Die MAGA-Bulldogge hinter Trumps Shutdown
Donald Trump hat ein neues Spielzeug entdeckt: mit künstlicher Intelligenz erzeugte Videos. Mit seiner jüngsten Kreation will er Chuck Schumer, den Führer der Demokraten im Senat, und Hakeem Jeffries, dessen Gegenstück im Abgeordnetenhaus, veräppeln. Schumer lässt er sagen, dass die Demokraten für alle illegalen Immigranten die Gesundheitskosten übernehmen wollen. Jeffries klebt er einen falschen Bart an und setzt ihm einen Sombrero auf den Kopf.
All dies ist natürlich Fake und soll den Eindruck erwecken, dass die Demokraten daran Schuld seien, wenn möglicherweise schon morgen die Amerikaner wieder einmal einen sogenannten Shutdown der Regierung über sich ergehen lassen müssen.
Kein Bluff ist hingegen die Drohung des Präsidenten, in diesem Fall massenhaft Beamte auf die Strasse zu stellen. Der Mann, der dafür sorgen wird, dass diese Drohung auch umgesetzt wird, heisst Russell Vought («woot» ausgesprochen) und ist Chef des Office of Management and Budget (OMB) und damit der wohl einflussreichste Technokrat im Weissen Haus.
Das OMB ist die Schaltstelle aller Geldflüsse der US-Regierung. Wer dort weiss, welche Knöpfe man wann drücken muss, der ist sehr mächtig. Vought hat dieses Wissen. Er sass schon in Trumps erster Amtszeit an dieser Schaltstelle der Macht und während der vierjährigen Verbannung aus dem Weissen Haus hat er dieses Wissen systematisch erweitert.
Vought ist einer der Verfasser von «Project 2025», dem libertären Strategiepapier, das zum Ziel hat, die USA in einen reinen Nachtwächter-Staat zu verwandeln. Er ist auch ein tief gläubiger Christ, der gerne die Bibel zitiert, leise spricht und niemals flucht. Politisch ist er ein Überzeugungstäter. Leidenschaftlich kämpft er gegen einen seiner Ansicht nach aufgeblähte Staatsapparat und was er für den «Deep State» hält.
In diesem Kampf ist er erfolgreich. Er war es, der neun Milliarden Dollar Entwicklungshilfe wieder gestrichen hat, obwohl dieser Kredit vom Kongress bereits genehmigt war. Er hat hunderte von Verordnungen in Sachen Umweltschutz und Arbeitssicherheit gestrichen, und er macht sich dafür stark, dass der Präsident auch der Notenbank seinen Willen aufzwingen kann.
Mit seinem unzimperlichen Vorgehen eckt Vought gelegentlich selbst bei den Republikanern an. «Senatorin Susan Collins, die Vorsitzende des Appropriations Committee, nannte es illegal», schreibt die «New York Times». Die Libertären hingegen überschütten ihn mit Lob. So erklärt der bekannte Anti-Steuern-Aktivist Grover Norquist: «Er setzt seine Billard-Kugeln so perfekt an, dass jeder Stoss zum Erfolg führt.»
Derweil adelt Trumps ehemaliger Chefstratege Steve Bannon Vougth mit dem Titel «die MAGA-Bulldogge».
Zu Beginn der zweiten Amtszeit Trumps musste Vought zunächst hinten anstehen und das Feld Elon Musk und seiner DOGE-Truppe überlassen. Schliesslich hatte der Tesla-Boss Trumps Wahlkampagne mit 250 Millionen Dollar unterstützt und vollmundig versprochen, über Nacht mindestens zwei Billionen Dollar aus dem Staatsbudget zu streichen.
Musk scheiterte kläglich und wurde deshalb auch sang- und klanglos aus dem Weissen Haus gewiesen. Seither hat Vought das Feld für sich, und anders als Musk hat er auch seine Hausaufgaben gemacht. «Mr. Vought war ausser sich, als er das Chaos sah, das DOGE verursachte», stellt die «New York Times» fest.
Dieses Chaos hat er inzwischen wieder in den Griff bekommen. Sein Freund Joe Grogan, der in Trumps erster Amtszeit ebenfalls im Weissen Haus tätig war, stellt nachträglich fest: «DOGE wäre weit effektiver gewesen, hätten sich die Vertreter die Mühe genommen, Russ zu fragen, wie sie ihre Ziele erreichen können.»
Sollten Shutdown und Massenentlassung somit Tatsache werden, ist das OMB bestens darauf vorbereitet. Es habe bereits an alle Verwaltungsstellen eine Weisung erlassen, wer im Falle einer Massenentlassung davon betroffen sei, meldet die «Washington Post». Vought wäre damit seinem Traum eines superschlanken Nachtwächterstaates einen grossen Schritt nähergekommen.
Ob es so weit kommen wird, wird sich weisen müssen. Die Demokraten scheinen endlich ihr Thema gefunden zu haben: die Gesundheitskosten. Sie machen ihre Zustimmung zur Verlängerung des Budgets davon abhängig, dass gleichzeitig auch die Subventionen der Krankenkassen im Rahmen des Affordable Care Act – auch Obamacare genannt – weitergeführt und die geplante Schliessung von Krankenhäusern in ländlichen Gegenden nicht umgesetzt wird.
Mit einem Filibuster im Senat können die Demokraten einen Shutdown erzwingen, und anders als im Frühjahr sind sie diesmal entschlossen, nicht nachzugeben. «Wenn wir ein Budget für die Vereinigten Staaten genehmigen sollen, dann muss die Krankenkasse für Millionen von Amerikanern gerettet werden. Punkt», erklärt die einflussreiche Senatorin Elizabeth Warren. «Das ist ein Kampf um Werte, und es ist allen klar, auf welcher Seite Trump und die Republikaner und auf welcher die Demokraten stehen. Wir sind bereit, zu kämpfen.»
In Trumps erster Amtszeit ist es den Demokraten gelungen, den Angriff auf Obamacare abzuwehren. Deshalb sind sie überzeugt, dass sie auch diesmal die Mehrheit der Amerikaner hinter sich haben und ein Shutdown ihnen deshalb helfen wird.
Trump hingegen setzt auf Massenentlassungen – und auf KI-generierte Videos. Eines davon befasst sich mit sogenannten «med beds». Gemeint sind damit Hi-Tech-Spitalbetten, in denen jeder, der sich in sie legt, sofort gesund wird, ja selbst abgetrennte Glieder sollen wieder nachwachsen. Diese absurde Verschwörungstheorie stammt – woher auch sonst – aus der Küche der Kultsekte QAnon. Sie behauptet, dass diese magischen «med beds» nur der geheimen Elite, welche angeblich die USA regiert, zur Verfügung stehen. Im KI-Video verspricht Trump, sie allen zugänglich zu machen. Kein Witz.