Kasachstan tritt Abraham-Abkommen bei – und Trump nutzt den Moment für sich
Es sollte ein grosser diplomatischer Auftritt werden: Bei einem Gipfel am Donnerstag in Washington kündigte US-Präsident Donald Trump an, dass Kasachstan den Abraham-Abkommen beitreten werde. Das ist jenes von den USA 2020 vermittelte Bündnis, das Israel und mehrere muslimisch geprägte Staaten diplomatisch zusammenführt.
Experten sehen in diesem Schritt vor allem Symbolpolitik, doch Washington erkennt darin mehr. Klar ist: Kasachstans Beitritt zeigt, dass die USA Zentralasien wieder als geopolitischen Schlüsselraum begreifen, alles zwischen russischem Druck, chinesischem Einfluss und westlichen Ambitionen.
Während Trump den Moment als eigenen Erfolg inszenierte, fiel er erneut mit einer sprachlichen Panne auf. Qassym-Schomart Kemeluly Toqajew, der 72-jährige Präsident des zentralasiatischen Landes, sass direkt gegenüber. Er reagierte mit demonstrativer Gelassenheit.
Trumps Aussprache-Panne – und Tokajews hymnisches Lob
Wie «Daily Beast» berichtet, passierte der Versprecher während eines gemeinsamen Abendessens mit den Staatschefs Zentralasiens. Trump verkündete stolz, dass Kasachstan nun «offiziell dem Abraham-Abkommen beigetreten» sei. Aus «Kazakhstan» wurde «Ka-zack-A-stan».
Er fügte neben der falschen Betonung auch eine zusätzliche Silbe in den Landesnamen ein. Toqajew blieb unbeeindruckt und lobte Trump stattdessen in fast religiösem Ton: «Sie sind der grosse Staatsmann, der vom Himmel gesandt wurde, um gesunden Menschenverstand und gemeinsame Werte in die US-Politik zurückzubringen», sagte er.
Trump bedankte sich knapp mit den Worten «Thank you, Mr. President. Great job, too», und lächelte in die Kameras. Auf Social Media kursierten derweil Memes über «Ka-ZACK-a-stan». Doch hinter dem amüsanten Auftritt verbirgt sich ein komplexer diplomatischer Schachzug: Mit Kasachstans Beitritt dehnen sich die Abraham-Abkommen erstmals über den Nahen Osten hinaus bis nach Zentralasien aus.
Experten zu Kasachstan: mehr Symbolik als Revolution
Wie der Atlantic Council schreibt, ist der Schritt jedoch weniger ein diplomatischer Durchbruch als ein gezieltes Signal. «Das ist kein grosser Durchbruch, aber es hat symbolischen Wert», sagt Daniel B. Shapiro, ehemaliger US-Botschafter in Israel.
Kasachstan und Israel unterhalten bereits seit 33 Jahren diplomatische Beziehungen. Der Beitritt diene daher vor allem dazu, die Beziehungen zu den USA zu festigen.
Shapiro erinnert daran, dass auch frühere Initiativen wie das 2022 gegründete Negev-Forum ähnliche Ziele verfolgten: praktische Kooperation in Handel, Energie, Bildung und Technologie. Entscheidend werde sein, ob aus den neuen Symbolen konkrete Partnerschaften entstehen. «Ihr Erfolg wird sich an den Projekten messen lassen, die den Menschen tatsächlich zugutekommen», sagt Shapiro.
Eine neue Achse über den Nahen Osten hinaus
Für Sarah Zaaimi, Senior Fellow beim Atlantic Council, signalisiert der Schritt eine neue geopolitische Dimension. «Kasachstans Beitritt zeigt, dass die Zukunft der Abkommen die arabisch-israelische Ebene übersteigt», erklärt sie. Statt alter Feindbilder gehe es um die Bildung eines «pan-abrahamischen Blocks», eines Bündnisses muslimisch geprägter Staaten in Afrika und Asien.
Zaaimi verweist auf den jüngsten Gipfel im ägyptischen Scharm El-Scheich, bei dem auch Länder wie Indonesien und Pakistan über stärkere regionale Rollen diskutierten. Dass sich nun auch Kasachstan anschliesst, könne ein Auftakt für weitere Staaten im postsowjetischen Raum sein, etwa Aserbaidschan oder Usbekistan.
«Kasachstan ist erst der Anfang», so Zaaimi. Mit seinen Gas- und Uranvorkommen und seiner Lage am Kaspischen Meer verschafft es den USA und Israel einen strategischen Vorteil in einer Region, die Russland und Iran traditionell als ihre Einflusszone betrachten.
Auch Andrew D’Anieri vom Eurasia Center sieht in der Entscheidung vor allem Pragmatismus. «Kasachstan will so viele Partner wie möglich», sagt er laut Atlantic Council. Eingeklemmt zwischen Russland und China, wolle das Land seine aussenpolitischen Optionen erweitern, möglichst risikofrei. Der Beitritt zu den Abraham-Abkommen sei ein «kluger, aber kostengünstiger Schritt», um Washingtons Aufmerksamkeit zu gewinnen.
Genau das sieht Danny Citrinowicz, ehemaliger Analyst des israelischen Militärgeheimdienstes, laut Atlantic Council kritisch. «Die Trump-Regierung versucht, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: zu zeigen, dass die Marke ‹Abraham Accords› noch lebt, und gleichzeitig China in Eurasien herauszufordern», sagt Citrinowicz.
Doch ohne Fortschritte im israelisch-palästinensischen Dialog bleibe der Effekt begrenzt. «Ohne Saudi-Arabien werden sich kaum weitere muslimische Staaten anschliessen», warnt er.
