Noch vor Tagen schien es, als ob es der von Trump ernannten Richterin Aileen Cannon gelungen sei, das Verfahren des FBI und des Justizdepartements für lange Zeit zu blockieren. Sie hatte verlangt, dass ein Special Master sämtliche in Mar-a-Lago beschlagnahmten Dokumente überprüfen müsse, bevor sie von den Strafbehörden unter die Lupe genommen werden können.
Dieses Urteil ist juristisch gesehen mehr als fragwürdig. Nicht nur die Mehrheit der Experten hat es in der Luft zerrissen. Selbst Trumps ehemaliger Justizminister William Barr – der in seiner Amtszeit vor keiner Schandtat zurückgeschreckt ist – hat es vernichtend kritisiert.
Nun stellt sich heraus, dass Richterin Cannon wahrscheinlich einen Pyrrhussieg errungen hat. Sie ist von den Anwälten des Justizministeriums klassisch ausgetrickst worden, und zwar wie folgt:
Die Anwälte des Justizministeriums stellen zwar in Aussicht, das Skandalurteil vor ein Berufungsgericht weiterzuziehen. Doch sie verlangen gleichzeitig, dass die rund 100 Dokumente, die als «top secret» klassifiziert sind, sofort freigegeben und nicht der Prüfung eines Special Masters unterzogen werden müssen. Sie haben dafür stichhaltige Gründe:
Die Trump-Richterin hat sich nicht nur blamiert, sie muss auch damit rechnen, von der nächsthöheren Instanz abgestraft zu werden. Obwohl das zuständige Berufungsgericht ebenfalls von konservativen Richtern dominiert wird, rechnen die Experten damit, dass sie dem Begehren des Justizministeriums stattgeben werden. Deshalb scheint die Richterin auch bereits einzulenken. Sie hat die Anwälte von Trump aufgefordert, zu den Begehren des Justizministeriums Stellung zu nehmen.
Damit zeichnet sich immer deutlicher ab, dass Justizminister Merrick Garland gewillt ist, den Ex-Präsidenten anzuklagen. Angesichts der bereits bekannten Fakten hat er wahrscheinlich gar keine andere Wahl.
Bereits angeklagt ist Trumps ehemaliger Chefstratege Steve Bannon. Dieser wurde zwar vom Ex-Präsidenten am letzten Tag von dessen Amtszeit begnadigt, doch das schützt ihn nicht vor einem zweiten Verfahren. Die präsidiale Begnadigung gilt nämlich nur für Straftaten, die von den nationalen Behörden verfolgt werden. Die Strafbehörden der einzelnen Bundesstaaten können jedoch weiterhin tätig sein.
Genau dies tut nun der Staatsanwalt von Manhattan, Alvin Bragg. Er hat soeben Bannon in Handschellen einem Richter vorführen lassen, wo dem Ex-Strategen eine happige Anklage vorgelesen wurde. Sie lautet auf Geldwäscherei und Betrug. Worum geht es?
Bannon hat zusammen mit einem gewissen Brian Kolfage und zwei weiteren Männern eine Organisation gegründet mit dem Zweck, private Spenden zu sammeln, um angeblich damit Teile einer Mauer gegen Mexiko zu finanzieren. Insgesamt kamen so rund 25 Millionen Dollar an Spenden zusammen.
Obwohl Bannon hoch und heilig geschworen hatte, keinen Cent dieses Geldes für private Zwecke zu verwenden, hat er genau dies getan, und zwar in sechsstelliger Höhe. Deshalb wurde er auch im Herbst 2020 auf der Yacht eines chinesischen Milliardärs verhaftet. Bevor er jedoch angeklagt werden konnte, hatte ihn Trump vorsorglich begnadigt.
Das scheint sich nun zu rächen. Bannon kann nun nicht geltend machen, zweimal für das gleiche Verbrechen angeklagt zu werden und damit einer Strafe entgehen.
Stattdessen muss er mit einer mehrjährigen Gefängnisstrafe rechnen, und zwar in einem der berüchtigtsten Strafanstalten der USA, Rikers Island in New York. Die Staatsanwaltschaft verfügt über eindeutige Beweise für ihre Anklage und die anderen, nicht von Trump begnadigten Mittäter haben sich bereits für schuldig erklärt. Um eine mildere Strafe zu erhalten, arbeiten sie jetzt möglicherweise mit der Staatsanwaltschaft zusammen.
Düster sieht es auch bei Trumps sozialer Plattform Truth Social aus. Eigentlich wollte der Ex-Präsident damit das Geschäft seines Lebens machen. Er hatte sich erhofft, bei einem Börsengang mittels eines Spacs (fragt nicht!) rund 1,3 Milliarden Dollar zu kassieren. Diese Woche hat sich jedoch herausgestellt, dass die potenziellen Investoren kalte Füsse gekriegt haben, und dass aus dem geplanten Börsengang nichts wird. Das ist auch nicht weiter verwunderlich. Ausser ein paar verwirrten QAnon-Anhängern verirrt sich kaum ein User auf Trumps missglückte Twitter-Konkurrenz.