Nikki Haley war eben im Begriff, zu ihrer Rede zum Ausgang der Vorwahlen im Bundesstaat New Hampshire anzusetzen, da trudelte bei den Medien eine Meldung ein: «Trump hat jetzt die Nomination zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner auf sicher.» Absender der frohen Botschaft war nicht etwa das Wahlkampf-Team von Donald Trump. Sie stammte vielmehr vom Team seines Erzrivalen Joe Biden.
Beide, Präsident und Ex-Präsident, dürften nun erreicht haben, was eine überwältigende Mehrheit der Amerikanerinnen und Amerikaner nicht will: Sie werden im November erneut gegeneinander antreten. Zwar will Nikki Haley weiterkämpfen. «Das Rennen ist noch lange nicht vorbei», beteuerte sie tapfer nach ihrer Niederlage in New Hampshire. Ihre Chancen tendieren jedoch gegen null, und sie riskiert, sich innerhalb der Grand Old Party unbeliebter zu machen als sie bereits ist.
Sollte Trump aus gesundheitlichen oder anderen Gründen ausscheiden, dann könnte Haley allenfalls noch auf eine Nominierung hoffen. Deshalb hat sie bei den TV-Stationen in South Carolina für rund zwei Millionen Dollar Werbezeit reservieren lassen. Dort war sie einst Gouverneurin und dort werden die nächsten Vorwahlen über die Bühne gehen. Doch auch das dürfte vor allem das Biden-Team freuen. Solange Haley weitermacht, muss Trump Geld und Zeit für den Kampf gegen sie aufwenden.
Trump kann sich derweil nur bedingt über seinen Sieg freuen. Seine Siegesrede war denn auch weder triumphal noch staatsmännisch-versöhnlich. Im Gegenteil, sie war gehässig. «Nur ein kleiner Hinweis an Nikki, sie wird nicht gewinnen», erklärte er und fügte eine Warnung hinzu: «Ich werde nicht wütend, ich werde mich revanchieren.»
Die schlechte Laune des Ex-Präsidenten hing nicht nur damit zusammen, dass er weniger deutlich als erwartet gewonnen hatte. Das Resultat in New Hampshire ist auch ein Hinweis darauf, dass seine Siegeschancen im November gar nicht so toll aussehen. So hat eine Umfrage von NBS/News und Register/Mediacom ergeben, dass 43 Prozent der Haley-Wähler im Januar ihre Stimme für Biden abgeben werden. Das «Wall Street Journal» meldet derweil, dass Haley rund 60 Prozent der unabhängigen Stimmen für sich gewinnen konnte.
Zu einem ähnlichen Resultat war zuvor eine Umfrage der New York Times/Siena College im Bundesstaat Iowa gekommen. Auch dort hatte Trump zwar deutlich gewonnen, doch auch dort tendieren die unabhängigen Wähler zu Biden. «Auf Donald Trump kommt ein grosses Problem zu», stellt das Newsportal Politico daher fest.
Der Grund für Trumps Zorn auf Hailey dürfte auch darin liegen, dass die ehemalige UN-Botschafterin ihn neuerdings frontal attackiert und dabei den Finger auf den wunden Punkt legt: auf seinen Geisteszustand. Fox News und die Republikaner hämmern zwar unermüdlich auf Bidens angebliche kognitive Schwäche und sein greisenhaftes Auftreten ein. Doch es ist Trump, bei dem Anzeichen von Altersdemenz immer deutlicher und öfter auftreten. Hier ein paar Beispiele:
Auch äusserlich kann Trump sein Alter zunehmend schlechter übertünchen. Er prahlt zwar damit, dass er viele Pfunde abgenommen habe, doch Bilder vom Golfplatz zeigen, dass er ohne die orange Maske geradezu greisenhaft aussieht. Um seine wenigen Haare so zu büscheln, dass sie seine Glatze überdecken, brauchen Coiffeure täglich Stunden.
Haley betont daher, dass Trump nicht nur zu alt sei, um ein zweites Mal in Weisse Haus einzuziehen, er sei auch nicht mehr in der Lage, das Amt des Präsidenten auszuüben. «Wir können es nicht verantworten, jemand an dieser Stelle zu haben, der dazu mental nicht mehr in der Lage ist», erklärte sie.
Schliesslich passt es Trump überhaupt nicht in den Kram, dass die Wirtschaft sich in Richtung eines «Soft Landing» bewegt, sich die Konsumentenstimmung deutlich aufgehellt hat, sich die Arbeitslosenzahlen auf einem Rekordtief und die Börsenindices auf einem Rekordhoch befinden. Der Ex-Präsident reagiert darauf in gewohnter Manier: Er verleugnet die Fakten. Die offiziellen Arbeitslosenzahlen seien gefakt, behauptet er neuerdings – selbstverständlich ohne den Hauch eines Beweises.