Die Demokraten haben ihr Erfolgsrezept gegen Trump
Die Erfolge der Demokraten waren erwartet worden. Mit diesem Ausmass aber hatte kaum jemand gerechnet. Zohran Mamdani dürfte die Wahl zum New Yorker Stadtpräsidenten mit mehr als 50 Prozent gewonnen haben. Donald Trumps Warnung an seine Heimatstadt vor dem «kleinen Kommunisten» hat ihm wohl mehr genützt als geschadet.
Der Vorsprung von Abigail Spanberger bei der Wahl zur ersten Gouverneurin von Virginia war in dieser Höhe absehbar, nicht aber jener von Mikie Sherrill in New Jersey. Dort liessen die Umfragen ein knapperes Rennen erwarten. Und in Kalifornien dürfte eine Neueinteilung der Kongresswahlkreise zugunsten der Demokraten mit Zweidrittelmehrheit angenommen werden.
Dem demokratischen Gouverneur Gavin Newsom verleiht das Ergebnis Schub für die Präsidentschaftswahl 2028. «Donald Trump hat den Bären gereizt, und dieser Bär hat gebrüllt», rief er in der Wahlnacht seinen Anhängern in Anspielung auf das Wappentier des Bundesstaats zu. Er forderte andere Staaten auf, dem Beispiel Kaliforniens zu folgen.
Erster schwarzer Chefankläger
Neben diesen vier meistbeachteten Wahlen und Abstimmungen konnten die Demokraten weitere Erfolge verzeichnen. In Virginia besiegte Jay Jones den republikanischen Amtsinhaber bei der Wahl zum Generalstaatsanwalt deutlich, obwohl im Vorfeld alte Textnachrichten mit Gewaltfantasien gegen politische Gegner aufgetaucht waren.
Der erste schwarze Chefankläger in der einstigen Hochburg des «alten Südens» kann als Votum gegen Trumps Attacken auf die Unabhängigkeit der Justiz verstanden werden. Ebenfalls in Virginia wurde am Dienstag Ghazala Hashmi zur Vizegouverneurin gewählt. Sie gewann als erste Muslima in den USA eine Wahl auf Ebene Bundesstaat.
Für die seit Donald Trumps Wahl vor einem Jahr orientierungslos wirkende Opposition sind die Resultate Balsam für die geschundene Seele. Mehr als ein Etappensieg sind sie vorerst nicht, und bereits verweisen Kommentatoren darauf, dass die Demokraten in den Umfragen noch unbeliebter sind als der Präsident. Und doch zeigen sie Wege zum Erfolg auf:
Donald Trump
Der Hauptgrund für den demokratischen Triumphzug am Dienstag ist Donald Trump selbst. Er hat es in Rekordzeit geschafft, die Mehrheit der Amerikaner gegen sich aufzubringen, mit seiner schamlosen Korruption, dem Machtmissbrauch, dem Rachefeldzug gegen seine «Feinde» und seiner Wirtschaftspolitik, allen voran den Zöllen auf Importwaren.
Doch Trump wäre nicht Trump, wenn er einen Fehler bei sich selbst ausmachen würde. Im Gegenteil: Sein Name sei nicht auf dem Wahlzettel gestanden, teilte er mit. Und auch der Shutdown sei schuld. Mit anderen Worten: Trump dürfte weitermachen wie bisher. Es sind gute Voraussetzungen für weitere Erfolge der Demokraten, etwa bei den Midterms.
Vielfalt
Das Spektrum der demokratischen Partei ist breit. Zohran Mamdani bezeichnet sich als Sozialist, während sich Abigail Spanberger und Mikie Sherrill von diesem Label klar distanzierten. Diese Vielfalt wird der Partei zum Vorwurf gemacht, doch sie lässt sich auch uminterpretieren: Die Demokraten bilden ein breites Spektrum der US-Bevölkerung ab.
«Unser Land hat mehr als ein Gesicht», sagte die Kongressabgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez, eine Galionsfigur des linken Flügels, am Wahlabend auf MSNBC. Das unterscheidet sie von den Republikanern, die zur Trump-Sekte verkommen sind. Und sollte nicht nur ihren am Dienstag unterlegenen Kandidatinnen und Kandidaten zu denken geben.
Themen
Bei allen Unterschieden hatten Mamdani, Sherrill und Spanberger eines gemeinsam: Sie machten keinen Anti-Trump-Wahlkampf, sondern setzten auf Themen, die den Menschen unter den Nägeln brennen. Und die sind vor allem wirtschaftlicher Art. In den auf dem Papier reichen USA kämpfen selbst Mittelstands-Familien permanent gegen Engpässe.
Ob Zohran Mamdani seine Rezepte in der Kapitalismus-Hochburg New York durchsetzen kann, scheint fraglich. Gut möglich, dass er pragmatischer regieren wird, als er im Wahlkampf auftrat. Klar ist jedenfalls, worauf die Demokraten für weitere Wahlerfolge setzen müssen: weniger Eliten- und Identitätspolitik, mehr «Brot und Butter»-Themen.
Latinos
Die Gouverneurswahl in New Jersey wurde mit Spannung erwartet, aus einem bestimmten Grund. Hier leben viele Latinos, die vor einem Jahr scharenweise zu Donald Trump «übergelaufen» waren. Jetzt kam es zum Backlash: Im Passaic County mit dem grössten Latino-Anteil im Bundesstaat gab es eine massive Verschiebung zu den Demokraten.
Bei den Republikanern müsste dies Panik auslösen, zum Beispiel in Texas. Dort wurden die Wahlkreise auf Trumps Anweisung so gezeichnet, dass seine Partei fünf zusätzliche Sitze im Repräsentantenhaus gewinnen soll. Das aber gelingt nur, wenn die Latinos ähnlich klar republikanisch wählen wie vor einem Jahr. Dieser Schuss könnte nach hinten losgehen.
Das Erfolgsrezept für die Demokraten ist letztlich das Gleiche wie zu Bill Clintons Zeiten: It’s the economy, stupid! Nicht nur aus den erwähnten Gründen könnte es ihnen weitere Wahlsiege bescheren. Falls es an den Finanzmärkten zum befürchteten grossen Crash kommt, etwa wegen der KI-Bubble, dürfte die US-Wirtschaft den Bach hinuntergehen.
Sie wird Donald Trump und seine Republikaner unweigerlich mitreissen. Welche Folgen dies haben würde, ist nicht absehbar. Aber für die Demokraten sieht die Welt weniger düster aus.
