Der frühere japanische Regierungschef Shinzo Abe wurde am Freitag an einer Wahlkampfveranstaltung erschossen. Der 67-Jährige befand sich zunächst in kritischem Zustand und kämpfte im Krankenhaus um sein Leben. Schliesslich erlag er seinen schweren Verletzungen. Das Attentat sendet Schockwellen durch den Inselstaat, denn Gewaltverbrechen sind hier extrem selten, geschweige denn Attentate auf Politiker. Wie selten, zeigen diese Daten:
Die Mordrate pro 100'000 Einwohner ist in Japan nur gerade halb so hoch wie in der Schweiz und beläuft sich auf einen Bruchteil jener der USA. Laut worldpopulationsreview.com wurden 2018 in Japan 334 Morde verübt – bei 125 Millionen Einwohnern. Zum Vergleich: Im selben Jahr waren es 50 in der Schweiz, 16'214 in den USA. Ein Grossteil der Gewalttaten werden im Inselstaat auf das organisierte Verbrechen rund um die japanische Yakuza zurückgeführt.
Todesfälle, bei denen Schusswaffen im Spiel sind, sind in Japan sogar noch seltener. Während es in den USA 2019 zu etwa 12 Waffentoten pro 100'000 Einwohnern kam, waren es in Japan im gleichen Zeitraum nur gerade 0,06. In absoluten Zahlen waren es in den USA 40'175 und in Japan 76 Todesfälle. Hier eingerechnet sind Morde, Unfälle und Suizide.
Grund dafür sind extrem strikte Schusswaffengesetze. Wer eine Waffe kaufen will, muss in Japan mehrere Checks und einen Einführungskurs mit Prüfung überstehen. Laut Medienberichten hatte der mutmassliche Täter Shinzo Abe mit einer selbstgebauten Feuerwaffe erschossen. Bilder vom Attentat bestätigen diesen Verdacht.
The gun used to shoot at Shinzo Abe (former Prime Minister) was undoubtedly homemade. pic.twitter.com/a6lp1y6UcV
— Sumi (墨すみ) (@Sumi_ENG) July 8, 2022
Besonders in den US-Medien wird darauf hingewiesen, wie schlecht geschützt Abe bei seiner Wahlkampf-Rede war. Tatsächlich ist auf einem Bild kurz vor dem Attentat kaum Security-Personal zu sehen. In den USA undenkbar. In Japan sind politische Morde jedoch äusserst selten.
Die Yakuza ermordete 2002 den Politiker Koki Ishii und 2007 den Bürgermeister von Nagasaki, Iccho Itoh, für einen politisch motivierten Mord muss man jedoch noch weiter in der Geschichte zurückgehen. Am 12. Oktober 1960 ermordete der junge Nationalist Otoya Yamaguchi den damaligen Führer der Sozialisten in Japan, Inejiro Asanuma, vor laufender Kamera mit einem Samurai-Schwert.
Das Bild des Mords ging damals um die Welt und der Fotograf Yasushi Nagao gewann damit sogar den Pulitzer-Preis. (leo)