Lange waren es nur unbewiesene Gerüchte und Vorwürfe. Nun belegen vertrauliche Dokumente der Kommunistischen Partei Chinas, dass hunderttausende Mitglieder der muslimischen Minderheit der Uiguren in streng bewachten Lagern festgehalten werden. Dies berichteten die «Süddeutsche Zeitung» und der britische «Guardian» am Sonntagabend, welche die Dokumente ausgewertet haben. Zuvor waren sie einem internationalen Journalistenkonsortium zugespielt worden.
Die chinesische Regierung weist die Vorwürfe indessen zurück. In der Vergangenheit hat sie stets von «Berufs- und Ausbildungscamps» gesprochen.
Experten widersprechen der Darstellung Chinas und bezeichnen die Situation als eine der grössten Menschenrechtsverletzungen der Gegenwart. Es wird geschätzt, dass bereits über eine Million Menschen in den Lagern in der Autonomieregion Xinjiang im Nordwesten Chinas interniert sind. Die Menschen würden dabei interniert werden, weil sie den muslimischen Glauben praktizierten, mit Ausländern Kontakt hätten oder anderweitig von der staatlichen Linie abweichen könnten.
Die Dokumente belegen, dass es sich bei den Lagern keineswegs um freiwillige Weiterbildungsstätten handelt. Vielmehr seien es engmaschig und abgeschottete Lager, in denen die Insassen psychisch manipuliert würden. Wer sich der Umerziehung widersetzt, wird bestraft. Ausserhalb des Lagers werden Uiguren in einer Datenbank erfasst, um sie so gezielt überwachen zu können.
China betreibe schon das, was in vielen Filmen noch Science-Fiction sei: Das «Predictive Policing», was auf Deutsch in etwa vorhersagbare Polizeiarbeit bedeutet. Dabei wird mithilfe von Falldaten und Computerprogrammen versucht, Straftaten von Personen vorherzusagen, bevor sie passieren. Ein Film, der diese Thematik behandelt ist beispielsweise «Minority Report».
Die sogenannten «China Cables» wurden bereits 2017 und 2018 verfasst und dem Journalistenkonsortium anonym zugespielt. Bei diesem handelt es sich um das Consortium of Investigative Journalists (ICIJ), das unter anderem auch die Panama Papers koordiniert hat.
Die Dokumente wurden anschliessend von weltweiten Medienpartnern analysiert und ausgewertet. Darunter waren unter anderem der Guardian, die BBC und CBS. Aus Deutschland beteiligten sich NDR, WDR und die Süddeutsche Zeitung an der Auswertung.
(pls)