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2024 war das tödlichste Jahr für Journalistinnen und Journalisten

Der Al Jazeera-Journalist Wael Dahdouh trauert um seinen Sohn Hamza, der ebenfalls für Al Jazeera arbeitete und am Sonntag, den 7. Januar 2024, bei einem israelischen Luftangriff in Rafah im Gazastrei ...
Der Al Jazeera-Journalist Wael Dahdouh trauert um seinen Sohn Hamza, der ebenfalls für Al Jazeera arbeitete und am Sonntag, den 7. Januar 2024, bei einem israelischen Luftangriff in Rafah im Gazastreifen getötet wurde.Bild: AP

2024 war das tödlichste Jahr für Journalistinnen und Journalisten

2024 verzeichnete das Komitee zum Schutz von Journalisten, kurz CPJ, einen Rekordwert an getöteten Journalistinnen und Journalisten. Insgesamt starben 113 Medienschaffende bei der Ausführung ihres Berufes, wie ein neuer Bericht des Komitees aufzeigt.
17.02.2025, 19:2717.02.2025, 19:27
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Das CPJ begann vor mehr als 30 Jahren mit der weltweiten Aufzeichnung der gewaltsamen Tötungen und Inhaftierungen von Journalistinnen und Journalisten. Seit Beginn dieser Aufzeichnungen 1992 wurden noch nie so viele Meidenarbeitende bei ihrer Arbeit getötet wie im vergangenen Jahr.

Der neuste Bericht zeichnet ein dunkles Bild: 2024 übertrifft das bisher blutigste Jahr 2007, als der Irak-Krieg für fast die Hälfte aller Tötungsfälle verantwortlich war, um 23 Tote. Die Zahl der Toten wird sogar auf 124 beziffert, doch gelten elf Fälle nicht als bestätigt, da nicht sicher ist, ob die Journalistinnen und Journalisten beim Ausführen ihrer Arbeit starben.

Als Grund dafür nennt der Bericht unter anderem die steigende Zahl an bewaffneten Konflikten. «Die Anzahl globaler Konflikte – ob politischer, krimineller oder militärischer Natur – hat sich in den letzten fünf Jahren verdoppelt. Dies reflektiert sich in den Zahlen der getöteten Journalistinnen und Journalisten in Ländern wie Sudan, Pakistan und Myanmar» schreibt das CPJ. Gestützt ist diese Begründung auf den Daten des ACLED Konfliktindex.

75 Prozent der Toten aus Palästina

Ein weiterer gewichtiger Grund ist aber auch der Israel-Gaza Krieg – und die beispiellose Anzahl an dort getöteten Medienschaffenden. 85 der insgesamt 113 Journalistinnen und Journalisten sind in Gaza (82) oder im Libanon (3) getötet worden. Das CPJ benennt Israel explizit als verantwortlich für die Toten.

Welche Fälle in die CPJ Datenbank aufgenommen werden
Das CPJ nimmt die Ermordung eines Journalisten, einer Journalistin in seine Datenbank auf, wenn es hinreichende Gründe für die Annahme gibt, dass die Person im Zusammenhang mit ihrer Arbeit getötet wurde: entweder versehentlich in einem Konfliktgebiet oder bei einem gefährlichen Auftrag oder vorsätzlich aufgrund seiner journalistischen Tätigkeit.

Das CPJ weist tote Journalistinnen und Journalisten nicht in der Datenbank aus, wenn sie direkt an Kampfhandlungen in bewaffneten Konflikten teilgenommen haben. Gemäss internationalem Menschenrecht zählen Journalistinnen und Journalisten, die Affiliationen zu bewaffneten Gruppen haben, als Zivilisten. (Mehr zur Methodik hier.)

Nebst den Toten in Palästina und Libanon sind im vergangenen Jahr weitere 28 Journalistinnen und Journalisten in 13 Nationen während ihrer Arbeit getötet worden. Darunter Sudan (5), Syrien (4) und Myanmar (3).

