Das erste Mal, dass eine breite Öffentlichkeit Kenntnis von General Mark Milley nahm, war, als der Chairman of the Joint Chiefs of Staff zusammen mit Trump und seinem Stab in voller Kampfmontur durch den Lafayette Park vor dem Weissen Haus marschierte.
Milley begleitete den damaligen Präsidenten bei dessen unsäglicher PR-Tour vor die St John’s Episcopal Church, wo Trump eine Bibel in die Kamera hielt. Deswegen wurde Milley zu Recht verspottet und beschimpft. Doch der Vier-Stern-General realisierte selbst rasch, dass er von Trump missbraucht worden war. Er entschuldigte sich öffentlich für seinen Auftritt.
Innerhalb des Kabinetts profilierte Milley sich derweil als der Mann, der es wagte, Trump zu widersprechen. Er schrie Scharfmacher wie den Berater Steven Miller nieder, als dieser vorschlug, auf Demonstranten zu schiessen. («Du verdammter Idiot, du hast niemals selbst operative Verantwortung getragen.»)
Und er sah mit wachsender Besorgnis, wie sich der Präsident zunehmend radikalisierte. Das schildern Carol Leonnig und Philip Rucker, zwei Journalisten der «Washington Post», in ihrem Buch «I Alone Can Fix It». Es wird nächste Woche erscheinen.
Milley ist nicht nur ein kriegserprobter Haudegen, er ist auch ein gelehrter Mann. Der Absolvent der Princeton University, einer der Top-Adressen in der akademischen Welt, ist ein Geschichtsfan, der sich nicht nur für historische Schlachten interessiert. Im Vorfeld des 6. Januars fielen ihm deshalb die Parallelen im Weissen Haus zu Hitler auf.
Gemäss Leonnig/Rucker befiel Milley eine «Magen umdrehende» Angst, wonach Trump den Ausnahmezustand ausrufen und sich die Macht mit Gewalt sichern wollte. «Das ist der Reichstags-Moment», soll der höchste Militär seinen Mitarbeitern gesagt haben. «Das ist die Botschaft des Führers.»
Hitler hatte nach dem Reichstagsbrand 1933 das Parlament und die Demokratie aufgehoben. Den Mob vor dem Kapitol verglich Milley mit den «Braunhemden» der SA, Hitlers berüchtigter Schlägertruppe. «Er sah Parallelen zwischen Trumps Rhetorik über seine Wahlniederlage und Adolf Hitlers stetiges Jammern an seinen berüchtigten Reden in Nürnberg, wonach er beides sei, Opfer und Retter», schreiben Leonnig/Rucker.
Milley dachte nicht im Traum daran, Trump bei einem allfälligen Coup zu unterstützen. Er bekennt sich zur Tradition der amerikanischen Militärs, sich niemals in die Politik einzumischen. Deshalb erklärte er im engen Kreis seiner Mitarbeiter: «Sie (Trumps Handlanger) können es ja versuchen, aber sie werden niemals Erfolg haben. Ohne Militärs, die CIA und das FBI geht das nicht. Wir sind diejenigen mit den Waffen.»
Gegenüber Nancy Pelosi, der ebenfalls besorgten Mehrheitsführerin im Abgeordnetenhaus, versicherte Milley, dass Trump keine Chance habe, einen Atomkrieg auszulösen. Seine Leute hätten die entsprechenden Abläufe im Griff.
Während das linksliberale Amerika den ehemaligen Buhmann Milley inzwischen ins Herz geschlossen hat, ist er für Trump und die konservativen Medien zur Hassfigur geworden. Der Ex-Präsident liess mitteilen, er habe «jeglichen Respekt» für den höchsten US-Militär verloren, nachdem dieser «wegen des Marsches zur Kirche in den Fake-News-Medien wie ein Hund gewinselt habe».
Zudem sei er nicht der Typ, «mit dem ich einen Coup riskieren würde», so Trump, und überhaupt sei von einem «Coup nie die Rede gewesen».
Auf Fox News wird derweil kübelweise Dreck über Milley gegossen. Besonders übel gebärdet sich dabei der neue Star-Moderator Tucker Carlson, der immer mehr zu einer Kopie von Hitlers Demagogen Joseph Goebbels wird.
Carlson bezeichnete Milley einst als «Dummkopf und Schwein», weil dieser es befürwortet, dass an den Militär-Universitäten auch das Thema der Rassendiskriminierung zur Sprache kommt. Nun will er Milley gar Landesverrat andichten, weil der sich angeblich unerlaubterweise in die Politik eingemischt habe.
Was ist aber vom Vergleich von Trump und Hitler zu halten? Der renommierte Historiker und Kenner des Dritten Reiches, Timothy Snyder, spricht bei Trump ebenfalls von einem «autoritären Instinkt». Er vergleicht jedoch den 6. Januar nicht mit dem Reichstagsbrand, sondern mit dem Putsch, den Hitler 1923 in München versucht hatte.
Dieser Putsch ging in die Hosen, und Hitler wanderte deswegen ins Gefängnis. Doch auch ein verunglückter Putsch könne gefährlich sein, warnt Snyder gegenüber dem Kolumnisten Dana Milbank in der «Washington Post». Er könne eine Hauptprobe für den wirklichen Putsch sein.
Snyder sieht vor allem in der Einschränkung des Wahlrechts eine grosse Gefahr und befürchtet eine zunehmende Gewalt.
Selbst bei Trump-Kritikern ist jedoch der Hitler-Vergleich umstritten. Michael Wolff, der umstrittene Klatschjournalist, der bereits zwei Bücher über Trump veröffentlicht hat, kommt in seinem dritten «Landslide» zum Schluss, dass der Ex-Präsident schlicht zu blöd sei, einen Staatsstreich zu planen und durchzuführen. Trump handle immer aus dem Bauch heraus, er habe nie einen Plan und habe den Bezug zur Realität vollkommen verloren, lautet der Kern von Wolffs Diagnose.
George Packer, ein prominenter linksliberaler Journalist, hält den Faschismus-Vergleich ebenfalls für irreführend. Faschisten hätten eine Vision für die Zukunft und ihre fanatischen Anhänger würden dafür sogar ihr Leben opfern. Nicht so die Trump-Anhänger.
In seinem soeben veröffentlichten Buch «The Last Best Hope» stellt Packer fest: «Amerikaner kamen zu den Rallys von Trump, um Spass zu haben, um das hören, was ihnen Vergnügen macht. Der Ausdruck auf ihren Gesichtern war Schadenfreude. Nichts wurde von ihnen verlangt – nicht einmal, auszuharren, bis Trump fertig war. Seine Reden hatten auch keinen Anflug von Inspiration.»
Ob Möchtegern-Hitler oder Polit-Clown: Fest steht, dass die Abwahl von Trump die Politik in den USA keineswegs beruhigt hat. Amerika steht vor einem heissen Sommer – und die amerikanische Demokratie ist in ernster Gefahr.
Zu Steven Miller: Der Typ ist einfach nur eine riesige Platzverschwendung auf unserem Planeten.
Diese Worte, von einem solchen "Journalisten". Wieso hat so etwas hirnverblödetes einen so bescherenden Erfolg. Da steht meine Welt auf dem Kopf, wenn ich immer wieder solche Aussagen von immer wieder denselben selbstgefälligsten, selbstprojizierenden Menschen zu hören habe!
Die Demokratie als Staatsform steht gerade weltweit auf dem Prüfstand.