Die Spezialfirma Ocean Infinity mit Sitz in den USA und Grossbritannien will die kommenden Wochen mithilfe des Tiefsee-Versorgungsschiffs «Armada 78 06» und autonomen Unterwasserfahrzeugen (AUVs) den Meeresboden nach Spuren der vermissten Boeing 777 absuchen, wie der australische Sender 9News und der britische «Telegraph» übereinstimmend schreiben. watson hatte bereits am Samstag über die Suche berichtet.
Seitens Ocean Infinity und der malaysischen Regierung lagen zunächst keine Stellungnahmen vor. Dann folgte am Dienstag die Bestätigung: Die Suche nach MH370 sei wieder aufgenommen worden, gab der malaysische Verkehrsminister Anthony Loke bekannt.
Laut einem Bericht des australischen Rundfunks (ABC) erklärte Loke gegenüber Reportern, die Vertragsdetails zwischen Malaysia und Ocean Infinity würden noch ausgearbeitet. Der malaysische Politiker habe jedoch «die Eigeninitiative von Ocean Infinity» begrüsst, ihre Schiffe einzusetzen, um mit der Suche nach der seit März 2014 vermissten Maschine zu beginnen.
Die maritime Hightech-Operation findet etwa 1500 Kilometer vor der Küste von Perth in Westaustralien statt. Ocean Infinity will sich demnach auf ein Gebiet von rund 15'000 Quadratkilometern und mehrere «Hotspots» konzentrieren, an denen das Wrack nach Ansicht von Forschern am wahrscheinlichsten liegt.
Auf dieser Tracking-Seite im Web können Interessierte die genaue Position von «Armada 78 06» verfolgen. Von dem Spezialschiff werden unbemannte Unterwasser-Fahrzeuge (AUV) losgeschickt, die den Meeresgrund scannen. Die Sensoren der Drohnen sind auch in der Lage, Trümmerteile im Boden aufzuspüren.
Allerdings handelt sich um eine komplizierte Mission. Nicht nur die Topografie des Meeresbodens, der sich in grosser Tiefe mehrere Kilometer unter der Oberfläche befindet und von Klippen und Vulkanen durchzogen ist, dürfte die Arbeit der Unterwasser-Drohnen erschweren – gleichzeitig braut sich gerade ein Zyklon über der Region zusammen und sorgt für hohen Wellengang, wie der australische Sender 9News berichtete.
Die Maschine vom Typ Boeing 777 war am 8. März 2014 auf einem Flug von Kuala Lumpur nach Peking plötzlich von den Radarschirmen verschwunden und vom Kurs abgewichen. Die Experten gehen davon aus, dass das Flugzeug danach mehrere Stunden lang in Richtung Süden unterwegs war – bis der Treibstoff ausging.
Es steht schon lange die Befürchtung im Raum, dass es sich um einen Pilotensuizid handelt, auf Englisch «Murder Suicide», dass also eines der beiden Cockpit-Mitglieder die Maschine abstürzen liess. Mehrere Indizien deuten auf den erfahrenen Flugkapitän hin.
Vom Hauptrumpf der Boeing 777, den 239 Insassen aus 14 Ländern und den Flugdaten-Schreibern fehlt bis heute jede Spur. Das Verschwinden der Maschine gehört zu den grössten Rätseln der Luftfahrtgeschichte.
In den ersten Jahren nach dem Verschwinden von MH370 wurden lediglich ein paar Dutzend Wrackteile an verschiedenen Küsten angeschwemmt, vor Afrika und den Inseln Mauritius und Madagaskar.
Malaysia, China und Australien starteten 2015 eine zwei Jahre lange Unterwassersuche, die ergebnislos abgebrochen wurde. Eine Suchaktion von Ocean Infinity im Jahr 2018 brachte ebenfalls keine Ergebnisse. Vermutet wird aber weiterhin, dass die Boeing 777 ins Meer stürzte und beim Aufprall auf der Wasseroberfläche zerbrach.
Bereits im letzten Jahr hatte das malaysische Verkehrsministerium angekündigt, dass die Suche nach der Maschine wieder aufgenommen werden sollte. Dank neuester Forschungsergebnisse und modernster Technologien gebe es Fortschritte bei der Lösung des Rätsels.
Mehrere Forscher und unabhängige MH370-Experten haben mit ihrer Arbeit zur Eingrenzung des MH370-Absturzorts beigetragen. Zu erwähnen ist eine neuartige Flug-Ortungs-Technik namens WPSR, die der pensionierte britische Avionik-Fachmann Richard Godfrey in Kooperation mit renommierten Wissenschaftlern erarbeitet und die auf der Auswertung von Funksignalen basiert. Aber auch der Fund von Trümmerteilen in Kombination mit der Analyse der Meeresströmungen im südlichen Indischen Ozean hat Erkenntnisse geliefert.
Wie der australische Rundfunk ABC am Dienstag berichtete, bestätigte nun der malaysische Verkehrsminister, dass ein zusätzliches Gebiet abgesucht wird:
Nach der Ankündigung Ende 2024, dass man sich über eine neue Suche geeinigt hatte, kam es bei den Vertragsverhandlungen zu unerklärlichen Verzögerungen. Unabhängige MH370-Experten wie der pensionierte britische Luft- und Raumfahrtingenieur Richard Godfrey äusserten daraufhin die Befürchtung, dass Malaysia nicht ernsthaft daran interessiert sei, das Wrack zu finden.
Der malaysische Verkehrsminister erklärte nun laut ABC-Bericht, dass über die Dauer der Suche «noch keine Einzelheiten ausgehandelt» worden seien. Loke wollte sich auch nicht dazu äussern, wann genau Ocean Infinity mit der neuen Suche nach MH370 begonnen hat.
Ocean Infinity hatte schon bei der ersten Suche einen «No Find, No Fee»-Deal ausgehandelt mit der Regierung in Kuala Lumpur. Das aktuelle Suchgebiet soll nun weitere Regionen umfassen, die bei den früheren Suchaktionen nicht abgedeckt worden waren.
Sollte das MH370-Wrack tatsächlich gefunden werden, wäre es Ocean Infinity nicht erlaubt, es ohne die Zustimmung der Regierung Malaysias zu bergen.
Die Unterwasserfahrzeuge werden in einer Tiefe von bis zu vier Kilometern in absoluter Dunkelheit unterwegs sein – deshalb könnte die Mission mehrere Wochen dauern, wie Fachleute vermuten. Sollten das Wrack und die Blackbox gefunden werden, könnte es endlich Antworten zum Schicksal der Insassen geben, auf die die Angehörigen seit so vielen Jahren warten.
Für Ocean Infinity wäre es nicht der erste Erfolg:
Wie Richard Godfrey in einem Update auf seiner Website mh370search.com schreibt, soll Armada 7806 am 5. März 2025 den Hafen im westaustralischen Fremantle anlaufen. Gemäss der Hafenbetreiberin ist ein kurzer Stopp geplant, mit erneuter Abfahrt am 6. März. Dann dürfte die Suche nach MH370 weitergehen.
(dsc)