Mit Beginn der amerikanischen Invasion im Irak 2003 bis zur Waffenruhe im Syrischen-Bürgerkrieg 2020 blieb der Durchschnitt der Anzahl getöteter Journalistinnen und Journalisten auf einem höheren Niveau als noch in den 1990er Jahren. Während sich die Sicherheitslage für JournalistInnen und Journalisten in den letzten Jahren aber zu verbessern schien, spitzte sich die Lage mit dem Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023 und der darauf folgenden Bodenoffensive Israels wieder deutlich zu.

Gezielte Tötungen nehmen zu

In seinem Bericht zählt das CPJ weltweit 24 Journalistinnen und Journalisten, die spezifisch wegen ihrer Arbeit umgebracht wurden. 10 davon durch israelische Angriffe in Gaza und Libanon, die 14 weiteren in Haiti, Mexiko, Pakistan, Myanmar, Mosambik, Indien, Irak und Sudan.

Zu den Ermordeten gehören auch die beiden palästinensischen Journalisten Ismail Al-Ghoul und Kameramann Rami Al-Refee, die von einem israelischen Drohnenangriff beim Flüchtlingslager Al-Shati im Norden des Gazastreifens getötet wurden. Die israelische Armee IDF bestreitet die Ermordungen nicht, wirft Al-Ghoul aber vor, Teil der Hamas gewesen zu sein und am Angriff vom 7. Oktober teilgenommen zu haben.

Al-Jazeera Journalists Killed by Israeli Forces Mourners and colleagues surround the bodies of Al-Jazeera Arabic journalist Ismail al-Ghoul and cameraman Rami al-Refee, killed in an Israeli strike dur ...
Trauernde und Kollegen umringen die Leiche des Journalisten Ismail al-GhoulBild: www.imago-images.de

Al-Ghouls Arbeitgeber Al-Jazeera weist die Vorwürfe Israels als «unbegründete Behauptungen der israelischen Besatzungstruppen, mit denen sie versuchen, die vorsätzliche Tötung unseres Kollegen, des Journalisten Ismail Al-Ghoul, und seines Begleiters, des Kameramanns Rami Al-Rifi, zu rechtfertigen.» Auch Irene Khan, die UN Sonderberichterstatterin für Meinungsfreiheit, verurteilte die Tötung der beiden Journalisten scharf.

Die IDF blieb in vergangenen Begründungen, warum es zur Tötung von Medienschaffenden kam, oft wage. Das israelische Militär betont aber immer wieder, dass ihre Einheiten nicht gezielt Journalistinnen und Journalisten angreifen und die Fälle untersucht werden.

Fehlende Verantwortung und Strafflosigkeit

Der Bericht streicht vor allem den fehlenden Schutz von Journalistinnen und Journalisten hervor, insbesondere in Ländern mit einer hohen Rate an getöteten Medienschaffenden. Als Beispiel nennt das CPJ die Ermordung des mexikanischen Journalisten Alejandro Martinez Noguez, der im August 2024 trotz Polizeischutz erschossen wurde.

«Die Zahl der Todesopfer in Mexiko, Pakistan, Indien und Irak verdeutlichte die extremen Gefahren, denen Journalisten in diesen Ländern ausgesetzt sind, in denen es über mehrere Jahrzehnte hinweg immer wieder zu Morden kam, obwohl in einigen dieser Länder zahlreiche Anstrengungen, auch auf nationaler Ebene, unternommen wurden, um dieses Problem zu lösen.» schreibt das Komitee in seinem Bericht dazu.

Um die Sicherheit für Journalistinnen und Journalisten zu verbessern, nimmt der Bericht unter anderem Regierungen in die Pflicht. Regierungen, internationale Institutionen und Medienorganisationen werden aufgefordert, für die Rechenschaftspflicht bei Drohungen und Angriffen gegen Journalisten zu sorgen und Medienschaffenden die notwendige Unterstützung für ihre Arbeit zu gewähren.

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