Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko sieht sich sechs Monate nach dem Beginn der Massenproteste gegen ihn wieder fest im Sattel.
Es werde irgendwann ein Belarus ohne ihn geben, sagte Lukaschenko am Donnerstag bei der Allbelarussischen Volksversammlung in Minsk. Aber: «Verstehen Sie, nicht heute, nicht morgen, nicht übermorgen.» Der oft als «letzter Diktator Europas» kritisierte Langzeitherrscher kündigte ausserdem eine neue Verfassung mit weniger Vollmachten für den Präsidenten an, über die das Volk Anfang 2022 abstimmen solle.
Zu den Reformen gedrängt worden war Lukaschenko immer wieder vom Nachbarn Russland, von dessen Milliardenkrediten das verarmte Belarus wirtschaftlich abhängig ist. Politologen bezweifeln aber, dass es dadurch echte Veränderungen geben wird.
Bei dem zweitägigen Kongress sollte auch ein neuer Fünfjahresplan beschlossen werden. Die Bilder der im belarussischen Staatsfernsehen übertragenen Veranstaltung erinnerten an sowjetische Parteitage. Lukaschenko zitierte auch den kommunistischen Revolutionsführer Lenin. Zum Abschluss seiner stundenlangen Rede applaudierten die rund 2700 anwesenden Volksvertreter mit Standing Ovations - dicht gedrängt und fast alle ohne Corona-Schutzmasken. Kritiker beklagen, dass sich Lukaschenko lediglich von handverlesenen und ihm ergebenen Delegierten umgibt, um sich in seinem Kurs bestätigen zu lassen.
Belarus steckt seit der Präsidentenwahl vom 9. August in einer schweren innenpolitischen Krise. Lukaschenko hatte sich nach 26 Jahren an der Macht mit 80.1 Prozent erneut zum Sieger erklären lassen, die Demokratiebewegung sieht hingegen Swetlana Tichanowskaja als wahre Gewinnerin. Auch die EU erkennt Lukaschenko nicht mehr als Präsident an. Die weithin als gefälscht angesehene Wahl löste landesweite Proteste mit zu Hochzeiten Hunderttausenden Teilnehmern aus, gegen die Sicherheitskräfte gewaltsam vorgingen. (sda/dpa)