Schon im Vorfeld wurde die am Montagabend ausgestrahlte ProSieben-Reportage «Rechts. Deutsch. Radikal.» heiss diskutiert. 18 Monate lang recherchierte Reporter Thilo Mischke für die ProSieben-Spezial-Folge in der rechten und der rechtsextremen Szene Deutschlands. Er zeigt, wie rechte und rechtsextreme Gruppen miteinander verwoben sind, wo sie sich unterscheiden und wo es keine Abgrenzungen mehr gibt.
Für besonders viel Wirbel sorgten dabei die Aussagen des ehemaligen Pressesprechers der AfD, Christian Lüth.
Bei einem von ProSieben heimlich aufgezeichneten Gespräch mit einer rechten Youtuberin fantasierte er darüber, Migranten erschiessen oder vergasen zu lassen. Die Äusserungen hatten mittlerweile Auswirkungen für Lüth. Die Partei teilte mit, ihn fristlos entlassen zu haben.
Doch das war nicht die einzige Reaktion, die die Reportage auslöste. Auf Twitter trendete die Sendung, sammelte tausende Reaktionen ein.
Reporter Mischke besuchte für die Reportage im sächsischen Ostritz ein Rechtsrockkonzert und in Dresden eine Pegida-Kundgebung. Ausserdem sprach er mit dem Rechtsextremen Michael Brück, NRW-Landesvorsitzender der Partei «Die Rechte», die vom Verfassungsschutz als demokratiefeindlich eingestuft wird, und dem 18-jährigen Sanny Kujath, Gesicht der rechten Jugendgruppierung «Junge Revolution».
Die Gespräche mit den Rechtsextremen wurden von vielen Twitter-Nutzern positiv bewertet. Es sei gut und wichtig, vor dem Gedankengut vieler Rechter zu warnen, so die mehrheitliche Meinung auf Twitter.
Mut, Geduld und hervorragender Journalismus, den man bei den Privaten selten sieht. Nur so! kann es gelingen den Menschen zu zeigen, wie perfide rechtes Gedankengut ist. Eine Warnung! Danke @mischke_thilo und @ProSieben #RechtsDeutschRadikal
— 🌈 Mietho (@HolgerMietho) September 28, 2020
Respekt an @ProSieben dass sie diesem wichtigen Thema so viel Recherche-Zeit, Budget & diesen großen Sendeplatz geben. Außergewöhnlich! Und danke an @mischke_thilo & das gesamte Team für den spannenden, gelungenen Film. Hut ab!#RechtsDeutschRadikal
— Rayk Anders (@RaykAnders) September 28, 2020
Doch unter das Lob für die Doku mischte sich auch Entsetzen über die Aussagen einiger Protagonisten. So fallen beispielsweise Sätze wie «Wir müssen dafür sorgen, dass es Deutschland schlecht geht» (damit es der AfD in Sachen Umfragewerten gut geht) und «Ein Muslim müsste sich im Karneval hochsprengen».
Über die unverhohlen rechtsradikalen Äusserungen sind viele Twitter-Nutzer schockiert.
Schaue das erste Mal seit Ewigkeiten ProSieben. Läuft erst seit 15 Minuten und ich möchte eigentlich durchgehend schreien.#ProSiebenSpezial#RechtsDeutschRadikal
— Philine (@tollekarte_) September 28, 2020
Ich schaue gerade #RechtsDeutschRadikal und ich kann nicht glauben, was ich sehe. Ich bin entsetzt. Erschüttert. Es macht mir Angst. Angst um die Zukunft von Deutschland. Angst um mein Leben. Und um das Leben anderer. Und dabei erfahren wir eigentlich nichts neues.
— Aie_Al_Khaiat (@aiealkhaiat) September 28, 2020
Dass selbst die Konkurrenz ein lobendes Wort für die Sendung übrig hat und sogar empfiehlt, den anderen Sender einzuschalten, kommt selten vor und beweist, wie wichtig das Thema für viele ist. In einem Tweet sprach die Mediengruppe RTL eine «Einschaltempfehlung» für die ProSieben-Reportage aus.
Einschaltempfehlung für @ProSieben, weil das Thema jede Aufmerksamkeit verdient. #gegenRechts https://t.co/xBOqBMgqRo
— Mediengruppe RTL (@MediengruppeRTL) September 28, 2020
Und auch so manches Unternehmen nutzte die Gelegenheit, um sich gegen Rechtsextremismus zu positionieren. Auf einen Hinweis eines Twitter-Nutzers, dass ein rechtsextremer Protagonist in der Doku Fritz-Kola trinkt, antwortet das Unternehmen: «Keine Kola für Faschisten». Fritz-Kola ist für sein Engagement gegen rechtsextreme Tendenzen bekannt.
keine kola für faschisten.#RechtsDeutschRadikal
— fritz-kola (@fritzkola) September 28, 2020
Doch natürlich gab es von rechter Seite auch Kritik an der Doku. Der Stuttgarter Oberbürgermeisterkandidat der AfD sprach von einer «Diffamierungskampagne» gegen die «Rechtsstaats- und Bürgerpartei AfD». Ausserdem sei es «unfassbar», wie sich der Pressesprecher Lüth, dem nun wegen seiner menschenfeindlichen Äusserungen gekündigt wurde, in die Partei «hineinschleichen konnte».
ProSieben weist in einer Antwort darauf hin, dass Lüth sieben Jahre für die Partei gearbeitet habe.
Hineinschleichen? Da müssen Sie selbst lachen? Hat er nicht sieben Jahre in der Partei gearbeitet? Erst als Pressesprecher der Partei? Dann als Pressesprecher der Fraktion? #P7Spezial #RechtsDeutschRadikal https://t.co/KfPGiDv12O
— ProSieben (@ProSieben) September 28, 2020
Auch auf andere Kommentare aus der rechten Szene antwortet der Sender. Sanny Kujath von der rechten Jugendgruppierung «Junge Revolution», der in der Doku interviewt wurde, kündigte an, sich den «ProSieben-Schmutz» nicht geben zu wollen. ProSieben reagierte und fragte, ob er sich nun als Märtyrer stilisieren wolle.
Will sich da jemand zum Märtyrer stilisieren? #P7Spezial #RechtsDeutschRadikal. https://t.co/p8vRrml4jq
— ProSieben (@ProSieben) September 28, 2020
Bereits im Vorfeld der Ausstrahlung hatte der Sender auf Kommentare rechter Trolle ungewohnt scharf reagiert und auf Twitter zu kritischen Äusserungen Stellung bezogen. Man versuche, in sozialen Netzwerken «immer angemessen und pointiert auf Kommentare zu antworten», teilte ProSieben gegenüber watson mit.
(lau/watson.de)
Hinschauen und eingreifen (verbal natürlich), denn dies fängt stets im kleinen Rahmen an, sei es an einer Party, am Stammtisch in der Familie oder unter Kollegen. Denn es zeigt sich schnell, das solche Ansichten übernommen werden ohne zu überlegen.
Jede radikale Meinung ist m. E. gefährlich, unabhängig der politischen Couleur oder anderen Einstellungen (z.B. Religion).
Ich verstehe allerdings immer noch nicht, wieso die rechten Exponenten mit dem Reporter überhaupt geredet haben. Ausser einem Meinungsumschwung gegen sie, kann ja nichts rauskommen.
Kann mir einer diese Logik erklären?
Freimütig wurden da Pläne erzählt. Da muss man nicht sonderlich intelligent sein um dem nun entgegentreten zu können... was ist das für eine Logik?
Ich meine, das ist ja gut... aber ergibt das einen Sinn oder steckt da mehr dahinter?