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Klimaaktivist unterbricht Biden bei Rede – Präsident reagiert deutlich

Klimaaktivist unterbricht Biden bei Rede – US-Präsident reagiert deutlich

Auch in den USA wird der Unmut von Klimaaktivisten immer grösser. Das bekam nun der US-Präsident zu spüren. Auf einen Störer reagierte er gleich mehrfach.
29.09.2023, 07:2029.09.2023, 07:20
Christoph Cöln / t-online
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Ein Artikel von
t-online

Bei einer Rede von US-Präsident Joe Biden ist es am Donnerstag im US-Bundesstaat Arizona zu einem Zwischenfall gekommen. Ein Mann unterbrach den 80-Jährigen, der in Tempe gerade eine Rede über Demokratie hielt, und fragte ihn, warum er nicht den Klimanotstand ausrufe.

Joe Biden wird von einem Klimaaktivisten unterbrochen.
Joe Biden bei seiner Rede in Arizona.Bild: keystone-sda.ch

«Entschuldigen Sie, dass sie unterbreche, Herr Präsident, aber warum haben sie noch nicht den Klimanotstand ausgerufen?», rief der Mann in Richtung Bühne. «Hunderte Menschen in Arizona sind bereits gestorben.»

Biden reagierte umgehend auf den Klimaaktivisten. «Warum warten sie nicht – warten sie einen Moment, ich treffe mich gerne mit ihnen, wenn ich hier fertig bin, okay?», sagte er. Doch der Mann hörte nicht auf mit seinen Vorwürfen in Richtung des Präsidenten. Er forderte Biden auf, sich an seine Klimaschutzversprechen zu halten und zum Beispiel keine weiteren Bohrungen nach fossilen Brennstoffen mehr zuzulassen.

«Demokratie ist niemals einfach»

Die Biden-Regierung hatte Anfang 2023 etwa einem grossen Ölförderprojekt in einem Naturreservat in Alaska grünes Licht gegeben, obwohl Biden noch 2020 versprochen hatte, eben solche Projekte zu verhindern. Das Publikum im Saal reagierte aufgebracht, buhte den Demonstranten aus. Vereinzelt waren «Schämen Sie sich»-Rufe zu hören.

Hier wird der Aktivist aus dem Saal geführt:

«Wenn Sie den Mund halten, werde ich mich gleich danach mit Ihnen treffen, okay?», sagte der US-Präsident noch einmal. Dafür erntete er Zustimmung und Applaus von den Anwesenden. Doch der Aktivist liess sich nicht beirren. «Wir brauchen ihre Führung, Herr Präsident», appellierte er.

Schliesslich führte das Sicherheitspersonal den Mann aus dem Saal. «Demokratie ist niemals einfach, wie wir gerade gesehen haben», sagte Biden, bevor er mit seiner Rede fortfuhr.

Biden hat bisher den Klimanotstand für die USA nicht ausgerufen. Das Weisse Haus hatte einen solchen Schritt im vergangenen Jahr erwogen, als der sogenannte Inflation Reduction Act, der auch umfangreiche Massnahmen für den Klimaschutz enthält, zeitweise im US-Kongress steckengeblieben war. Biden behauptete zuletzt jedoch, er habe den Klimanotstand «praktisch gesehen» bereits ausgerufen und verwies auf die verabschiedeten Klimaschutzmassnahmen seiner Regierung.

Demonstrant veröffentlicht Video von Aktion

Zuletzt hatte die Biden-Regierung die Lizenzen von sieben Ölbohrprojekten in den empfindlichen Ökosystemen im Norden Alaskas nicht verlängert. Diese waren noch von der Trump-Regierung erteilt worden.

Der Aktivist veröffentlichte später auf der Plattform X (vormals Twitter) ein Video von der Störaktion. «Mein Gewissen zwang mich, seine heutige Rede zu unterbrechen, um zu fragen, warum er noch keinen Klimanotstand ausgerufen hat. Warum er sein Versprechen gebrochen hat, dass es keine neuen Bohrungen auf Bundesland gibt», schrieb er. Gewaltfreier Protest sei Teil von Demokratie. Er hätte sich gerne mit Biden getroffen, so der Mann weiter. Aber der Secret Service, der für den Schutz des Präsidenten verantwortlich ist, und die Polizei hätten ihn vom Gelände eskortiert.

Der Demokrat Biden erinnerte bei seiner Rede auch an seinen Freund, den 2018 gestorbenen Senator von Arizona John McCain, als er von dem Aktivisten unterbrochen wurde. In Gegenwart von McCains Witwe Cindy erzählte Biden, wie er den Republikaner davon überzeugte, in die Politik zu gehen und sich auf einen Kongressposten für Arizona zu bewerben.

An einer Stelle stockte Biden dann in seiner Rede. Als er von der Krebsdiagnose McCains sprach und zugleich an seinen verstorbenen Sohn Beau erinnerte, der dieselbe Diagnose bekommen hatte. Sowohl Beau Biden als auch John McCain starben an einem aggressiven Hirntumor.

Der US-Präsident kämpfte in diesem Moment mit den Tränen. «Entschuldigen Sie bitte, wenn ich...», wandte sich Biden ans Publikum. Er musste schwer schlucken, dann fing er sich wieder und würdigte McCain als aufrechten, streitbaren Demokraten und Kämpfer für das amerikanische Ideal.

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65 Kommentare
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Madison Pierce
29.09.2023 08:44registriert September 2015
Der Aktivist hat unklug gehandelt. Biden hat ihm öffentlich ein Gesprächsangebot gemacht. Solch eine Gelegenheit bekommt man nicht jeden Tag. Er hätte das Angebot annehmen und das Gespräch aufzeichnen oder streamen können. Damit hätte er seine Argumente wesentlich ausführlicher darlegen können als mit herumbrüllen.
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N. Y. P.
29.09.2023 08:46registriert August 2018
Dieser "Demonstrant" hätte die Möglichkeit gehabt, sich mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten persönlich zu unterhalten..

..und er schlägt die Einladung 2x aus.
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Pat da Rat
29.09.2023 07:53registriert Mai 2022
Die Problematik dieser Störaktionen, egal welches Thema oder aus welcher Richtung, ist doch, dass es reine "bubble"-Bewirtschaftung mit eng gefasster und klar definierter Zielgruppe ist. Erreicht wird damit nichts, ausser einem Schulterklopfen am Stammtisch oder ein paar likes im geteilten SocMedia post. Gesellschaftlich ist es eher kontraproduktiv und divisiv und bringt das Anliegen keinen Schritt weiter. Verstehe ja, dass sich Menschen Anerkennung und Aufmerksamkeit innerhalb ihrer Peer Group wünschen, aber man sollte sich ehrlich machen, dass das Anliegen dann wohl eher sekundär ist.
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