Um den deutschen Springer-Konzern wird es niemals ruhig, so macht es den Eindruck. So laut wie das Auftreten der «Bild»-Zeitung ist, so schrill sind wohl auch die Menschen, die den Konzern lenken.
Das bekannteste Beispiel: Ex-«Bild»-Chef Julian Reichelt. Mit Pauken und Trompeten musste er schliesslich das Feld räumen, weil er wohl seine Position ausgenutzt – und mit ihm unterstellten Frauen geschlafen haben soll. Er bestreitet ein Fehlverhalten bis heute.
Aber auch Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner fällt immer wieder mit fragwürdigen Aussagen auf. Während der Corona-Pandemie erklärte er beispielsweise Reichelt zum letzten standhaften Journalisten, der noch gegen den «neuen DDR-Obrigkeitsstaat aufbegehrt».
Das "DDR-Obrigkeitsstaat"-Zitat aus dem NYT-Text von @benyt schlug gestern hohe Wellen. Der Axel Springer Verlag hat mir die Authentizität bestätigt, sagt aber, es sei aus dem Zusammenhang gerissen. @benyt hat daraufhin heute Nacht.... 1/n https://t.co/SBkZru056A
— Olaf Storbeck (@OlafStorbeck) October 19, 2021
Jetzt sind noch mehr Einblicke in Döpfners Inneres ans Licht gekommen. Die «Zeit» hat interne Dokumente ausgewertet, die Döpfners Gedankenwelt offenlegen. Die Mails und Chatnachrichten wurden der Wochenzeitung wohl aus dem Umfeld des Unternehmers zugespielt.
So geht aus den Dokumenten unter anderem hervor, dass Döpfner die Bundestagswahl 2021 beeinflussen wollte – zugunsten der FDP. Die «Zeit» zitiert eine interne Nachricht aus dem August 2021: «Nur wenn die [die FDP, Anm. d. Red.] sehr stark wird – und das kann sein – wird das grün rote Desaster vermieden. Können wir für die nicht mehr tun.»
Wenige Wochen vor der Wahl wurde Döpfner nochmal deutlicher: Ob man nicht mehr für die FDP tun könne. «Die sollten 16 Prozent mindestens kriegen.» Unmittelbar vor der Wahl dann eine Nachricht an den ehemaligen «Bild»-Chef Reichelt:
Aber nicht nur die versuchte Einflussnahme und das «Hochschreiben» der FDP fallen Döpfner nun auf die Füsse. Die «Zeit» leakt auch Nachrichten, die Einblicke in Döpfners innere Überzeugung ermöglichen.
So sprach sich Döpfner wohl beispielsweise dafür aus, dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump den Friedensnobelpreis zu verleihen – und Obama den seinigen wieder abzunehmen. Döpfners Grund für den Preis: Trump hatte den iranischen General Qasem Soleimani töten lassen. Soleimani war Teil einer Eliteeinheit der Revolutionsgarden, die Spezialeinsätze im Ausland durchführte.
2017 soll sich Döpfner ausserdem als Befürworter des Klimawandels zu erkennen gegeben haben. Das meint nicht, dass er daran glaubt, dass der Klimawandel existiert – sondern, dass er die Erderwärmung super findet. «Zivilisationsphasen der Wärme waren immer erfolgreicher als solche der Kälte», zitiert die «Zeit».
Ähnlich schräg war auch Döpfners Bewertung von Corona. Und vor allem die damit verbundenen Massnahmen. Diese würden die offene Gesellschaft für immer zerstören. Die Wochenzeitung zitiert den Axel-Springer-Chef: «Das ist das Ende der Marktwirtschaft. Und der Anfang von 33.» Die 33 könnte für das Jahr 1933 stehen – die Machtübernahme der Nazis.
Auch die Ostdeutschen kommen demnach nicht gut weg. So heisst es laut «Zeit» bei Döpfner: «Die Ossis sind entweder Kommunisten oder Faschisten. Dazwischen tun sie es nicht. Eklig.»
Laut «Zeit» habe der Axel-Springer-Konzern einen Fragenkatalog bisher unbeantwortet gelassen. Auch Döpfner sei zu keinem Gespräch bereit.