Das «Wall Street Journal» spricht in einem redaktionellen Kommentar Klartext:
Doch Trump lässt sich selbst von dem ihm freundlich gesinnten «Wall Street Journal» nicht belehren. An einer Rally in Georgia hätte er am Samstag die beiden Kandidaten der Republikaner, Kelly Loeffler und David Perdue, unterstützen sollen. Trump gewährte den beiden gerade mal zwei Minuten auf der Rednerbühne.
Der grösste Teil seiner mehr als einstündigen Rede war einmal mehr eine Orgie in Selbstmitleid. Wie schon in seinem unsäglichen Facebook-Video verbreitet der Präsident Lügen, gepaart mit Klagen über angebliche Wahlmanipulationen und der trotzigen Behauptung, er habe die Wahlen mit grossem Abstand gewonnen.
Trump tat damit genau das, was die Oberen der GOP in ihren schlimmsten Albträumen befürchteten: Mit seinem grenzenlosen Egoismus spaltet er die Partei.
In Georgia sind zwei Republikaner und eingeschworene Trump-Fans für die ordnungsgemässe Auszählung der Stimmen verantwortlich, Gouverneur Brian Kemp und Staatssekretär Brad Raffensperger. Beide haben dafür gesorgt, dass die Stimmen nachgezählt wurden. Erfolglos. Biden hat nach wie vor rund 12’000 Stimmen Vorsprung.
Das will Trump nicht akzeptieren. Deshalb verlangt er nun von Kemp und Raffensperger, dass sie das Wahlresultat annullieren und stattdessen eine Sondersession des Parlaments einberufen. Dort soll eine Mehrheit der republikanischen Abgeordneten dafür sorgen, dass die Wahlmänner von Georgia ihre Stimme Trump und nicht Biden geben.
Diesen krassen Bruch mit Demokratie und Rechtsstaat will selbst Gouverneur Kemp nicht mitmachen. Wohlgemerkt: ein Mann, der sonst für jeden dreckigen Trick gut ist.
Anstatt sie zu unterstützen, bringt Trump die beiden Kandidaten der GOP in die Zwickmühle. Stellen sie Trumps Lügengebilde in Frage, riskieren sie, seine Fans zu verlieren. Bereits weibeln die beiden ehemaligen Trump-Anwälte Sidney Powell und Lin Wood durchs Land und beschwören die Trump-Basis, nicht zur Wahl zu gehen, falls Loeffler und Perdue die unsinnigen Forderungen des Präsidenten nicht unterstützen.
Umgekehrt müssen Loeffler und Perdue damit rechnen, die Stimmen der gemässigten Republikaner zu verlieren, wenn sie Trumps Irrsinn mitmachen. Weil die Mehrheitsverhältnisse äussert knapp sind, könnte dies den Ausschlag geben. Am 3. November haben rund 80’000 Republikaner für die Senatoren der GOP, aber gegen Trump gestimmt.
Falls es am 5. Januar zu einer Niederlage der GOP in Georgia kommen sollte, bleibt deshalb der Schwarze Peter beim Präsidenten. Nochmals das «Wall Street Journal»: «Sollten die Republikaner diese Sitze verlieren, dann wird Trump der Hauptschuldige sein.»
Noch wagen es nur wenige Republikaner, Biden als gewählten Präsidenten anzuerkennen. Doch in Washington wird es einsam um Trump. Rudy Giuliani ist wegen Corona-19 ausser Gefecht. William Barr soll derweil damit liebäugeln, vorzeitig seinen Rücktritt einzureichen. Der Justizminister galt bisher als einer der loyalsten und korruptesten Helfer im Trump-Lager. Doch wie der Gouverneur von Georgia kann er die Realität nicht beliebig zugunsten seines Präsidenten umbiegen.
Barr hat daher am vergangenen Dienstag in einem Aufsehen erregenden Interview mit der Nachrichtenagentur AP erklärt, es gebe keinerlei Anzeichen für einen systematischen Wahlbetrug. Damit wurde er über Nacht zur Hassfigur der Konservativen. Nicht nur in den rechtsextremen Trump-Medien wie Breitbart, OANN oder Newsmax wird Barr nun verdammt. Auch Fox-News Moderatoren wie Lou Dobbs, Maria Bartiromo und Justice Jeanine prügeln gnadenlos auf ihn ein.
Das Weisse Haus verwandelt sich allmählich in eine Bühne für Dramen von Shakespear’schem Ausmass. Wer kann, flüchtet, und wer noch bleiben muss, vermeidet es nach Möglichkeit, den Präsidenten anzutreffen. Trump soll gemäss «New York Times» kaum noch arbeiten, sondern die Tage damit verbringen, sich zu bemitleiden oder anzubrüllen, wer ihm gerade über den Weg läuft.
Jeffrey Wilson, Literaturprofessor und Shakespeare-Experte an der Harvard University, erklärt daher:
Ob Julius Caesar (Auch du, Brutus), Richard III. oder natürlich der verrückte Monarch King Lear – die Parallelen zu den Dramen von William Shakespeare sind tatsächlich nicht zu übersehen. Aber Vorsicht. Wilson warnt: «Wir nähern uns dem Ende des Dramas, und genau dann ereignen sich jeweils die Katastrophen.»
... HOFFENTLICH ... 🤞🏻🍀
Das traurige ist, dieser Kommentar könnte in einigen TV und Radio Sendern in den USA durchaus als plausible Fragestellung durchgehen.