Am 4. Januar 2023 starb das kenianische Model Edwin Kiprotich Kiptoo alias Edwin Chiloba. Er wurde ermordet, in eine Metallkiste gepackt und am Strassenrand entsorgt.
Videos in den sozialen Medien zeigen, wie die Kiste geöffnet auf der Strasse in der Nähe der westkenianischen Stadt Eldoret steht – und der Leichnam im Staub daneben liegt.
Sterben musste der 25-Jährige wohl, weil er einer der bekanntesten LGBTQI-Aktivisten Kenias war.
Chiloba ist an Sauerstoffmangel gestorben. In seinem Mund befanden sich drei Socken und um sein Gesicht war eine Jeans gewickelt, wie der Pathologe Johansen Oduor am Mittwoch nach einer Autopsie mitteilte. Verletzungen habe der Leichnam nicht aufgewiesen.
Oduor wies somit indirekt ein Gerücht zurück, das in den sozialen Medien kursiert, dass Chilobas Augen ausgestochen worden sein sollen.
His killing was uncouth, uncalled for and violating human rights. His name is Edwin Chiloba an activist & a high fashion model that was murdered for who he is and just existing. We can’t keep silent while #LGBTQIA folks are murdered in Kenya just for existing. #JusticeforChiloba pic.twitter.com/s1qXYPHPOt
— Esther Kimani (@KelsieKim) January 6, 2023
Weltweit haben Menschenrechtsgruppen den Mord mit der sexuellen Orientierung von Chiloba in Verbindung gebracht, denn dieser war homosexuell. Der UN-Menschenrechtsbeauftragte, Volker Türk, zeigte sich am Samstag «erschüttert» über den Tod des jungen Mannes.
Shaken by the murder of human rights advocate #EdwinChiloba, fills me with deep sadness, standing in solidarity with #LGBTQI+ activists around the world. Urgent need to redouble efforts for their protection. pic.twitter.com/LNvGbDIJfU
— Volker Türk (@volker_turk) January 7, 2023
In Kenia selber geht die Polizei anscheinend von einem Beziehungsdrama aus. Es wurden bereits fünf Personen im Zusammenhang mit dem Mord verhaftet. Unter den Verhafteten befindet sich auch Jacktone Odhiambo, der langjährige Freund Chilobas.
Laut einem Ermittler von der Polizei von Langas gilt Odhiambo als Haupttäter im Mordfall Chilobas: «Sie waren ein Paar und lebten zusammen. Es war ein Verrat von einem von ihnen.» Vor Gericht stritten Odhiambo und die anderen Beschuldigten ab, etwas mit dem Mord zu tun zu haben.
Auf Videos ist zu sehen, wie Chiloba kurz vor seinem Tod ausgelassen in einem Club feiert. Die Polizei teilte mit, dass sie noch Zeit brauche, um die Videos auszuwerten – und auch das Auto, in dem die Leiche wohl transportiert worden war, sei noch nicht von der Gerichtsmedizin untersucht worden.
In mehreren Medien wird das Ehepaar Pfaltzgraff aus den USA als «geistige Adoptiveltern» Chilobas genannt. Die Missionare sollen Chilobas Träume unterstützt haben, Modedesigner zu werden.
Chiloba zog dann 2019 auch von Nairobi nach Eldoret, wo er Mode studierte. Von dort führte er seine eigene Bekleidungsmarke namens ChilobaDesigns. Gleichzeitig erlangte er Bekanntheit durch sein Engagement für die kenianische LGBTQI-Community.
Mary Lize Biubwa, eine Freundin von Chiloba und Mitbegründerin der LGBTQI-Menschenrechtsgruppe Queer Republic, sagte der «Washington Post», dass Chiloba im vergangenen Jahr bereits zweimal angegriffen worden sei aufgrund seiner sexuellen Orientierung. Trotzdem sei er immer «voller Leben» gewesen.
Erst letzten Monat schrieb Chiloba auf Instagram, dass er immer für Inklusion kämpfen werde:
Homosexualität ist in Kenia absolut tabu – genau wie in weiten Teilen Afrikas. Gleichgeschlechtlicher Sex kann im mehrheitlich konservativ-christlichen Kenia mit bis zu 14 Jahren Haft bestraft werden.
Erst im Mai 2019 lehnte Kenias High Court die Aufhebung der diskriminierenden Paragrafen im Gesetz ab. Und diese Haltung wird von der obersten politischen Etage Kenias unterstützt: Der kürzlich gewählte Präsident, William Ruto, hat in Interviews erklärt, dass Homosexualität nicht mit christlichen Werten übereinstimme. Obwohl das Gesetz nur selten durchgesetzt werde, trage es zu einem «Klima der Diskriminierung und Gewalt» bei, so Human Rights Watch.
Biubwa bemerkte dazu, dass sie nach dem Angriff um die Sicherheit der gesamten LGBTQI-Community Kenias fürchte:
Der Mord an Chiloba ist nicht das erste Verbrechen in Kenia an einer LGBTQI-Person, das international Erschütterung auslöst und die kenianische queere Community verunsichert. So gelten mindestens drei Morde weiterhin als ungeklärt, nämlich die an Sheila Lumumba, Erica Chandra und Joash Mosoti. Sie alle setzten sich genau wie Chiloba für die Rechte sexueller Minderheiten ein.
Sheila Lumumba was raped & murdered by 6 men who broke into Sheila’s house
— 🅿🅰🅽 🅰🅵🆁🅸🅲🅰🅽🅾 (@PanAfricology) April 27, 2022
Too many queer Kenyans are killed with no accountability for perpetrators
We condemn all forms of violence against LGBTQ. Queer ppl deserve 2thrive without fear of being persecuted#JusticeForSheila #BLM pic.twitter.com/9sQ29BnxqL
Mehrere Menschenrechtsorganisationen – darunter Amnesty International und die kenianische Menschenrechtskommission – gaben ein gemeinsames Statement heraus, in dem sie Kenia auffordern, den Mord an Chiloba ernsthaft zu untersuchen und auch die unaufgeklärten Morde weiterzuverfolgen.
No human life is worth less than anothers. Everyone has a right to dignity, respect and protection under Article 26 of the Constitution. We demand speedy investigations into the brutal murder of Edwin Chiloba, an #LGBTQ+ Activist.#JusticeForEdwinChiloba pic.twitter.com/aJYi44YxU6
— Amnesty Kenya (@AmnestyKenya) January 6, 2023
Der Richter, der die Verdächtigen im Mordfall Chilobas befragte, ordnete an, dass alle fünf bis zum 31. Januar weiter festgehalten werden dürften. Dann sollen sie erneut vor Gericht treten.