Es gibt kaum einen Wahlkreis in Berlin, in dem das Rennen um das Direktmandat so knapp werden dürfte wie in Lichtenberg. Im dortigen Wahlkreis 85 treten zwei prominente Frauen gegeneinander an, deren politische Positionen und Visionen unterschiedlicher nicht sein könnten: die Linken-Bundesvorsitzende Ines Schwerdtner und Beatrix von Storch von der AfD.
Auf Anfrage des watson-Medienpartners T-Online macht AfD-Frau von Storch deutlich: Sie habe klare Vorstellungen davon, was sie im Falle ihres Einzugs in den Bundestag in Lichtenberg verändern wolle. «Ganz oben auf meiner Liste steht die Auflösung der grossen Flüchtlingsunterkunft in der Landsberger Allee, gefolgt von allen anderen Asylunterkünften im Bezirk.»
Fraglich ist allerdings, ob Beatrix von Storch ihre Pläne für den Bezirk im Bund überhaupt realisieren könnte. Denn einerseits bräuchte sie im Bundestag Mehrheiten, die gerade nach der Debatte über die gemeinsame Abstimmung der CDU und der AfD mit Teilen der FDP alles andere als sicher sind. Andererseits sind bei vielen Flüchtlingsfragen die Länder zuständig – und nicht der Bund. So kümmert sich in Berlin etwa das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten um Schliessungen von Flüchtlingsunterkünften.
Ihre Konkurrentin Ines Schwerdtner hat es sich zur Aufgabe gemacht, Lichtenberg nicht an die AfD zu verlieren. Erreichen will sie das mit einem Fokus auf soziale Themen. Auf eine Anfrage von T-Online reagierte sie nicht. Auf ihrer Website schreibt Schwerdtner aber: «Wir stehen konsequent an der Seite der arbeitenden und armen Menschen.»
Die Politik der Ampel-Regierung habe «Millionen Menschen verunsichert»: Anders als die Löhne und Renten seien die Lebensmittelpreise und Mieten gestiegen. Die Ostdeutsche Schwerdtner setzt in dem knappen Rennen um das Mandat darauf, der genaue Gegenentwurf zur adligen Westdeutschen von Storch zu sein.
Ein Direktmandat in Lichtenberg könnte für die Linke fast schon überlebenswichtig sein. Denn auch wenn die Partei in jüngsten Umfragen über der Fünfprozenthürde lag, könnte es am Ende knapp werden. Mit drei Direktmandaten würde es die Partei über die Grundmandatsklausel aber auch dann in den Bundestag schaffen, wenn sie bei den Zweitstimmen unter der magischen Hürde bliebe. Wohl genau deshalb schickt die Linke ihre Bundesvorsitzende, die mit dem Berliner Bezirk ansonsten wenig verbindet, ins Rennen um das Direktmandat in Lichtenberg.
(t-online)