Trumps Lautsprecher sorgt für Chaos – vor allem in der eigenen Partei
Matt Gaetz ist der Sohn einer reichen und einflussreichen Familie in Florida. 2010 wurde er Abgeordneter im Kongress von Florida, 2017 schaffte er den Sprung auf die nationale Bühne und sitzt seither im Repräsentantenhaus, wo er Mitglied des Freedom Caucus ist, dem extrem rechten Flügel der Grand Old Party.
Nicht einmal in der eigenen Partei ist Gaetz sonderlich beliebt. Er ist der Prototyp eines reichen Herrensöhnchens, der sich nicht nur viel erlaubt, sondern auch noch damit prahlt. So musste ihn sein Vater einst wegen eines FIAZ-Vergehens aus der Bredouille hauen, was den jungen Gaetz nicht daran gehindert hat, besonders heftig die Drogensucht von Hunter Biden anzuprangern.
Mit sexuellen Prahlereien stösst Gaetz selbst seine Parteikollegen – und vor allem seine Parteikolleginnen – vor den Kopf. Im Kongress von Tallahassee, der Hauptstadt von Florida, gehörte er einem Männerclub an, in dem es darum ging, wer mit den meisten Frauen geschlafen hatte. In Washington pflegte er Nacktbilder auf dem Smartphone herumzureichen. 2021 wurde bekannt, dass gegen Gaetz Ermittlungen wegen des Verdachts auf sexuellen Missbrauch und Drogenkonsum eingeleitet worden seien. Eine Zeit lang liess deshalb sogar Fox News die Finger von ihm.
Dieses Verfahren ist inzwischen eingestellt worden. Gaetz darf wieder bei Sean Hannity & Co. mittun, und er darf dies vor allem, weil er der lauteste von allen Lautsprechern von Donald Trump ist.
Um von seinen zahlreichen Gerichtsverfahren abzulenken, versucht der Ex-Präsident mit allen Mitteln, Chaos zu stiften. Gaetz ist dabei ein williger Gehilfe. So hat er schon im Frühjahr bei der Abstimmung zur Schuldenobergrenze alle Hebel in Bewegung gesetzt, um zu verhindern, dass diese – wie dies die Regel ist – angehoben wird. Hätte Gaetz damals Erfolg gehabt, wären die USA zahlungsunfähig geworden, die Auswirkungen auf die Finanzmärkte und die Weltwirtschaft verheerend gewesen.
Im absurden Streit um die Schuldenobergrenze wurden die Republikaner von Präsident Biden und Hakeem Jeffries, dem Minderheitsführer im Abgeordnetenhaus, klassisch ausgetrickst. Speaker Kevin McCarthy musste am Ende klein beigeben, ja, er schloss gar einen Deal ab, der die Budgetdebatte vorwegnahm.
Das trieb Gaetz und die Hardliner vom Freedom Caucus zur Weissglut. Sie zwangen McCarthy, sein Wort zu brechen und massive Kürzungen des Budgets, vor allem im Sozialbereich, zu verlangen. Wegen der prekären Mehrheitsverhältnisse im Abgeordnetenhaus hatten sie damit zunächst Erfolg. Ein Shutdown der Verwaltung – und damit ein völlig unnötiges Chaos für Millionen von Amerikanern – schien bis zum Samstagabend unvermeidbar geworden zu sein.
Doch erneut hatten Biden und Jeffries das bessere Ende für sich. Speaker McCarthy musste die Übung im letzten Moment abblasen, der Shutdown ist zumindest für 45 Tage aufgeschoben. «Die MAGA-Republikaner haben sich ergeben», triumphierte Jeffries nach der Abstimmung, die massiv zugunsten der Demokraten ausgefallen ist.
Allerdings: Eine Zusage mussten die Demokraten machen; die Militärhilfe für die Ukraine ist nicht mehr Teil des Budget-Pakets. Doch auch hier hält sich der Schaden in Grenzen. Es handelt sich hier vornehmlich um ein taktisches Manöver. Die Demokraten wollten verhindern, dass man ihnen hätte vorwerfen können, sie würden das Wohl der Ukraine über das Wohl der eigenen Bürger stellen.
Die Ukraine wird jedoch höchstwahrscheinlich weiterhin auf amerikanische Militärhilfe zählen können. Die Demokraten machten ihre Zustimmung nämlich davon abhängig, dass McCarthy in den nächsten Wochen ein Gesetz zur Abstimmung bringt, das diese Hilfe regelt. Dieses Gesetz wird mit Sicherheit vom Kongress angenommen werden. «Ich versichere unseren Alliierten, dem amerikanischen Volk und den Menschen in der Ukraine, dass sie weiterhin auf unsere Unterstützung zählen können», erklärte denn auch Präsident Biden. «Wir werden uns nicht in die Büsche schlagen.»
Erneut toben die Mitglieder des Freedom Caucus. Gaetz will nun seinen eigenen Speaker absetzen lassen. Eine entsprechende Motion will er vielleicht schon heute dem Abgeordnetenhaus vorlegen. McCarthy habe sie verraten und gegen die mit den Hardlinern gemachten Vereinbarungen verstossen, so Gaetz. «Wir müssen deshalb das Pflaster wegreissen», erklärte er am Sonntag auf mehreren TV-Stationen.
Speaker McCarthy reagiert auf diese Drohung gelassen. In «Dirty-Harry-Manier» reagiert er mit der Bemerkung: «Bring it on.» (Na, dann zeig mal, was du drauf hast.) Zu Recht: Die Wahrscheinlichkeit, dass Gaetz erneut ausgetrickst wird, ist gross. Er realisiert offenbar nicht, dass er gegen die Wand rennt. Denn will McCarthy seinen über alles geliebten Job als Speaker behalten, muss er nun mit den Demokraten kooperieren. Er kann es sich nicht leisten, noch einmal sein Wort zu brechen.
Mit seinem tollpatschigen Vorgehen hat Gaetz daher vor allem der eigenen Partei geschadet. Er hat erreicht, dass der ohnehin schon angeschlagene Speaker der Republikaner nochmals geschwächt worden ist. Auf Fox News bezeichnete der republikanische Abgeordnete Carlos Gimenez daher Gaetz als «Bidens beliebtesten Republikaner».
Deswegen kann man das Wüten von Gaetz am besten mit Shakespeares Macbeth beschreiben: «Voller Geräusche und Wut, die nichts bedeuten.»
