Das dürfte auch in der neuen Trump-Regierung für Wirbel sorgen: Der deutsche Botschafter in den USA, Andreas Michaelis, warnt für einen Diplomaten aussergewöhnlich klar vor massiven negativen Veränderungen der US-Politik durch den neuen Präsidenten Donald Trump. Er nennt unter anderem die Themen Meinungsfreiheit und Justiz.
Die Agenda Trump 2.0 «der maximalen Disruption, des Aufbrechens etablierter politischer Ordnung und bürokratischer Strukturen sowie seine Rachepläne bedeuten letztlich eine Neudefinition der verfassungsrechtlichen Ordnung», schreibt Michaelis in einem der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegenden sogenannten Drahtbericht an das Aussenministerium von Ministerin Annalena Baerbock (Grüne).
Dies bedeute «maximale Machtkonzentration beim Präsidenten zulasten von Kongress und Bundesstaaten», fügt Michaelis vor der Amtseinführung von Trump an diesem Montag hinzu.
Michaelis erwähnt Tesla- und SpaceX-Chef Elon Musk, dem auch die Plattform X gehört und der eng an der Seite von Trump steht, in der Zusammenfassung seiner Wertung zunächst nicht ausdrücklich, in einer weiter hinten aufgeführten Einzelanalyse aber doch.
Die von Michaelis gezeichnete «Diplomatische Korrespondenz» hat den Betreff: «Der US-Rechtsstaat unter Trump 2.0. Trumps Spielraum zur Neudefinition der verfassungsrechtlichen Ordnung». Sie ging am Dienstag unter anderem an das Auswärtige Amt in Berlin sowie an das Bundeskanzleramt sowie das Innen- und das Justizministerium. Das fünfseitige Schreiben ist mit der untersten von vier Geheimhaltungsstufen für Behörden versehen: «VS – Nur für den Dienstgebrauch». Die Abkürzung VS steht für das Wort Verschlusssachen.
Aus dem Auswärtigen Amt hiess es, man äussere sich grundsätzlich nicht zu internen Papieren, Analysen oder Botschaftsberichten. Klar sei aber, dass die USA einer der wichtigsten Verbündeten seien.
Die deutsche Regierung pflege in den USA ein enges Beziehungsnetz in die Breite der Gesellschaft, in die Bundesstaaten sowie im US-Kongress über Parteigrenzen hinweg.
«Der Angriff ist diesmal mit dem Playbook des Project 2025 deutlich orchestrierter und rechtlich wasserfester», schreibt Michaels im Vergleich zu Trumps erster Amtszeit von 2017 bis 2021. Die für Tag eins erwarteten Beschlüsse seien von langer Hand durch Anwälte vorbereitet. Trumps Führungsteam sei «bereit, rechtliche Graubereiche und Schlupflöcher zu nutzen» und auf die vom Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten «dem Präsidenten bescherte zusätzliche Macht und Immunität zu setzen». Die republikanische Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses «scheint bisher offen, Vieles zu dulden und neue Eingriffe zu regeln».
Zwar würden sich unter anderem Demokraten, Zivilgesellschaft und Medien intensiv gegen Trumps «Angriffe auf föderale, demokratische und rechtsstaatliche Festen» vorbereiten, heisst es in dem Schreiben weiter. Angesichts professioneller rechtlicher Planung werde es aber deutlich schwerer, Trumps Massnahmen vor Gericht ein schnelles Ende zu setzen. «Zudem lassen Drohungen, befürchtete Sanktionen und das Vorgehen gegen Kritiker den Widerstand bereits schwinden», analysiert Michaelis.
Der Justiz, allen voran dem Obersten Gerichtshof (Supreme Court), werde eine zentrale Rolle zukommen, da zu erwarten sei, dass noch viel mehr als früher politische und Kompetenzstreitigkeiten dort ausgetragen würden, schreibt der Botschafter. Auch wenn der Gerichtshof zuletzt die präsidiale Macht ausgeweitet habe, gingen selbst grösste Kritiker davon aus, dass er Schlimmstes verhindern werde.
Michaelis warnt:
Trump werde weiterhin «Recht und Justiz nur akzeptieren, wenn es seinen Zwecken dient, und hierzu alle Mittel einsetzen». Der neue US-Präsident werde «weiter alles tun, um die Justiz für seine Agenda zu nutzen und ihrer Kontrolle zu entkommen». Die grösste Befürchtung bleibe, dass Trump «die Justiz weiter diskreditieren, im Zweifel Urteile missachten könnte».
«Aussenpolitische Alleingänge wie der Ausstieg aus internationalen Verträgen oder konkrete militärische Entscheidungen» seien erneut denkbar, schreibt der Botschafter weiter – hierfür gebe es grossen Spielraum.
Unter der Zwischenüberschrift «Einhegung der vierten Gewalt» ergänzt der Botschafter, die Meinungsfreiheit gelte vor allem «für das MAGA-Wort, gegen Kritiker und nicht kooperierende Medienunternehmen gehen T. und Musk (M.) bereits vor. Der eine nutzt Klagen, droht mit Strafverfolgung und Lizenzentzug, der andere lässt Algorithmen manipulieren und Konten sperren.»
Die Abkürzung MAGA steht für Trumps Motto «Make America Great Again» (Deutsch: Macht Amerika wieder grossartig). Tesla- und SpaceX-Chef Elon Musk, dem auch die Plattform X gehört, steht eng an der Seite von Trump, unterstützt öffentlich die AfD und hat Kanzler Olaf Scholz (SPD) sowie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf X beschimpft.
(dsc)
Von der Schweizer Regierungsmehreheit kann man das nicht behaupten, die sind Trump Fan.