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Warum Donald Trump jetzt der grosse Loser ist

Former President Donald Trump talks with people at Mar-a-lago on Election Day, Tuesday, Nov. 8, 2022, in Palm Beach, Fla. (AP Photo/Andrew Harnik)
Donald Trump
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Warum Donald Trump jetzt der grosse Loser ist

Keine «rote Welle» für die Republikaner – und eine Ohrfeige für den Ex-Präsidenten.
09.11.2022, 10:4509.11.2022, 16:49
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Es werde eine «rote Welle», ja, einen «roten Tsunami» geben, jubelten die Republikaner im Vorfeld der Zwischenwahlen. Eine rekordhohe Inflation und steigende Kriminalität stützten diese Erwartungen. Sie sind auch eingetroffen – aber nur in Florida. Im Sunshine State gewann Gouverneur Ron DeSantis seine Wiederwahl haushoch, ebenso spielend konnte Senator Marco Rubio seinen Sitz verteidigen und im Kongress gewannen die Republikaner zwei Sitze dazu.

Nicht alle hatten Freude an diesem Erfolg der Grand Old Party (GOP). «Zweifellos wird der Triumph in Florida die Aufmerksamkeit der Wähler ausserhalb des Sunshine States auf sich ziehen», kommentiert das «Wall Street Journal» süffisant. «Man kann auch darauf wetten, dass Donald J. Trump das Ereignis verfolgt hat – unglücklich.»

Schwere Niederlage in Pennsylvania

Der Ex-Präsident hat einige Gründe, unglücklich zu sein. Der Wahlsieg von DeSantis steht in starkem Gegensatz zu den Resultaten der Senatskandidaten, die Trump unterstützt hat. Zwar hat J.D. Vance in Ohio die Wahl in den Senat geschafft. Doch in New Hampshire ist sein Kandidat Donald Bolduc gescheitert. In Arizona befindet sich Blake Masters auf der Verliererstrasse und in Georgia muss sein Schützling Herschel Walker wahrscheinlich zu einer Stichwahl antreten.

Bereits entschieden ist die Wahl in Pennsylvania – und da hat Trump eine schallende Ohrfeige erhalten. Sein von ihm durchgezwängter Kandidat Dr. Mehmet Oz hat gegen John Fetterman verloren – und dies, obwohl Dr. Oz die ungeteilte Unterstützung von Fox News und massig Geld zur Verfügung hatte und Fetterman zudem wegen eines Hirnschlags im Mai mit einem grossen Handicap antreten musste. Noch deutlicher gescheitert ist der ebenfalls von Trump unterstützte Doug Mastriano. Dieser wollte Gouverneur werden.

Dank Fettermans Sieg ist es wahrscheinlich, dass die Demokraten ihre hauchdünne Mehrheit im Senat verteidigen können und die Republikaner ihr zweitwichtigstes Ziel verfehlt haben. Ob sie ihr wichtigstes Ziel, die Mehrheit im Abgeordnetenhaus, erreichen werden, ist noch unsicher.

Die für die GOP bittere Niederlage in Pennsylvania muss Trump auf seine Kappe nehmen. Er hat Dr. Oz in den Primärwahlen zu einem hauchdünnen Sieg über einen Kandidaten verholfen, der wahrscheinlich den republikanischen Sitz hätte verteidigen können. Oz war zwar ein TV-Star, aber in Pennsylvania unbeliebt – nicht zuletzt, weil er gar nicht richtig in diesem Bundesstaat wohnt. «Bei Senatswahlen kommt es auf die Qualität der Kandidaten an», hatte Mitch McConnell daher schon im Vorfeld der sich abzeichnenden Niederlage geklagt.

