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Wieder eine ganz miese Woche für Donald Trump

FILE - Former President Donald Trump departs Trump Tower, Aug. 10, 2022, in New York, on his way to the New York attorney general's office for a deposition in civil investigation. A newly release ...
Unter Druck: Donald Trump.Bild: keystone
Analyse

Donald Trump hatte eine ganz schlechte Woche

Seine Richterin wurde ausgetrickst, sein ehemaliger Chefstratege Steve Bannon wird angeklagt – und seine soziale Plattform findet keine Investoren.
09.09.2022, 16:1110.09.2022, 14:05
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Noch vor Tagen schien es, als ob es der von Trump ernannten Richterin Aileen Cannon gelungen sei, das Verfahren des FBI und des Justizdepartements für lange Zeit zu blockieren. Sie hatte verlangt, dass ein Special Master sämtliche in Mar-a-Lago beschlagnahmten Dokumente überprüfen müsse, bevor sie von den Strafbehörden unter die Lupe genommen werden können.

Dieses Urteil ist juristisch gesehen mehr als fragwürdig. Nicht nur die Mehrheit der Experten hat es in der Luft zerrissen. Selbst Trumps ehemaliger Justizminister William Barr – der in seiner Amtszeit vor keiner Schandtat zurückgeschreckt ist – hat es vernichtend kritisiert.

Wurde vom Justizministerium ausgetrickst: Trump-Richterin Aileen Cannon.
Wurde vom Justizministerium ausgetrickst: Trump-Richterin Aileen Cannon.bild: screenshot youtube

Nun stellt sich heraus, dass Richterin Cannon wahrscheinlich einen Pyrrhussieg errungen hat. Sie ist von den Anwälten des Justizministeriums klassisch ausgetrickst worden, und zwar wie folgt:

Die Anwälte des Justizministeriums stellen zwar in Aussicht, das Skandalurteil vor ein Berufungsgericht weiterzuziehen. Doch sie verlangen gleichzeitig, dass die rund 100 Dokumente, die als «top secret» klassifiziert sind, sofort freigegeben und nicht der Prüfung eines Special Masters unterzogen werden müssen. Sie haben dafür stichhaltige Gründe:

  • Diese Dokumente gehören den National Archives und nicht Trump. Sie sind daher weder von einem Anwaltsgeheimnis noch von einem Executive Privilege geschützt.
  • Die Dokumente sind so geheim, dass sich gar kein Special Master finden liesse, der die Berechtigung hätte, sie einzusehen.
  • Die «Washington Post» hat enthüllt, dass sich unter diesen Dokumenten auch solche befinden, welche sich mit den nuklearen Geheimnissen eines Drittstaates befassen. Es sei daher dringlich und «im höchsten Interesse für die nationale Sicherheit», dass diese Dokumente ausgewertet werden, argumentieren die Anwälte des Justizministeriums.
  • Die Richterin hat verfügt, dass die Geheimdienste befugt seien, den Schaden abzuklären, das FBI jedoch vorläufig nicht befugt sei, die Straftat zu untersuchen. Dabei hat sie einen stümperhaften Fehler begangen. Ihr ist entgangen, dass sich diese beiden Verfahren gar nicht trennen lassen. Ja, sie weiss offenbar nicht einmal, dass auch das FBI zusammen mit der CIA und der NSA ebendiese Geheimdienste bildet. Die CIA und die NSA sind dabei für das Ausland zuständig und verfügen gar nicht über die Instrumente, um eine Schadensabklärung im Innern durchzuführen.
  • Die Anwälte des Justizministeriums verlangen schliesslich, dass die Richterin ihr Urteil bis spätestens zum 15. September revidiert. Ansonsten sei sie persönlich haftbar für den Schaden an der nationalen Sicherheit, der dadurch entstehen könnte.

Die Trump-Richterin hat sich nicht nur blamiert, sie muss auch damit rechnen, von der nächsthöheren Instanz abgestraft zu werden. Obwohl das zuständige Berufungsgericht ebenfalls von konservativen Richtern dominiert wird, rechnen die Experten damit, dass sie dem Begehren des Justizministeriums stattgeben werden. Deshalb scheint die Richterin auch bereits einzulenken. Sie hat die Anwälte von Trump aufgefordert, zu den Begehren des Justizministeriums Stellung zu nehmen.

