Chinas Staatschef Xi Jinping liess den wichtigen G20-Gipfel am vergangenen Wochenende in Indien ausfallen. Stattdessen wurde die chinesische Delegation von Ministerpräsident Li Qiang, die Nummer zwei des Landes, angeführt. Äusserst ungewöhnlich sei das, hiess es von Experten. Es war das erste Mal, dass ein chinesischer Staatschef einem G20-Treffen fernblieb.
Die G20-Absage ist nicht das erste ungewöhnliche Zeichen des chinesischen Machthabers in den vergangenen Wochen. Auch beim Brics-Gipfel, der im August in Südafrika stattfand, gab es bereits einen Vorfall: Xi war zwar vor Ort, sagte aber kurzfristig eine wichtige Rede ab. Sein Handelsminister Wang Wentao las stattdessen den Text vor, was selbst das chinesische Aussenministerium offenbar überrumpelte. In Social-Media-Posts von offiziellen Quellen hiess es noch, Xi hätte die Rede selbst gehalten.
Hm. Except China's President Xi Jinping did NOT in fact give this address. Xi was inexplicably absent. Commerce Minister Wang Wentao gave it. CGTN's headline a bit clearer: Xi "made a speech" and added it was "read out" by Wang. Seems the president's absence was last minute? https://t.co/sbuJtrBwRI
— Ramy Inocencio 英若明 (@RamyInocencio) August 23, 2023
«Chinesische Staatsoberhäupter liessen niemals hoch choreografierte Veranstaltungen versäumen», hiess es angesichts der G20-Absage in der Berichterstattung des «China Global South Project». «Zu sagen, dass [Xis Abwesenheit] aussergewöhnlich ist, ist eine Untertreibung». Auch China-Experte Bill Bishop sagte gegenüber dem britischen «Guardian», dass es im August bereits einen langen Zeitraum ohne öffentliche Auftritte von Xi gegeben habe, was «ein bisschen seltsam» sei. «Diese Entscheidung in letzter Minute, das Wirtschaftsforum auszulassen, erscheint noch seltsamer.»
Da es aus China keine offiziellen Gründe für die Ausfälle gab, wurde in Expertenkreisen diskutiert und gemutmasst. Das angespannte Verhältnis zwischen Indien und China könnte die Ursache für Xis Fehlen in Neu-Delhi bei den G20 sein – also ein politisches Signal an Narendra Modi?
Doch auch andere Gerüchte wurden erneut befeuert. Spekuliert wurde unter anderem, dass es dem chinesischen Staatschef womöglich nicht gut gehe. Schon im vergangenen Jahr war in Medien berichtet worden, dass Xi an einem lebensbedrohlichem Aneurysma im Hirn leide. Die indische Nachrichtenagentur ANI (Asian News International) behauptete damals sogar, dass Xi daher Ende 2021 im Krankenhaus gewesen sei. Den indischen Medienberichten zufolge lasse Xi sich mit traditioneller chinesischer Medizin helfen. Eine Operation habe er ausgeschlagen.
Unter einem Aneurysma versteht man die krankhafte Erweiterung von Gefässen. Diese werden auch als tickende Zeitbomben im Körper bezeichnet. Viele Menschen leben ihr ganzes Leben mit einem Hirnaneurysma, ohne es zu merken. Wenn dieses jedoch reisst, verursacht das oft schwere Hirnschäden oder sogar den Tod der Betroffenen. Eine Operation ist äusserst risikoreich.
Ob die Gerüchte Desinformation oder gar eine Schmierkampagne gegen den chinesischen Machthaber sind, ist unklar. In den sozialen Netzwerken allerdings werden in letzter Zeit immer wieder neue Theorien aufgeworfen. Etwa, dass Xi schlecht höre oder beim Gehen schlurfe. Das chinesische Regime versuche den Berichten zufolge Suchanfragen über Xis Gesundheit zu blockieren. Denn während der Bundeskanzler in Deutschland nach einem Sturz mit Augenklappe herumläuft, können physische Schwächen von Machthabern einer Diktatur wie in China das gesamte System ins Wanken bringen.
US-Präsident Joe Biden sah Xis Absage trotz des angespannten Verhältnisses zwischen den beiden Ländern offenbar gelassen. Er hatte sich am Rande des G20-Gipfels mit seinem Vertreter ausgetauscht. «Ich habe mich heute mit seiner Nummer zwei (...) in Indien getroffen», sagte Biden am Sonntag bei einer Pressekonferenz in der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi über Präsident Xi.
«Er hat im Moment alle Hände voll zu tun.» Er gehe aber nicht davon aus, dass Chinas wirtschaftliche Schwäche dazu führe, dass das Land in Taiwan einmarschiere, antwortete Biden auf eine entsprechende Frage. «Das Gegenteil ist der Fall, denn China hat wahrscheinlich nicht mehr die gleichen Möglichkeiten wie früher.»
Verwendete Quellen:
Andererseits: China hat aktuell dermassen viele Probleme, die möglicherweise einen höheren Stellenwert haben als der G20-Gipfel.