozent positiv waren. 21 Todesfälle soll es bisher gegeben haben.
Um zu beweisen, dass die von der WHO zertifizierten Coronavirus-Tests nicht funktionieren, liess der Präsident Tanzanias eine Papaya, eine Ziege und Öl auf Coronavirus testen. Alle Tests waren positiv – so sagt es zumindest die Regierung. Als Reaktion wurde die Leiterin des nationalen Labors entlassen und das einzige Testlabor im Land geschlossen. Seit diesem Tag gibt es Corona in Tanzania offiziell nicht mehr.
Doch während der letzten Wochen und Monate häuften sich Berichte, dass Krankenhäuser überfüllt seien, Tote nicht mehr richtig bestattet werden könnten und die Lage im Land sehr angespannt sei.
Die WHO erklärte im Herbst, dass die Situation in Tanzania «sehr besorgniserregend» sei und die US-Botschaft in Dar es Salaam gab mehrfach Depeschen an das US-Aussenministerium heraus, die dieser Zeitung vorliegen, in welcher die Botschaft die Situation als «aus dem Ruder laufend» bezeichnete: «Die Spitäler in Dar es Salaam wurden komplett überrannt und überwältigt.»
Die Versorgung in den Spitälern sei wegen der Corona-Pandemie mittlerweile lebensgefährlich schlecht und die Chance, in den Strassen von Dar es Salaam an Coronavirus zu erkranken sei «extrem hoch». «Alle Hinweise deuten darauf hin, dass sich die Situation in Tanzania weiterhin exponentiell schnell verschlechtert».
Gegenüber der Nachrichtenagentur AFP bestätigte dies auch ein leitender Arzt in einem Krankenhaus in Dar Es Salaam: «Covid-19 tötet die Leute, und wir sehen viele Fälle, aber wir können nicht über die Krankheit sprechen.» Mehrere Krankenhäuser sollen Covid-Patienten abgelehnt haben, weil es keine freien Betten mehr gibt.
Dieser Eindruck bestätigte sich Mitte Februar als Maalim Seif Sharif Hamad, der Vizepräsident der teilautonomen Insel Zanzibar, an einer Krankheit verstarb, die es in Tanzania ja eigentlich gar nicht gibt: an Covid-19, wie seine Familie bestätigte. Der 77-Jährige ist nicht der erste aber der bisher bekannteste Politiker, der in einem Land tödlich erkrankte.
Er selbst habe die Krankheit immer ernst genommen und warnte auch davor, sagte seine Familie. Doch an seiner Beerdigung in Zanzibar City nahmen tausende Menschen, dicht gedrängt und grösstenteils ohne Masken, teil: Zu tief sitzt der Glaube in der breiten Bevölkerung, dass ihr Land durch Gebete und alternative Medizin vom Virus verschont werde.
Sollten sich die Hinweise nun aber tatsächlich bestätigen, wonach Präsident John Pombe Magufuli an einem schweren Coronavirus-Verlauf verstorben ist, mag dies vielen Menschen im Land die Augen öffnen – und die kommissarische Staatschefin Samia Suluhu Hassan zum Umlenken der nationalen Corona-Politik führen. Für Tanzania und seine Bevölkerung ist es zu hoffen. Denn, wie ein ranghohes Parteimitglied erklärte: «Die Regierung lässt ihr Volk im Stich. Wir müssen den Kurs ändern, ich bin es leid, auf Beerdigungen zu gehen.» (aargauerzeitung.ch)
Für die Schweiz fordern sie übrigens immernoch den Magufuli-Kurs: Keine Tests mehr und keine Massnahmen, die Pandemie sei eh nur erfunden.
Seit kurzem hofiert die svp Prominenz irre Alternativjournalisten (das ist so wie alternative Faktion) wie den stricker tv.