Damit zeichnet sich immer deutlicher ab, dass Justizminister Merrick Garland gewillt ist, den Ex-Präsidenten anzuklagen. Angesichts der bereits bekannten Fakten hat er wahrscheinlich gar keine andere Wahl.

Former White House strategist Steve Bannon is escorted to the courtroom of the Manhattan district attorney's office after surrendering to New York authorities, Thursday, Sept. 8, 2022, in New Yor ...
In Handschellen dem Richter vorgeführt: Steve Bannon.Bild: keystone

Bereits angeklagt ist Trumps ehemaliger Chefstratege Steve Bannon. Dieser wurde zwar vom Ex-Präsidenten am letzten Tag von dessen Amtszeit begnadigt, doch das schützt ihn nicht vor einem zweiten Verfahren. Die präsidiale Begnadigung gilt nämlich nur für Straftaten, die von den nationalen Behörden verfolgt werden. Die Strafbehörden der einzelnen Bundesstaaten können jedoch weiterhin tätig sein.

Genau dies tut nun der Staatsanwalt von Manhattan, Alvin Bragg. Er hat soeben Bannon in Handschellen einem Richter vorführen lassen, wo dem Ex-Strategen eine happige Anklage vorgelesen wurde. Sie lautet auf Geldwäscherei und Betrug. Worum geht es?

Bannon hat zusammen mit einem gewissen Brian Kolfage und zwei weiteren Männern eine Organisation gegründet mit dem Zweck, private Spenden zu sammeln, um angeblich damit Teile einer Mauer gegen Mexiko zu finanzieren. Insgesamt kamen so rund 25 Millionen Dollar an Spenden zusammen.

Obwohl Bannon hoch und heilig geschworen hatte, keinen Cent dieses Geldes für private Zwecke zu verwenden, hat er genau dies getan, und zwar in sechsstelliger Höhe. Deshalb wurde er auch im Herbst 2020 auf der Yacht eines chinesischen Milliardärs verhaftet. Bevor er jedoch angeklagt werden konnte, hatte ihn Trump vorsorglich begnadigt.

Das scheint sich nun zu rächen. Bannon kann nun nicht geltend machen, zweimal für das gleiche Verbrechen angeklagt zu werden und damit einer Strafe entgehen.

Stattdessen muss er mit einer mehrjährigen Gefängnisstrafe rechnen, und zwar in einem der berüchtigtsten Strafanstalten der USA, Rikers Island in New York. Die Staatsanwaltschaft verfügt über eindeutige Beweise für ihre Anklage und die anderen, nicht von Trump begnadigten Mittäter haben sich bereits für schuldig erklärt. Um eine mildere Strafe zu erhalten, arbeiten sie jetzt möglicherweise mit der Staatsanwaltschaft zusammen.

Düster sieht es auch bei Trumps sozialer Plattform Truth Social aus. Eigentlich wollte der Ex-Präsident damit das Geschäft seines Lebens machen. Er hatte sich erhofft, bei einem Börsengang mittels eines Spacs (fragt nicht!) rund 1,3 Milliarden Dollar zu kassieren. Diese Woche hat sich jedoch herausgestellt, dass die potenziellen Investoren kalte Füsse gekriegt haben, und dass aus dem geplanten Börsengang nichts wird. Das ist auch nicht weiter verwunderlich. Ausser ein paar verwirrten QAnon-Anhängern verirrt sich kaum ein User auf Trumps missglückte Twitter-Konkurrenz.

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75 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Bikemate
09.09.2022 16:22registriert Mai 2021
Eine schlechte Woche für Trump, ist eine gute Woche für die Menschheit.
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coheed
09.09.2022 16:21registriert November 2017
Leider nicht schlecht genug...
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International anerkannter Experte für ALLES
09.09.2022 16:57registriert Juli 2021
Danke! Das macht Mut, dass der orange Overall bald eine ebensolche Füllung bekommt.
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