Senate Minority Leader Mitch McConnell, R-Ky., attends a Senate Rules and Administration Committee meeting on the Electoral Count Reform and Presidential Transition Improvement Act, at the Capitol in  ...
Spricht nicht mehr mit Trump: Mitch McConnell. Bild: keystone

Trump und McConnell befinden sich schon länger in offenem Streit. Angesichts des für die GOP enttäuschenden Ausgangs der Midterms dürfte sich dieser Streit nochmals verschärfen. Trump wird dabei Federn lassen. Selbst in den Reihen der Republikaner macht sich Langeweile breit. Die Rallys des Ex-Präsidenten sind stets gleich: Er beschimpft die Demokraten und jammert über die Big Lie. Eine Umfrage der TV-Station NBC hat ergeben, dass sich 62 Prozent der Republikaner mit der Partei, aber nur 30 Prozent mit Trump identifizieren. Vor Jahresfrist haben sich noch 50 Prozent mit der Partei und 43 Prozent mit Trump identifiziert.

Dank seines Triumphs in Florida hat die GOP in DeSantis nun eine Alternative zu Trump. Bereits wird der Gouverneur aus Florida als «Trump mit Hirn» bezeichnet. Das zum Murdoch-Medienkonzern gehörende «Wall Street Journal» spricht sich seit Längerem für DeSantis aus. Bedeutende Mäzene wie der Hedgefonds-Milliardär Ken Griffin wollen nur dann spenden, wenn in zwei Jahren DeSantis auf dem Wahlzettel steht.

Selbstverständlich hat Trump bereits auf die Gefahr aus den eigenen Reihen reagiert. Am vergangenen Wochenende hat er eine Wahlkampfveranstaltung durchgeführt, ohne DeSantis wohlgemerkt. Ja, er hat sich zum Entsetzen der Republikaner gar über diesen lustig gemacht und ihn als «Ron DeSanctimonous» bezeichnet. Damit will er andeuten, dass sich der Gouverneur aus Florida neuerdings als ein von Gott auserwählter Kämpfer wähnt.

Incumbent Florida Republican Gov. Ron DeSantis holds his son Mason as he celebrates winning reelection, at an election night party in Tampa, Fla, Tuesday, Nov. 8, 2022. (AP Photo/Rebecca Blackwell)
«Trump mit Hirn»: Wahlsieger Ron DeSantis.Bild: keystone

Trump verspottet DeSantis nicht nur, er droht ihm offen. Sollte er sich als Kandidat für das Weisse Haus bewerben, dann «werde er sich sehr schwer verletzen», so der Ex-Präsident. Und: «Ich könnte Dinge über ihn erzählen, die alles andere als schmeichelhaft sind. Ich weiss mehr über ihn als irgendjemand, ausser vielleicht seiner Frau.»

Die Zeichen innerhalb der GOP stehen auf Sturm, ein offener Bruderkampf zwischen Trump und DeSantis zeichnet sich ab. Vorläufig hat Trump noch die besseren Zahlen. Eine Umfrage von RealClearPolitics hat kürzlich ergeben, dass etwa 50 Prozent der Republikaner sich nach wie vor Trump als Präsidentschaftskandidaten wünschen. DeSantis kommt auf 21 Prozent.

Doch DeSantis hat die Zeit auf seiner Seite. Er ist erst 44, Trump bereits 76. Und er hat auch das Wissen, dass sich ein Vorsprung in den Umfragen sehr rasch in Luft auflösen kann.

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146 Kommentare
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Statler
09.11.2022 10:58registriert März 2014
Wenn die sich gegenseitig zerfleischen - was abzusehen war - kann das nur gut für die Dems sein. Und für die Demokratie im Allgemeinen.
DeSantis darf man allerdings nicht unterschätzen. Der ist gefährlich.
Aber wenigstens scheint das angekündigte Debakel vorerst abgewendet.
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Barth Simpson
09.11.2022 10:52registriert August 2020
'Warum Donald Trump jetzt der grosse Loser ist'

Ja, Herr Loepfe ihr Wort in Gottes Ohr- aber Loben wir doch den Morgen nicht vor dem Abend. Ich wäre da etwas vorsichtiger mit solch voschnellen Schlagzeilen.
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Andrew 1
09.11.2022 10:50registriert März 2022
Die orange Flasche war schon immer der große looser und dadurch daß er nicht gemerkt hat wann Schluss ist kann es jetzt Knüppel Dick kommen für ihn.
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