MagaBabe ist eine Website, die angeblich von einem «Good Christian Girl from the South lookin for a Good Christian Man» betrieben wird. Tatsächlich handelt es sich um eine MAGA-Propaganda-Seite, in der junge, meist in Bikinis gekleidete Frauen ihrer Verehrung für Donald Trump Ausdruck geben.
In der politischen Propaganda ist Vieles erlaubt, auch nackte Haut. Doch damit begnügt sich MagaBabe nicht. Kürzlich wurden auf dieser Website Ausschnitte aus einem Gespräch zwischen dem ehemaligen NATO-Kommandanten Wesley Clark und einer in Ungarn geborenen Frau namens Kati Marton veröffentlicht. Diese Gesprächsfetzen sollten suggerieren, dass in den USA eine gross angelegte Diffamierungskampagne gegen Viktor Orbán, den ungarischen Premierminister, im Gange sei. Drahtzieher soll dabei – wie könnte es auch anders sein – der Financier George Soros sein.
Eine Diffamierungskampagne gibt es tatsächlich – allerdings mit umgekehrten Vorzeichen. Die angebliche Verschwörung zwischen Clark und Marton ist reine Erfindung. Trotzdem wird die Theorie fleissig weiterverbreitet. In Ungarn hat die Website Mandiner, die von einer Orbán-nahen Organisation kontrolliert wird, diesen Unsinn sofort aufgegriffen. Inzwischen wabbelt sie ungefiltert durch die rechtsextreme Szene.
Was wir hier sehen, ist klassische Propaganda, wie sie der russische Geheimdienst KBG während des Kalten Krieges betrieben hat – mit einem Unterschied: dem Internet und den sozialen Medien. «Wir sind zurück in den Fünfzigerjahren», sagt denn auch Kati Marton. «Ich werde in die gleiche Rolle gedrängt wie seinerzeit meine Eltern, als Feindin des Volkes.»
Auch in Ungarn löst die hanebüchene Verschwörungstheorie Unbehagen aus. Lukas Csaba, der die konservative, aber Orbán-kritische Wochenzeitung «Magyar Hang» herausgibt, erklärt gegenüber der «New York Times»: «Wir sind noch nicht so weit wie in Russland. Wir fallen noch nicht aus dem Fenster. Aber wir sind diesem Zustand einen Schritt näher gekommen.»
Noch vor wenigen Wochen hat Trump Orbán als türkischen Präsidenten bezeichnet. Inzwischen weiss er es besser. Die beiden rücken immer näher zusammen. Das ist kein Zufall. Tucker Carlson, der wohl führende Ideologe der Rechtsextremen, hat den ungarischen Premier schon während seiner Fox-News-Zeit besucht und in den Himmel gehoben. Kürzlich hat er ein langes Gespräch auf X (ehemals Twitter) nachgeschoben. Viktor Orbán ist mittlerweile auch ein regelmässiger Gast bei CPAC, dem Woodstock der Rechtsextremen.
Am vergangenen Freitag hat ihn Trump nach Mar-a-Lago, seine Residenz in Florida, eingeladen. Er überschlug sich dabei mit Lobpreisungen. «Es gibt niemanden, der besser, smarter oder ein besserer Führer ist als Viktor Orbán», erklärte Trump und fügte hinzu, er sei auch ein harter, ganz harter Typ. «Deswegen mögen ihn einige Leute nicht.»
Trumps Liebe zu Diktatoren wie Wladimir Putin und Xi Jinping ist mittlerweile bestens bekannt. Orbán bewundert er vor allem, weil dieser es geschafft hat, eine Demokratie Schritt für Schritt zu unterwandern und in ein autoritäres Regime zu verwandeln. Der Ex-Präsident strebt dieses Ziel ebenfalls an, und niemand glaubt ihm, dass er bei einer allfälligen Wiederwahl bloss «Diktator für einen Tag» sein werde, wie er dies in die Welt hinausposaunt.
