Seit nicht einmal zwei Wochen ist weltweit bekannt, dass es sie gibt: Die Variante B.1.1.529 des Coronavirus. Besser bekannt als Omikron.
Seither wurde über Omikron viel spekuliert. Und täglich wird weiter spekuliert. Damit zukünftig «fundierter spekuliert» werden kann, hat der deutsche Immunologe Carsten Watzl den Stand der Wissenschaft zusammengetragen und in einem Twitter-Thread veröffentlicht:
Jetzt wo die ersten Daten zur Wirkung der Antikörper gegen Omikron verfügbar sind, kann man etwas fundierter spekulieren.
— Carsten Watzl (@CarstenWatzl) December 8, 2021
Was ist bekannt und was bedeutet das?
Ein 🧵 (1/10)
Die wichtigsten Erkenntnisse:
Erste Experimente mit dem Pfizer-Impfstoff würden zeigen, dass die Neutralisation von Omikron durch den Impfstoff schwächer ist im Vergleich zum ursprünglichen Virus.
Klartext: Der Impfschutz ist gesunken.
Watzl ordnet diese ersten Daten im weiteren Thread ein:
Die Impfung erzeuge zwar Antikörper, die gegen Omikron wirksam seien. Es brauche allerdings etwa 40-Mal mehr Antikörper, um Omikron zu neutralisieren.
2 Es braucht deutlich mehr Antikörper, um Omikron zu neutralisieren. Ca. 40-fach mehr! Das ist der größte Abfall den wir je bei einer Variante gesehen haben.
— Carsten Watzl (@CarstenWatzl) December 8, 2021
Daten hier:https://t.co/BaOlRdRToKhttps://t.co/m5DPudWQUvhttps://t.co/hMPDA8WKej
Darum sei es besonders wichtig, nach der vollständigen Impfung auch zu boostern, um die Antikörper im Körper zu stimulieren – und damit den Schutz gegen Omikron aufrechtzuerhalten.
5 Wichtig: Impfschutz vor Omikron Infektion wird deutlich geringer sein.
— Carsten Watzl (@CarstenWatzl) December 8, 2021
ABER: Impfung gibt immer noch Schutz vor schwerer Erkrankung.
Wir werden wohl einen angepassten Impfstoff benötigen. Kommt aber erst im Feb/März 2022. NICHT warten sondern JETZT boostern oder impfen!
Watzl spekuliert, dass ein auf Omikron angepasster Impfstoff im Frühjahr 2022 kommen werde. Watzl sagt, bis dahin schützten die aktuelle Impfung und der Booster bei Omikron immerhin vor schweren Verläufen.
Daten, auf die Watzl nicht verweist, wurden von der Virologin Sandra Ciesek veröffentlicht:
unsere ersten Daten zur
— Sandra Ciesek (@CiesekSandra) December 8, 2021
Neutralisation von Omicron versus Delta sind fertig: 2x Biontech, 2x Moderna, 1xAZ/1x Biontech nach 6 Monaten 0% Neutralisation bei Omicron, auch 3x Biontech 3 Monate nach Booster nur 25% NT versus 95% bei Delta. Bis zu 37fache Reduktion Delta vs. Omicron pic.twitter.com/w0gHww26sg
Cieseks Daten ergaben, dass nach einer Booster-Impfung mit Biontech die Neutralisation nach drei Monaten nur noch 25% betrage – während er bei der Delta-Variante immerhin noch 95% ist. Sie plädiert darum für eine Anpassung des Impfstoffes:
Die Daten bestärken, dass die Entwicklung eines an Omicron angepassten Impfstoffs sinnvoll ist.
— Sandra Ciesek (@CiesekSandra) December 8, 2021
Auch Pfizer schreibt, dass es für einen Schutz vor Omikron drei Dosen der Impfung brauche – dies hätten erste Labordaten ergeben. Pfizer geht davon aus, dass der Schutz vor einer schweren Erkrankung weiterhin gegeben sei, da die gebildeten T-Zellen von den Mutationen nicht beeinträchtigt seien. Und: Ab März könne man einen angepassten Impfstoff bereitstellen.
Durch den schwächeren Impfschutz kann es vermehrt zu Impfdurchbrüchen kommen: Geimpfte und Genesene werden sich eher anstecken. Das sei auch der Grund, weshalb Daten aus Südafrika, Grossbritannien und Dänemark zeigten, dass Omikron sich schneller verbreite als Delta, schreibt Watzl.
Klartext: Mehr Menschen verteilen das Virus an mehr Menschen.
7 Daten aus Südafrika, aber auch GB und Dänemark (die Sequenzieren mehr und sehen daher den Omikron Anstieg. Passiert aber aktuell auch bei uns). Omikron setzt sich gegen Delta durch.https://t.co/u6zWMZysWyhttps://t.co/NQbtUUIZxqhttps://t.co/dlVcy0NlKP
— Carsten Watzl (@CarstenWatzl) December 8, 2021
Die Krankheits-Verläufe würden bei Personen mit einem bestehenden Immunschutz – also Geimpften und Genesenen – allerdings milder ausfallen, schreibt Watzl.
Allerdings: Da Omikron ansteckender ist und tendenziell mehr Personen das Virus mit sich herumtragen werden, werden sich auch Ungeimpfte eher anstecken. Die Wahrscheinlichkeit, dass Ungeimpfte schwer erkrankten, sei mit Omikron darum «deutlich gestiegen».
Ungeimpfte würden so das Gesundheitssystem auch «deutlich mehr belasten».
9 Daher werden durch Omikron nicht nur die Inzidenzen steigen, sondern gerade Ungeimpfte und vulnerable Personen mit unzureichendem Immunschutz werden auch schwer erkranken! Das wird das Gesundheitssystem deutlich mehr belasten!
— Carsten Watzl (@CarstenWatzl) December 8, 2021
Watzls Fazit: Impflücke schliessen und Massnahmen einhalten schützt zurzeit durchaus vor Omikron – ganz ohne Spekulation. (yam)
Gruss von einem, der gestern den Booster bekam und heute im Bett liegt.