Es deutet vieles darauf hin, dass ein Hightech-Schiff des Meeresrobotik-Unternehmens Ocean Infinity in Kürze mit der Suche nach MH370 beginnen wird.
Das mit ferngesteuerten Unterwasser-Fahrzeugen (AUV) bestückte Forschungsschiff Armada 7806 befindet sich nur noch etwa 300 Seemeilen vom Suchgebiet im südlichen Indischen Ozean entfernt. Dies erklärte der unabhängige MH370-Experte Richard Godfrey, der sich seit dem Verschwinden der Boeing 777 am 8. März 2014 intensiv mit der Flugkatastrophe befasst.
Seit Armada 7806 am 8. Februar in Port Louis, Mauritius, ausgelaufen ist, mit der ziemlich vagen Zielangabe «Offshore Australia», beschäftigt sich der Aviatik-Journalist Geoffrey Thomas in seinem YouTube-Kanal praktisch täglich mit den neusten Erkenntnissen zum Schiff. Als fachkundiger Gesprächspartner gibt Godfrey Einschätzungen zum möglichen Verlauf der MH370-Suche.
Tatsache ist, dass Ocean Infinity eine Nachrichtensperre verhängt hat und derzeit gar keine Fragen beantwortet. Auch keine allgemeinen Fragen zur Ausrüstung der Armada-Flotte, die als hochmodern gilt.
Auch das malaysische Verkehrsministerium hat bislang nicht auf eine Medienanfrage reagiert, es gibt aber doch gewisse neue Informationen (dazu unten mehr). Unklar ist vorläufig, ob Ocean Infinity die Suche ohne Vertrag mit Malaysia quasi auf eigene Faust startet.
Gemäss den auf einschlägigen Schifffahrts-Webseiten verfügbaren Angaben dürfte Armada 7806 am Sonntag, 23. Februar, gegen 20 Uhr (UTC) in dem rund 15'000 Quadratkilometer grossen Suchgebiet eintreffen.
In einem Update auf mh370search.com schreibt Godfrey, dass derzeit mehrere chinesische Fischkutter in der Region die Anfahrt von Armada 7806 erschwerten. Es hätten bereits Ausweichmanöver stattgefunden, «möglicherweise aufgrund von Fischernetzen oder Leinen».
Godfrey vermutet, dass dem Ocean-Infinity-Schiff rund 15 Tage für die Suche bleiben, bevor es einen Hafen in Westaustralien (Perth, Fremantle) anlaufen muss.
Es liegt im südlichen Indischen Ozean, weit abseits des zivilen Luftverkehrs und aller offiziellen Flugrouten.
Der unabhängige MH370-Experte Jean-Luc Marchand aus Belgien hat mit dem erfahrenen Piloten Patrick Blelly eine wahrscheinliche Flugroute von MH370 berechnet.
Die beiden bestätigen die Recherchen von Richard Godfrey, wonach Ocean Infinity die Suche ohne Einigung mit der malaysischen Regierung starten könnte. Obwohl noch immer kein Vertrag mit den zuständigen Behörden bestehe, befinde sich ein Ocean-Infinity-Schiff «auf dem Weg zum potenziellen Suchgebiet».
Auf ihrer gemeinsamen Website betreiben Marchand und Blelly einen Online-Tracker für das Schiff von Ocean Infinity namens Armada 7806, das sich dem wahrscheinlichen Suchgebiet im Indischen Ozean nähert.
Es ist anzumerken, dass Ocean Infinity bei der ersten Suche 2018 auf Geheiss der Regierung von Malaysia ein Gebiet absuchte, das gemäss den Einschätzungen von Richard Godfrey und weiteren unabhängigen Fachleuten einige Seemeilen entfernt vom Absturzort liegt.
Eine der gemäss Richard Godfrey angesehensten Experten bei der Suche nach MH370 ist der australische Ozeanograf Professor Charitha Pattiaratchi von der University of Western Australia. Pattiaratchis Analyse der Strömungen im Indischen Ozean mithilfe eines Supercomputers habe genau vorausgesagt, wo der amerikanische MH370-Trümmerjäger Blaine Gibson Wrackteile von MH370 an den Küsten Afrikas finden würde.
Gemäss der Hypothese von Flugkapitän Blelly wurde versucht, die Boeing 777 kontrolliert abstürzen zu lassen. Auch aufgrund der wenigen in Afrika an der Küste angespülten Trümmerteile gehen die meisten Fachleute davon aus, dass MH370 nicht mit maximaler Geschwindigkeit aufs Wasser aufprallte und völlig zerbarst.
Die Suche in 3000 bis 4000 Metern Tiefe sollen ferngesteuerte Unterwasserdrohnen übernehmen, diese werden auch als autonome Unterwasserfahrzeuge bezeichnet (englische Abkürzung: AUV). Gemäss Richard Godfrey hat das Suchschiff Armada 7806 von Ocean Infinity mindestens zwei AUV vom Typ «Hugin 6000 KM» des norwegischen Herstellers Argeo mit an Bord.
Solche Unterwasserdrohnen werden von einem landgestützten Kontrollteam über Satellit ferngesteuert. Ocean Infinity betreibt dazu Hightech-Operations-Zentren an verschiedenen Standorten weltweit, darunter in Southampton (England) und Hobart, Tasmanien.
watson hat beim malaysischen Verkehrsministerium und dem zuständigen Büro für Flugunfalluntersuchungen nachgefragt, die Antwort steht aus.
In den malaysischen TV-Nachrichten wurde diese Woche der malaysische Verkehrsminister Anthony Loke zitiert, wie Richard Godfrey in einem Interview mit dem Aviatik-Journalisten Geoffrey Thomas bestätigte. Demnach erklärte der hochrangige malaysische Politiker, dass der Vertrag, der die Details zur MH370-Suche durch Ocean Infinity regeln soll, zwar noch immer beim Generalstaatsanwalt liege. Die Bedingungen Malaysias sollten aber «in den nächsten Tagen festgelegt werden».
Eine Bestätigung, dass Malaysia grünes Licht zur neuen Suche gegeben hat, liegt bislang nicht vor.
Gegenüber watson hatte Oberstleutnant Muhammad Amir bin Abdullah vom Büro für Flugunfalluntersuchungen (AAIB) am 13. Februar erklärt, dass der Vertragsabschluss mit Ocean Infinity verschoben worden sei. Dies nährte bei unabhängigen Fachleuten den Verdacht, dass die malaysische Regierung auf Zeit spiele und gar nicht daran interessiert sei, das Wrack zu finden.
Der frühere australische Premierminister Tony Abbott sagte 2022, die «höchsten Ebenen» der malaysischen Regierung vermuteten schon lange, dass das Verschwinden von Malaysia-Airlines-Flug 370 ein Massenmord mit anschliessendem Suizid des Piloten war.
Es braucht zwingend mehr Transparenz. Die bei Flugzeugabstürzen zuständigen nationalen Behörden sollten deutlich aktiver und offener kommunizieren.
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Obwohl der zivile Flugverkehr eine beeindruckende Sicherheitsbilanz vorweisen könne, stelle jedes Unglück einen verheerenden Verlust dar und hinterlasse zerrüttete Familien und trauernde Gemeinden.
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