Zumindest die Partei hat Trump nach dem Vorbild von Orbán bereits vollständig unter Kontrolle. Ronna McDaniel, die bisherige Chefin der Grand Old Party (GOP) musste – obwohl sehr Trump-hörig – zurücktreten. Ersetzt worden ist sie durch einen gewissen Michael Whatley und Lara Trump, die Schwiegertochter des Ex-Präsidenten. Gleichzeitig sind rund 60 Personen aus dem Republican National Committee entlassen worden.
Damit kann Trump fortan mit der GOP tun und lassen, was er will. Vor allem kommt er an die Geldtöpfe heran, und Geld hat er dringend nötig. In den letzten Tagen musste er eine Sicherheit für rund 90 Millionen Dollar bei Gericht hinterlegen, weil er die Journalistin E. Jean Carroll mehrfach diffamiert hatte. Mehr als 400 Millionen Dollar muss er in zwei Wochen abliefern, weil er schuldig gesprochen wurde, seine Bilanzen gefälscht zu haben. Dazu kommen Anwaltskosten, die sich allein im letzten Jahr auf über 50 Millionen Dollar belaufen haben.
Um seine finanziellen Engpässe zu überwinden, macht Trump es wie Orbán, er erpresst Unternehmen. So hat die Bierbrauerei Anheuser-Busch kürzlich ein 10’000-Dollar-pro-Person-Diner zugunsten von Trump abgehalten. Hintergrund: Anheuser-Busch hat ein grosses Problem, weil die Konservativen den Genuss ihres wichtigsten Produkts, Bud Light, nach einem Werbespot mit einer Transperson verweigern. Nun hat Trump seine MAGA-Meute dazu aufgerufen, den Bann gegen das Bier wieder aufzuheben.
Noch eklatanter ist der Fall von TikTok. Das chinesisch kontrollierte soziale Medium steht seit langem in Verdacht, versteckte Propaganda für China zu machen und auch Daten von Amerikanern nach Peking zu liefern. Weil China zum Erzfeind der Amerikaner im allgemeinen und den Republikanern im speziellen geworden ist, wollte Trump noch während seiner Amtszeit mit präsidialen Verordnungen erreichen, dass TikTok in amerikanische Hände überführt wird. Er scheiterte jedoch aus juristischen Gründen.
Inzwischen hat sich jedoch auch der Kongress eingeschaltet. Ein Komitee des Abgeordnetenhauses hat mit 50 zu null Stimmen beider Parteien beschlossen, dass die chinesische Kontrolle von TikTok aufgehoben werden muss. Das Gesetz soll nun vom Abgeordnetenhaus abgesegnet werden. Doch jetzt hat sich Trump eingeschaltet – und zwar zugunsten von TikTok. «Es gibt viele junge Menschen auf TikTok, die Amok laufen, wenn es verschwindet», so Trump. «Es gibt viel Gutes und viel Schlechtes auf TikTok.»
Der Ex-Präsident führt auch an, einzig Facebook würde von einem TikTok-Verbot profitieren. Weil diese Plattform ihn nach dem 6. Januar 2021 verbannt hat, hegt er immer noch einen Groll gegen Mark Zuckerberg.
Wie ist die 180-Grad-Kehrwende in Sachen TikTok zu erklären? «Verfolgt die Spur des Geldes», ist meist eine erfolgversprechende Strategie. Auch dieses Mal. Trump hat sich nämlich kürzlich mit Jeff Yass getroffen, einem Milliardär und wichtigen TikTok-Aktionär. Die Korruption ist so offensichtlich, dass sich selbst in der MAGA-Meute Widerstand regt. So schrieb etwa Steve Bannon, Trumps ehemaliger Chefstratege, auf seiner Website: «Simple. Yass Coin.»
Ja, es scheint derzeit noch unwahrscheinlich, aber strategische Planung muss immer den Worst Case mitdenken! Vor 10 Jahren hätte man auch nicht gedacht, dass die russische Armee dereinst am Dnipro stehen wird.
@ Watson, ich fände es interessant, wenn ihr mal beim VBS anfragen könntet, ob für den Umgang mit dieser veränderten Bedrohungslage überhaupt Pläne bestehen.
Wenn sie es exakt genau gleichzeitig machen ... schwupp ... sind beide vom Erdboden verschwunden – aufgelöst im Nichts. 😉
Irgendwie logisch, oder? 😏