Weshalb Trumps Plan für Gaza zum Scheitern verurteilt scheint
Nach und nach übergeben die palästinensischen Terroristen der Hamas die sterblichen Überreste der letzten getöteten oder im Kreuzfeuer umgekommenen israelischen Geiseln. Doch Israel wirft der Hamas vor, mit der Suche nach den verbliebenen Leichen Zeit zu schinden.
Weniger bekannt als die Vereinbarung über den Austausch von israelischen Geiseln gegen palästinensische Gefangene ist das makabre Teilabkommen über den Austausch von Toten: Für jede «zurückerstattete» israelische Leiche erhalten die Terroristen 15 getötete Palästinenser.
Bisher haben die Israelis die sterblichen Überreste von 225 Palästinensern ausgehändigt. Von den mutmasslich 28 umgekommenen israelischen Geiseln fehlen aber immer noch mindestens deren 10. Inzwischen helfen der Hamas ägyptische Sucheinheiten mit schwerem Gerät, die restlichen Leichen aufzuspüren.
Die Terroristen wollten die erste Phase von Donald Trumps «Friedensplan» nicht vollständig umzusetzen, heisst es dazu in Jerusalem, und zwar damit sie nicht über die wirklich strittigen Punkte verhandeln müssen: Dabei geht es vor allem um die Entwaffnung der Hamas und die Frage, ob die Terroristen die Macht im Gaza-Streifen abgeben.
Anders als das US-Präsident Trump suggeriert hat, haben die beiden Kriegsparteien darüber überhaupt noch keine Einigung erzielt. Wenn alle Geiseln und Gefangenen – lebende und tote – ausgetauscht sind, sollte eigentlich die zweite Phase des Trump’schen Friedensplans beginnen.
Doch nicht einmal der vereinbarte Waffenstillstand wird wirklich eingehalten. Auf die Tötung eines israelischen Soldaten durch die Hamas reagierte Jerusalem mit neuerlichen Luftschlägen auf Ziele im Küstenstreifen. Laut nicht verifizierbaren palästinensischen Angaben kamen dabei Dutzende Zivilisten ums Leben.
Gewalt als Mittel zum Machterhalt
Mit ihrer Verzögerungstaktik verfolgen die Terroristen ein einfaches Ziel: Sie nutzen die Zeit, um ihre Macht zu konsolidieren und konkurrierende Milizen auszumerzen. Diese werden zum Teil von Israel unterstützt. Am Ende soll es nur eine bewaffnete Gruppe geben, welche die Macht in Gaza ausübt, nämlich die Hamas und ihre Verbündeten. Hamas-Vertreter im Ausland haben klar gemacht, dass man sich nicht entwaffnen lasse.
Je stärker die Terroristen ihre Macht aber konsolidieren, desto geringer wird der Appetit der arabischen Staaten, Friedenstruppen in das weitgehend zerstörte Küstengebiet zu entsenden. Arabische Armeen wären mit amerikanischer Hilfe allenfalls bereit, einen Frieden zu überwachen, nicht aber Krieg gegen eine im Untergrund immer noch bewaffnete Hamas zu führen.
Mit ihrer wenig versöhnlichen Haltung versucht die Hamas alle weiteren Schritte in Trumps grossem Friedensplan zu torpedieren. Denn wenn es weder Demilitarisierung noch Friedenstruppen geben wird, hat Trumps hochgejubeltes Unterfangen nicht viel mehr erreicht als einen kurzzeitigen Waffenstillstand.
Was wären die Optionen in einem solchen Szenario? Der Krieg würde vermutlich fortgesetzt, doch diesmal hielte die Hamas keine Trümpfe in Form von Geiseln mehr in der Hand. Israel könnte dadurch militärisch sehr viel rücksichtsloser vorgehen als zuvor – mit entsprechenden Opfern unter den Terroristen, aber eben auch unter der geplagten Zivilbevölkerung. Bekanntlich foutiert sich die Hamas um zivile Tote, im Gegenteil, sie missbraucht die Bevölkerung als menschliche Schutzschilder und benützt die Todesopfer für ihre Propaganda.
Doch würde Trump zulassen, dass Israel erneut gegen die Hamas vorgeht? Sein Friedensplan wäre dann gescheitert. In einem anderen Szenario würden die USA stillschweigend hinnehmen, dass die Terroristen ihre Waffen behalten. Dann gäbe es wohl keine Friedenstruppen, und Israel würde weiterhin rund die Hälfte des Gaza-Streifens besetzt halten. Neue Kämpfe wären auch dann programmiert. Damit deutet vieles darauf hin, dass Trumps Plan nur auf schnelle Erfolgsmeldungen ausgerichtet und zu wenig durchdacht war. (aargauerzeitung.ch)
