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Uigurin über Folter in China: «Man hat mir die Gebärmutter entfernt»

Uigurin packt über Folter in China aus: «Man hat mir die Gebärmutter entfernt»

Der chinesischen Regierung wird vorgeworfen, Uiguren zu verfolgen und einzusperren. Überlebende berichten von Folter und Missbrauch. Eine Frau sagt nun, sie sei zwangssterilisiert worden.  
02.06.2022, 16:3302.06.2022, 16:33
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Die unterdrückten Uiguren in China

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Die unterdrückten Uiguren in China
In der Region Xinjiang im Westen Chinas, wo die muslimische Minderheit der Uiguren lebt, kommt es immer wieder zu Unruhen.
quelle: x01481 / kyodo
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Ein Artikel von
t-online

Bilder zeigen Polizisten mit schweren Knüppeln; Häftlinge, denen die Augen verbunden und die Füsse in Ketten gelegt sind: Am vergangenen Dienstag haben internationale Medien dank eines Datenlecks das Ausmass der Massenverhaftung und -verfolgung der Uiguren in der chinesischen Provinz Xinjiang offengelegt. Bilder aus den sogenannten Umerziehungslagern zeigen, wie Menschen durch Polizisten gefoltert und misshandelt werden. Nun spricht eine Frau, die nach eigener Aussage selbst Opfer des chinesischen Systems wurde.

«Ich wurde auf Anordnung der chinesischen Regierung zwangssterilisiert. Man hat mir die Gebärmutter entfernt», sagte Qelbinur Sedik dem ZDF. Sedik ist demnach Angehörige des überwiegend muslimischen Turkvolks der Uiguren. Neun Monate sei die ehemalige Lehrerin in einem sogenannten Umerziehungslager inhaftiert gewesen. «Manchen Frauen in den Lagern wurden Medikamente verabreicht, ohne dass sie wussten, wofür sie sind. Erst als sie nicht mehr ihre Periode bekamen, war klar: Das sind Sterilisierungsmedikamente», berichtete Sedik.

«Grausame Schreie» aus Verhörraum

Doch die Wachleute gingen laut Sedik weiter: «Man hat den Frauen die Haare kurz geschoren, sie mussten Uniformen tragen und immer wieder zum Verhör», sagte sie. Aus dem Verhörraum seien dann immer wieder «grausame Schreie» gedrungen. Einmal hätten Wachleute eine Frau weggetragen, die aufgrund von Folter so viel Blut verloren habe, dass sie starb. «Davon habe ich jetzt immer wieder Albträume», so Sedik. Und auch die Schreie und das Gelächter der Wachmänner, wenn sie Frauen vergewaltigten, könne sie «nie wieder» vergessen. Diese seien an der Tagesordnung gewesen.

Nach ihrer Freilassung sei Sedik nach Europa geflohen – ohne ihren Mann. «Die chinesische Regierung hat meinen Mann als Pfand in China behalten», erzählte sie. So wolle man sie zur Rückkehr zwingen. Ausserdem habe man ihn gezwungen, sich von ihr scheiden zu lassen. Immer wieder erhalte sie seitdem Anrufe aus China, in denen auch ihr Mann ihr Lügen vorwirft. Freiwillig mache er diese Aussagen nicht, vermutet Sedik. Doch wie es ihm geht, das wisse sie nicht. 

«Peking stellt die Uiguren unter Generalverdacht»

Seit Jahren beschuldigen Menschenrechtsorganisationen die Regierung in Peking , Menschenrechtsverletzungen in der chinesischen Uiguren-Region Xinjiang zu begehen. China hingegen streitet den Vorwurf ab und spricht von «Umerziehungslagern» in denen die Menschen von «terroristischen Bestrebungen» abgebracht werden sollten.

Internierung von Uiguren

Video: srf/Roberto Krone

Experten sehen darin jedoch einen Vorwand, um Uiguren und Uigurinnen zu diskriminieren und zu verfolgen. «Peking stellt die Uiguren unter Generalverdacht, alle islamistische Terroristen zu sein. Das entspricht definitiv nicht der Realität», sagte der Journalist und Autor Philipp Mattheis, langjähriger China-Korrespondent, im Interview mit t-online.

Kritik an China-Reise der UN-Menschenrechtskommissarin

Die UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet war in der vergangenen Woche in die Region gereist. Zeitgleich erschienen auch die Enthüllungen aus den mutmasslichen Folterlagern. Das Bundesaussenministerium zeigte sich am Montag jedoch enttäuscht über die Reise. 

Annalena Baerbock , Bundesaussenministerin, hatte Aufklärung der gravierenden Vorwürfe über schwerste Menschenrechtsverletzungen in der Provinz Xinjiang gefordert. «Die Reise der Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, nach China – für die wir uns lange Zeit eingesetzt hatten – konnte dieser Erwartung nicht gerecht werden», hiess es. Aufgrund der chinesischen Beschränkungen sei ein ungehinderter Zugang zu Personen und Orten nicht möglich gewesen. Eine unabhängige Einschätzung der Lage vor Ort sei dadurch ausgeschlossen gewesen. 

Kritiker hatten bereits vor Bachelets Reise davor gewarnt, dass sich die UN-Kommissarin von Peking instrumentalisieren lassen würde. Dabei stand besonders ein angekündigter Bericht zur Lage in Xinjiang in der Kritik, der von Bachelet zwar schon längst angekündigt, jedoch noch immer nicht veröffentlicht wurde. «Wir erwarten weiterhin, dass die Hochkommissarin den angekündigten Bericht zur Menschenrechtslage in Xinjiang (...) so schnell wie möglich veröffentlicht», forderte das Auswärtige Amt.

(MaM,dpa )

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66 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Triple A
02.06.2022 16:50registriert November 2018
Nachdem der Westen daran arbeitet, sich von Russland unabhängig zu machen, sollte er dies auch mit China tun. Dies ist fast unmöglich, aber notwendig!
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stormcloud
02.06.2022 16:44registriert Juni 2021
Tja China: Inzwischen glaubt niemand mehr das Märchen von den hübschen Schulen und Weiterbildungen.
Die grausame Fratze einer Diktatur wird mehr und mehr entblößt.
Das muss jetzt international Folgen haben, denn die Beweise sind erdrückend und kein Politiker kann sich noch herausreden, dass er/sie nichts davon gewusst hat...
Auch müssen die Konzerne, die in unmittelbarer Nähe dieser schrecklichen Lager ihre Fabriken errichtet haben, genau auf ihre Verflechtungen geprüft werden. Nur so zeigt sich, ob sie tatsächlich unbeteiligt sind, wie gerne behauptet.
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Sarkasmusdetektor
02.06.2022 17:06registriert September 2017
Eigentlich weiss man das alles seit Jahren. Aber erst wenn die Beweise erdrückend sind, reagiert man. Vielleicht. Aber nur bis es die Öffentlichkeit wieder vergessen hat.
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