Nachdem CDU-Chef Friedrich Merz am Freitag mit einem Privatjet zur Hochzeit von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) nach Sylt geflogen ist, braut sich in den sozialen Medien eine Diskussion um den privaten Flug zusammen. Der WDR-Journalist Jürgen Döschner etwa bezeichnete den Flug als «klima- und gemeinschädliches Protzgehabe». Nicole Gohlke, Bundestagsabgeordneten der Linken, kritisierte: «Läuft. Für Konzerne und die, die Geld haben.» Für den Rest gebe es «Energiespar-Tipps, gedrosselte Temperatur und Nullrunden».
Andere wiederum recherchierten und rechnen, was das Zeug hält. Die Frage dreht sich vor allem um eins: Privatjets – Klimakiller, oder nicht? Und: Wäre Merz, sein CO₂-Fussabdruck und somit auch das Klima möglicherweise besser dran gewesen, hätte er das Auto genommen? Sicher lässt sich diese Frage derzeit nicht beantworten.
Fakt aber ist: Die Luftfahrtbranche ist Klimakiller Nummer eins im Personenverkehr. Eine Studie des International Council on Clean Transportation (ICCT) aus dem Jahr 2018 – also noch bevor die Corona-Pandemie die Luftfahrtbranche traf – zeigt: Durch den kommerziellen Luftverkehr wurden weltweit 918 Millionen Tonnen CO₂ ausgestossen. Das entspreche etwa 2,5 Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen in dem Jahr.
Das Brisante dabei: Auf Nutzer von Privatfliegern geht die höchste CO₂-Bilanz zurück, das zeigt eine Studie der Organisation «Transport and Environment». Privatjets sind demnach pro Passagier 5- bis 14-mal umweltschädlicher als normale Verkehrsflugzeuge und 50-mal umweltschädlicher als Züge. Die Spanne vergrössert sich, je nachdem, welchen Flieger der Passagier auswählt.
Ein Jumbo-Jet-Flug von London nach New York etwa fügt der Atmosphäre circa 200 Tonnen Kohlendioxid hinzu, schreibt «real world visuals». Aufgeteilt auf 349 Passagiere seien das jeweils 572 Kilogramm CO₂. Eine Person, die den Atlantik mit einem Privatjet überquert, verursache hingegen allein 25 Tonnen Kohlendioxid – und damit den höchsten Ausstoss an Treibhausgasen in der Luftfahrt.
«Wenn Sie den Klimawandel lösen wollen und wir die [Luftfahrt] neu gestalten müssen, dann sollten wir ganz oben anfangen, wo einige ‹Super-Emittenten› massiv zur globalen Erwärmung beitragen», sagte Stefan Gössling, Leiter der Studie des ICCT von der Universität Linnaeus dem britischen «Guardian».
Mit «Super-Emittenten» meint er vor allem die Bevölkerungsgruppe der Bestverdiener. «Die Reichen hatten viel zu viel Freiheit, den Planeten nach ihren Wünschen zu gestalten», so Gössling. Er forderte, die Corona-Pandemie als Chance dafür zu sehen, die Luftfahrtbranche klimafreundlicher und -gerechter zu gestalten.