Wie sich die Demokraten gegen Trump wehren können
Der Slogan «move fast and break things» (mach schnell und zerschlage Dinge) stammt aus dem Silicon Valley. Mark Zuckerberg & Co. wollen damit ausdrücken, dass man mit digitalen Werkzeugen die alte analoge Welt so rasch wie möglich zerstören soll.
Derzeit benutzt die Trump-Regierung den Shutdown, um diesen Slogan politisch umzumünzen. Sie ist im Begriff, den Staatsapparat zu zertrümmern und vor allem demokratische Projekte wieder rückgängig zu machen. Doch auch umgekehrt kann ein Schub draus werden. So erklärt Pete Buttigieg in einem Interview mit der «New York Times»: «Es mag paradox tönen, doch der Schaden, den die Trump-Regierung unseren Institutionen zugefügt hat, schafft auch Raum für eine künftige Bewegung.»
Buttigieg war demokratischer Präsidentschaftskandidat im Wahlkampf 2020 und Verkehrsminister in der Biden-Regierung. Er gilt als einer der klügsten Köpfe der Demokraten.
Die Zerstörung, welche die republikanische Regierung in nicht einmal einem Jahr vollbracht hat, ist gewaltig. Der Trump-Clan funktioniert wie eine Mafia-Familie und gibt sich nicht einmal mehr Mühe, die Korruption zu verbergen. Universitäten, Anwaltsbüros und Medien werden eingeschüchtert, das Justizministerium für politische Rache missbraucht. Mit der Immigrationspolizei ICE hat sich der Präsident de facto eine Privatarmee geschaffen, die zudem noch von Soldaten der Nationalgarde unterstützt wird, welche Trump mit unverhohlener Schadenfreude in demokratisch regierte Städte schickt.
All dies «umarmt die Optik des Faschismus», wie der Kolumnist David Brooks im Magazin «The Atlantic» feststellt. Brooks gilt als konservativ und begann seine Karriere beim «Weekly Standard», der ehemaligen Zeitschrift der Neocons. Inzwischen hat er sich als Trump-Kritiker profiliert. Deshalb warnt er auch vor einer Illusion: «Solltest du denken, dass der Trumpismus in drei Jahren einfach wieder verschwindet, dann bist du naiv. Wird ihm kein Widerstand entgegengesetzt, dann kann ein globaler Populismus, wie ihn der Trumpismus vertritt, Generationen dominieren.»
«Jeder für sich», ist die erste und natürliche Reaktion auf einen sich ausbreitenden Autoritarismus. In der Nazi-Zeit hat der deutsche Theologe Martin Niemöller die legendären Zeilen verfasst:
Diese Warnung gilt nach wie vor. Weil eine autoritäre, populistische Bewegung die konventionellen Schranken von Demokratie und Rechtsstaat sprengt, kann sie nur mit einer Massenbewegung bekämpft werden. «Wenn wir das nicht schaffen, werden autoritäre Strongmen bald unseren Globus auf unabsehbare Zeit beherrschen», so Brooks.
Um eine solche Massenbewegung gegen MAGA aufzubauen, fordert Buttigieg die Demokraten zunächst auf, vor der eignen Tür zu wischen und ihre Fehler einzugestehen. Er denkt dabei vor allem an die Migrationspolitik. «Es war falsch, dass wir die Vorgänge an der Grenze herunterzuspielen versuchten», erklärt er. «Natürlich dachten wir, dass da masslos übertreiben wurde, doch es hatte reale Folgen für die Menschen. Wir Demokraten hätten dem mehr Aufmerksamkeit widmen müssen.»
In der künstlichen Intelligenz (KI) sieht Buttigieg nicht nur eine Gefahr, sondern auch eine Chance. Er vergleicht sie mit der Industrialisierung zu Beginn des 20. Jahrhunderts. «Die KI scheint wild entschlossen zu sein, viele Jobs zu vernichten – auch solche von Angestellten in Büros, deren gesamte Identität sich um ihre Arbeit zu drehen scheint –, doch sie schafft auch eine potenzielle Gelegenheit, neue Quellen der Gemeinschaft zu errichten», stellte er fest.
Als die Industrialisierung in den USA in Fahrt kam, entstanden als Gegenbewegung die Progressiven. Sie haben sich mit den damaligen Populisten zusammengetan. Deshalb ist es ihnen gelungen, die schlimmsten Auswüchse des Raubtier-Kapitalismus einzudämmen und die Grundlagen für den modernen amerikanischen Staat zu legen.
Auf eine solche Gegenreaktion gegen Trump und MAGA hoffen auch Buttigieg und Brooks. Sie denken dabei an Gemeinschaftsprojekte, welche eine Gesellschaft, die im Auflösen begriffen ist, wieder zusammenbringen kann. Buttigieg will dabei den Stier bei den Hörnern packen: «Ich will nicht die Gefahr verzwergen, dass wir in dunkle Zeiten abzugleiten drohen», sagt er. «Doch wenn wir dieser Gefahr ins Auge blicken, können wir an einen Ort kommen, der uns dazu zwingt, zusammenzuarbeiten.»
Brooks fordert derweil Progressive und Populisten zu einem Schulterschluss auf, wie das vor gut hundert Jahren der Fall war: «Sie brauchten sich einst gegenseitig – und das gilt heute noch. Ohne Populisten sind die Progressiven in Gefahr, sich in eine abgehobene, wohlhabende Stadtbevölkerung zu entwickeln, welche keine Beziehung mehr zu normalen Amerikanern hat. Ohne Progressive tendieren Populisten dazu, sich in anti-intellektuelle, paranoide Fanatiker zu verwandeln.»
Sollte eine solche Massenbewegung zustande kommen, dann wäre sie das wirksamste Mittel, einen autoritären Staat zu verhindern. Anstatt wie Trump und die MAGA-Bewegung die Vergangenheit zu verklären, würde sie den Blick in die Zukunft richten.