Was darf Satire? Wieder einmal steht diese Frage im Zentrum einer aufgeregt geführten Diskussion in den sozialen Medien. Und wieder einmal dient eine Aktion der Satirezeitschrift «Charlie Hebdo» dafür als Auslöser. Auf dem neuen Cover des französischen Magazins sind Herzogin Meghan und Queen Elizabeth II. abgebildet. Die Ehefrau von Prinz Harry befindet sich auf der Zeichnung am Boden. Auf ihrem Hals kniet die 94-jährige Monarchin.
Pourquoi Meghan a quitté Buckingham ?
— Charlie Hebdo (@Charlie_Hebdo_) March 9, 2021
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En vente demain ! pic.twitter.com/X7hJHKHPDx
Das Bild erinnert an den Tod des US-Amerikaners George Floyd. Er starb am 25. Mai 2020 in Folge von Polizeigewalt. Ein Beamter hatte sein Knie insgesamt acht Minuten und 46 Sekunden auf den Hals des 46-Jährigen niedergedrückt. Der Hilferuf «I can't breathe» («Ich kann nicht atmen») ging in Folge des Tods als Statement gegen rassistische Polizeigewalt in den USA um die Welt.
Die Schlagzeile auf dem Cover von «Charlie Hebdo» lautet «Warum Meghan ging» – die Herzogin antwortet in der auf dem Titelblatt abgebildeten Karikatur mit den Worten: «Weil ich nicht mehr atmen konnte.» Eindeutige Anspielungen auf die Ereignisse im Mai 2020, als George Floyd durch einen brutalen Polizeieinsatz starb sowie auf die Aussagen von Meghan in dem aufsehenerregenden Interview mit Oprah Winfrey.
Dort schilderte die 39-Jährige unter anderem, und unter Suizidgedanken gelitten zu haben. Sie berichtete ausserdem von Rassismus innerhalb des Palasts gegenüber ihr und ihrem ungeborenen Sohn.
Auf Twitter hat das Cover eine Kontroverse ausgelöst. Der türkische NBA-Profi Enes Kanter nannte das Titelbild «Terrorismus». Der Basketballer erklärte: «Schande über ‹Charlie Hebdo› für die Unterstützung von Rassismus, Xenophobie, Islamophobie und Sexismus.» Das Magazin würde «Unterdrückung und Ungerechtigkeit für eine Pointe auf die leichte Schulter nehmen». Der 28-Jährige urteilte: «Rassismus ist keine freie Rede.»
Shame on @Charlie_Hebdo_ for promoting Racism, Xenophobia, Islamophobia and Sexism.
— Enes Kanter (@EnesKanter) March 13, 2021
They make millions while making light of oppression and injustice all for a punchline.
This is disgusting.
Racism is NOT free speech.
ITS HATE SPEECH AND TERRORISM! pic.twitter.com/hrWOH2LjuE
Die Rassismusexpertin Halima Begum vom britischen Thinktank Runnymede Trust empfand die Karikatur als «auf jeder Ebene falsch». Sie begründet ihre Bewertung so: «Dies verschiebt keine Grenzen, bringt niemanden zum Lachen oder stellt Rassismus infrage. Es würdigt die Probleme herab und verursacht auf der ganzen Linie Beleidigungen.»
Doch es gab auch prominente «Charlie Hebdo»-Unterstützer. Die schwarze belgische Europa-Politikerin Assita Kanko meinte: «‹Charlie Hebdo›, mach weiter». Satire sei «manchmal geschmackvoll, manchmal geschmacklos», aber dies sei «ein Zeichen für eine ordnungsgemäss funktionierende Demokratie und sollte daher niemals verboten werden».
Satire, soms smaakvol soms smakeloos, is een teken van een goed werkende democratie en mag dus nooit verboden worden. Wat mij betreft mag #CharlieHebdo dus verder doen. https://t.co/wU4qf7BJWc
— Assita Kanko MEP (@Assita_Kanko) March 14, 2021
Ein weiterer User kritisiert die Karikatur, unterstreicht allerdings auch die Presse- und Redefreiheit: «Ich stimme mit ihr nicht überein. Ich finde sie falsch, kindisch, beleidigend und respektlos. Aber ich unterstütze voll und ganz das Recht, sie zu veröffentlichen. Darum geht es bei der Redefreiheit.»
Längst nicht das erste Mal, dass «Charlie Hebdo» Empörung auslöst und die Meinungen spaltet. 2005 hatten umstrittene Mohammed-Karikaturen vor allem Kritik unter Muslimen ausgelöst. Am 7. Januar 2015 wurde dann die Macht der Satire auf tragische Weise deutlich.
Islamistische Terroristen stürmten die Redaktion der französischen Satirezeitschrift in Paris und erschossen insgesamt zwölf Menschen – und gaben die vermeintliche Muslimfeindlichkeit des Mediums als Grund an. Unter dem Begriff «Je suis Charlie» («Ich bin Charlie») solidarisierten sich daraufhin weltweit Millionen Menschen mit den Opfern des Anschlags.
Die überlebenden Mitarbeiter versprachen anschliessend, sich auch zukünftig im Andenken ihrer toten Kollegen nicht von dem Attentat zum Schweigen bringen zu lassen – und sorgen seitdem weiter mit spitzen Karikaturen für Aufsehen, so wie jetzt im Fall von Meghan und der Queen.
Was denkst du über das neue Titelblatt von «Charlie Hebdo»? Lass es uns in den Kommentaren wissen!
(sow/t-online)
Ich sehe weder Rassismus, noch ein Herunterspielen des Todes von Floyd, im Gegenteil.
Btw. hat Enes Kanter wirklich geschrieben, diese Abbildung sei Terrorismus?
Ich dachte immer, Terrorismus sei zB. eine Redaktion zu stürmen und das Personal niederzuschiessen. Aber so kann man sich täuschen.