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Thilo Mischke neuer ttt-Moderator – ARD-Mitarbeiter mit Kritik

Neuer ARD-Moderator Thilo Mischke erntet harten Gegenwind

Diese Personalie spaltet die ARD: Thilo Mischke soll neuer Moderator beim ARD-Kulturmagazin «ttt – titel thesen temperamente» werden. Doch jetzt haben Mitarbeitende einen offenen Brief gegen ihn veröffentlicht.
03.01.2025, 10:2903.01.2025, 13:33
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Ein Artikel von
t-online

Eine Reihe von Kulturschaffenden spricht sich mit einem offenen Brief gegen ein Engagement von Thilo Mischke als Moderator des ARD-Kulturmagazins «ttt – titel thesen temperamente» aus. In dem der dpa vorliegenden Schreiben an die Programmverantwortlichen der beteiligten öffentlich-rechtlichen ARD-Häuser heisst es, eine Zusammenarbeit mit Mischke schliesse man aus.

Thilo Mischke
Steht stark in der Kritik: Journalist Thilo MischkeBild: imago images/ hmb media/

Man sei «bestürzt über diese Personalentscheidung der ARD, mit der die Kultursendung ttt – titel thesen temperamente nachhaltig beschädigt wird». Zuerst berichtete der «Tagesspiegel» über den offenen Brief.

Zu den Unterzeichnern zählen zum Beispiel Alena Schröder, Saša Stanišić, Jan Brandt, Ulrike Draesner, Margarete Stokowski oder Till Raether. dpa fragte bei Mischke um eine Stellungnahme an. Die ARD gab keinen Kommentar ab. Die Unterzeichner des Schreibens, zu denen neben Autoren auch Journalisten und Kulturschaffende zählen, werfen Mischke auch vor, sich nicht kritisch mit seinem früheren Werk auseinandergesetzt und sich nicht ausreichend distanziert zu haben.

Thilo Mischkes «In 80 Frauen um die Welt»

Vor Weihnachten hatte die ARD bekanntgemacht, dass Mischke ab Mitte Februar mit Siham El-Maimouni die Moderation der Sendung übernimmt, die traditionell sonntags am späten Abend im Ersten ausgestrahlt wird. «ttt» zählt zu den bekanntesten Kultur-Formaten in der ARD. Die Sendung gibt es seit 1967. Zudem starte Mischke einen Kultur-Podcast mit Jule Lobo. Auf Instagram machte Mischke seine neue Aufgabe auch bekannt. Seither hat er sich dort nicht mehr zu dem Fall geäussert.

Thilo Mischke Buch In 80 Frauen um die Welt
Kritikerinnen und Kritiker werfen Mischke sexistische und rassistische Aussagen in seinem Buch vor.Bild: Amazon.de

An der Personalie Mischke entzündete sich nach der Bekanntgabe in den sozialen Medien Kritik, die sich auf die Vergangenheit bezog. Im Gespräch war etwa sein Buch «In 80 Frauen um die Welt» aus dem Jahr 2010. Die ARD hatte daraufhin betont: «'ttt' stellt sich gegen jede Form von Sexismus und Rassismus und steht, genauso wie Thilo Mischke, für Meinungsvielfalt und Toleranz.» Seit der Veröffentlichung habe er sich «intensiv und selbstkritisch mit den Vorwürfen, darin ein sexistisches Frauenbild vermittelt und stellenweise rassistische Sprache benutzt zu haben, auseinandergesetzt».

In seinem 2010 erschienen Buch dokumentierte der damals 29-jährige Mischke seine Weltreise, die er mit dem erklärten Ziel begann, mit Frauen in 80 Ländern zu schlafen. Sollte ihm das gelingen, würden seine Freunde, mit denen er eine entsprechende Wette abgeschlossen hatte, die Reise bezahlen. Ein Auszug daraus, der für besonders viel Kritik sorgte:

«Ich wollte Fingerabdrücke nehmen, heimlich Nacktfotos machen, Tonbandaufnahmen vom jeweiligen Sex»
Thilo mischke in «in 80 Frauen um die welt»

Mischke ist seit Jahren vorwiegend durch Reportagen für den privaten Fernsehsender ProSieben bekannt. Er gewann 2023 den Deutschen Fernsehpreis für seine ProSieben-Reportage «Verlassen und vergessen? Afghanistan im Griff der Taliban». Vor der vergangenen Bundestagswahl interviewte Mischke im April 2021 für ProSieben die damals erst frisch gekürte Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock von den Grünen. 2020 gewann er den Bayerischen Fernsehpreis für seine ProSieben-Reportage «Deutsche an der ISIS-Front» über Menschen, die für die Terrormiliz Islamischer Staat in den Krieg ziehen.

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Sexismus in den Medien
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quelle: shutterstock / screenshot blick / bearbeitung watson
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91 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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weise.
03.01.2025 11:17registriert Dezember 2024
Was die Kommentator*innen hier offenbar vollständig aussen vor lassen: wenn ein 30jähriger Journalist, dessen Berufsausbildung den Umgang mit persönlichen Daten beinhaltet, daran denkt, heimlich (!) Fingerabdrücke und Nacktbilder aufzunehmen, um somit offenbar eine Datenbank anzulegen (wofür sonst die Fingerabdrücke), dann ist das ein sehr grosses Problem. Dass er selber darüber ein Buch veröffentlicht, zeigt, dass er kein Verständnis für Dinge wie Privatsphäre und keinen Respekt vor anderen hat, auch wenn diese sich ihm gegenüber verletzlich machen. Für einen Journalist ein No-Go!
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owlee
03.01.2025 12:43registriert Januar 2015
Denen, die finden, das sei doch alles lange her und er habe sich sicherlich seither verändert, empfehle ich, ein bisschen tiefer ins Thema einzutauchen. Sein ganzes bisheriges "Schaffen" (z.B. Kolumnen in verschiedenen Magazinen) trieft vor Sexismus. In Podcasts von 2019 und 2021 hat er sich auch höchst problematisch z.B. zum Thema Vergewaltigung geäussert. Das ist dann doch noch nicht so lange her, oder?
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Poci
03.01.2025 11:10registriert November 2017
Rassisten und Sexisten sollten in unserer Gesellschaft keinen Platz mehr haben. Egal, welche Preise er für andere Arbeiten bekommen hat. Anscheinend hat er sich zumindest öffentlich in den letzten 15 Jahren (seit das Buch erschienen ist) nie kritisch mit seinem Buch auseinandergesetzt und damit weder Einsicht gezeigt, noch sich dafür entschuldigt. Weiss der Geier wieso die gedacht haben, dass man ihn trotzdem einstellen kann. Und finde es aber stark, dass sich anscheinend einige von der ARD dagegegn mit dem offenen Brief wehren. Ich hoffe sie setzen sich durch.
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